Zweyer, Jan - Rainer Esch 02
unterwegs.«
»Gut. Wenn die Spurensicherung hier fertig ist, sollen sie mich morgen früh sofort verständigen.«
»Geht klar, Herr Hauptkommissar.«
»Danke. Und gute Nacht.«
37
Hans Krawiecke war wütend, sehr wütend sogar. Dieser Zustand hielt seit gestern Nachmittag an, seit seinem Gespräch mit Rainer Esch. Noch nie war einer seiner Fahrer so mit ihm umgesprungen. Legt dieser Mistkerl einfach den Hörer auf.
Einfach so.
Hans Krawiecke stand da mit seiner Wut und konnte sie Esch nicht ins Gesicht, ersatzweise in einen Telefonhörer schreien.
Seine anderen Mitarbeiter waren als Ventil nur ein unvollkommener Ersatz. Esch musste her, und zwar plötzlich.
Und nun hatte sein dienstältester und, wie Krawiecke trotz seines Zorns leider einräumen musste, auch ertragreichster Fahrer nicht nur seine gestrige Schicht geschlabbert, sondern erdreistete sich, auch heute Morgen nicht zu erscheinen. Das hatte Krawiecke wiederum einige Telefonate und hundert Mark Antrittsprämie für einen Aushilfsfahrer gekostet, da es leider nicht möglich war, Kalle auch noch die dritte Zwölfstundenschicht in Folge fahren zu lassen. Schon nach den nur vierundzwanzig Stunden hinterm Steuer fing Kalle an, etwas von nachzuholendem Schlaf zu jammern, er hatte es sogar gewagt, Hans Krawiecke mit dem Hinweis auf das Gesetz über den Transport und die Beförderung von Personen zu kommen.
Wenn Esch sich trauen sollte, ihm jemals wieder unter die Augen zu treten, würde Krawiecke diesen Laumalocher in Grund und Boden schreien. Leider konnte er ihn nicht hinauswerfen, obwohl ihm das den größten Spaß bereiten würde. Esch kannte zu viele der dunklen Flecken auf seiner weißen Weste. Das ärgerte den Taxiunternehmer am meisten.
Er war der Chef und hatte sich trotzdem in Abhängigkeit von einem Fahrer begeben. Aber das Leben konnte er ihm schon schwer machen, hoffte Krawiecke zumindest.
Gerade als er anfing, über einen Racheplan nachzusinnen, schellte das Telefon.
»Krawiecke«, sagte er knapp.
»Rutter hier. Tach, Herr Krawiecke.«
»Kenn keinen Rutter. Was wollen Sie?«
»Rutter. Von der Bild. Klar kennen wir uns. Wir haben uns doch kürzlich sehr freundschaftlich unterhalten.«
»Ach, Sie sind das. Lassen Sie mich bloß in Ruhe. Wegen Ihnen und Ihren anderen Kollegen hab ich stundenlang aufm Polizeipräsidium gehockt, während hier alles drunter und drüber ging.«
»Was wollte denn die Polizei von Ihnen?«, erkundigte sich Rutter neugierig.
»‘ne Aussage, was denn sonst. Sicher keinen exklusiven Beförderungsvertrag mit mir abschließen.«
»Kann ich mir denken. Und um was ging es?«
»Um Esch. Um Ihren Besuch und den Ihrer Kollegen.«
»Herr Krawiecke, darüber hätte ich mich gerne noch einmal mit Ihnen unterhalten. Wäre das möglich?«
»Möglich ist alles. Was wäre da für mich drin? Und kommen Sie mir nicht mit Peanuts.«
»Was verstehen Sie unter Peanuts?«
»Natürlich nicht das Gleiche wie der Kopper von der Deutschen Bank. Aber mehr als das letzte Mal.«
»Wären fünfhundert genug?«
»Was heißt schon genug? Ist aber ein Anfang.«
»Gut. Fünfhundert also. Dafür brauche ich aber schon jetzt
‘ne Auskunft. Wo steckt Ihr Fahrer, der Rainer Esch? Sie sagten doch, dass der heute aus dem Urlaub kommt?«
»Gestern. Gestern war seine erste Schicht. Sollte sie eigentlich sein. Aber er hat mich angerufen, dass er nicht kommt, dieser Penner. Kommt einfach nicht, das müssen Sie sich mal vorstellen!«
»Und wo steckt Esch jetzt?«
»Woher soll ich denn das wissen? Mir jedenfalls hat er nichts gesagt.«
»Keine Andeutung, kein Hinweis? Wer könnte denn wissen, wo er ist?«
»Herr Rutter, hören Sie mir mal zu! Ich hab Ihnen alles gesagt, was ich über den Aufenthaltsort von Esch weiß: nämlich nichts. Und ob andere mehr wissen, weiß ich auch nicht. Was wollen Sie noch hören?«
»Herr Krawiecke, ich komme bei Ihnen vorbei. Passt Ihnen das in zwei Stunden?«
»Meinetwegen«, brummte der Taxiunternehmer, »aber vergessen Sie die Knete nicht.«
»Ich denk dran. Bis dann.«
»Hmm«, sagte Krawiecke und legte grußlos auf. Das Verschwinden von Esch ließe sich unterm Strich ja doch noch Gewinn bringend verwerten. Sofern es nicht zu lange dauerte.
Zwei Minuten später stand Hans Krawiecke in der Funkzentrale.
»Sag mal, Renate«, säuselte er, »du hast dich doch immer mit dem Rainer recht gut verstanden. Hat er dir gesagt, wo er nach seinem Urlaub auf Mykonos noch hin wollte?«
»Nee,
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