Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
Vom Netzwerk:
ab. Stattdessen begann Brischinsky die Befragung. »Wieso haben Sie, wie Sie eben sagten, mit unserem Besuch gerechnet?«
    Wieder das feine, kurze Lächeln in Schmidts Gesicht. »Auch ich höre Radio, Herr Kommissar. Außerdem haben mich einige Nachbarn auf die Ähnlichkeit der Stimmen angesprochen.
    Wirklich frappierend.«
    »Sie haben sich die Tonbandansage angehört?«
    »Natürlich. Wie würden Sie reagieren, wenn Ihnen Bekannte erzählen, sie seien davon überzeugt, dass die Stimme auf dem Band Ihre eigene ist?«
    »Und ist sie es?«
    »Selbstverständlich nicht. Würde ich dann hier sitzen und mich in aller Seelenruhe mit Ihnen unterhalten?«
    Der Hauptkommissar antwortete nicht. Dann fragte er: »Wo waren Sie am Samstag, dem 20. Juli?«
    »Vormittags oder nachmittags?«
    »Nachmittags.«
    »Einen Moment.« Schmidt stand auf, öffnete eine Schublade und kam dann mit einem Taschenkalender zurück.
    »Vormittags habe ich Tennis gespielt. Dann bin ich nach Hause gegangen. Daran kann ich mich noch erinnern. Da kein weiterer Eintrag vorhanden ist, bin ich sicher auch hier geblieben. Vermutlich habe ich Fußball im Fernsehen geschaut.«
    »Da hatte die Bundesliga Sommerpause«, warf Baumann ein.
     
    »Tatsächlich?… Nun, schließlich gibt es bei Premiere ständig die Wiederholungen der besten Spiele, nicht wahr.«
    Baumann schwieg betreten.
    »Sie wissen also nicht, wo Sie sich an diesem Nachmittag aufgehalten haben?« Brischinsky schaltete sich wieder in die Befragung ein.
    »Doch sicher. Ich sagte doch eben, dass ich hier war.«
    »Haben Sie dafür Zeugen?«
    »Muss ich welche haben?«
    »Es könnte nichts schaden. Was ist mit der Familie Ländbach? Vielleicht kann diese Ihre Aussage bestätigen?«
    »Tut mir Leid. Die sind schon seit Anfang Juli in der Karibik.
    Dort liegt ihr Boot.«
    Villa im Essener Süden, Yacht in der Karibik und anscheinend Zeit und Geld genug für mehrere Wochen Urlaub, dachte Baumann. Die Reichtümer in dieser Gesellschaft waren verdammt ungerecht verteilt.
    »Natürlich bleibt es Ihnen überlassen, ob Sie mir glauben. Ich kann Ihnen nur versichern, dass ich nicht dieser Anrufer bin.«
    »Das werden wir überprüfen. Wir haben die technischen Möglichkeiten, um mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, ob Sie die Wahrheit sagen. Herr Schmidt, ich muss Sie bitten, uns nach Recklinghausen zu begleiten.«
    Zum ersten Mal seit dem Beginn ihrer Unterhaltung hatte es für Baumann den Anschein, als ob Schmidt seine Selbstsicherheit verlöre. »Was soll das heißen? Bin ich etwa verhaftet?«
    »Wie kommen Sie darauf?« Brischinsky beobachtete sein Gegenüber aufmerksam. »Wir bitten Sie lediglich um einen Gefallen. Es sollte schließlich auch in Ihrem Interesse sein, zweifelsfrei zu klären, dass Sie nicht der Anrufer sind.«
    »Und wenn ich mich weigere?«
     
    »Dann allerdings«, antwortete Brischinsky energisch,
    »werden wir Sie vorläufig festnehmen müssen.«
    Peter Schmidt sackte in sich zusammen, so, als ob ihm die Aussichtslosigkeit seines Widerstandes klar geworden wäre.
    Sein eben noch von der Anstrengung des Frühsports krebsrotes Gesicht wurde aschfahl. Mit tränenden Augen schaute er erst zu Brischinsky, dann zu Baumann. Schließlich stammelte er mit tonloser Stimme: »Ich… ich will sofort meinen Anwalt sprechen.«
     
    45
    Seit einer Viertelstunde stand Rainer auf dem Ruhrschleichweg im offenen Mazda im Stau und atmete Abgase ein. Die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel, der Vierzigtonner neben ihm schleuderte bei jeder Anfahrt Myriaden von Schadstoffpartikeln in die Luft, von denen der größte Teil direkt in Rainers Atemwegen landete. Esch verfluchte seine Idee, die Neukreuz-Apotheke im Ruhrpark nicht über Stadtstraßen anzufahren.
    Er hatte beim Amtsgericht Bochum die Schadensersatzklage eines nicht vorfahrtsberechtigten, dafür aber rechtsschutzversicherten Autofahrers vertreten, natürlich mit Pauken und Trompeten verloren und war nun auf dem Weg zum Arbeitgeber seiner früheren Mandantin Margit Krämke, dem er in Sachen Rezeptbetrug, Hendrikson und FürLeben ein wenig auf den Zahn fühlen wollte.
    Und noch etwas trieb ihn zu dieser Apotheke: Er hatte einen Zettel in der Tasche: die Liste mit den Medikamenten. Den Übergabeort und -zeitpunkt hatte er heute Morgen in seinem Briefkasten gefunden. Übergabe der Rezepte: Hauptbahnhof Gelsenkirchen, Gleis 3. Nachmittags um Punkt fünf Uhr in genau zwei Wochen. Natürlich war dieser Wisch nicht für ihn bestimmt

Weitere Kostenlose Bücher