Zweyer, Jan - Rainer
gewesen, sondern für Jörg Deidesheim, der gestern Abend bei ihm eingezogen war. Nun prangte sein Name neben dem seinen auf Briefkasten und Klingelknopf.
Zwei Wochen. Rainer blieben also nur einige Tage, die Rolle als leukämiekranker Versicherungsinhaber zu spielen.
Vielleicht fand er in dieser Zeit heraus, wer dieser Hendrikson war und ob er etwas mit dem Tod Mühlenkamps zu tun hatte.
Auf jeden Fall aber würde Jörg Deidesheim nach Ablauf der Frist jeden weiteren Kontakt zu FürLeben dankend ablehnen.
Endlich setzte sich die Autoschlange wieder in Bewegung.
Langsam passierte der Anwalt das Autobahnkreuz, zwängte sich dann rechts zwischen zwei holländische Wohnwagengespanne und verließ an der Anschlussstelle Bochum-Harpen die frühere Bundesstraße 1.
Trotz Urlaubszeit und Badewetter waren die Parkplätze am Ruhrpark voll. Schließlich entdeckte er eine Lücke in der Nähe des Kinos und machte sich auf die Suche nach der Apotheke.
Fünfzehn Minuten später stand der Anwalt in dem klimatisierten Verkaufsraum und fragte nach dem Inhaber.
Der Apotheker war von kleiner, gedrungener Statur. Er musterte Rainer über den Rand seiner Hornbrille. »Ich bin Klaus Hoitner. Was kann ich für Sie tun?«
Esch stellte sich vor.
»Sind Sie nicht der Anwalt, der Frau Krämke vertreten hat?«
»Ja.«
»Was will sie denn noch? Ich dachte, wir haben eine Vereinbarung.«
»Ich bin nicht in ihrem Auftrag hier«, antwortete Rainer.
»Nicht in ihrem Auftrag?«, echote der Inhaber.
»Nein. Aber mich interessiert schon, warum Sie sich eigentlich mit Frau Krämke geeinigt haben.«
»Das geht Sie nichts an«, erwiderte der Apotheker schroff.
Rainer senkte die Stimme. »Wie man’s nimmt. Wollen wir das wirklich hier vor Ihren Kunden und Mitarbeiterinnen erörtern?«
»Ich betrachte das Gespräch als beendet. Guten Tag.«
Hoitner machte Anstalten, sich abzuwenden.
»Dann werde ich mich wohl an die Staatsanwaltschaft wenden müssen«, sagte Rainer in normaler Lautstärke. Eine Angestellte, die zwei Meter entfernt eine ältere Dame bediente, drehte den Kopf in ihre Richtung.
»Seien Sie ruhig«, zischte der Apotheker mit rotem Gesicht.
»Warten Sie draußen. Ich komme sofort.«
Fünf Minuten später standen die beiden Männer vor der Schaufensterscheibe eines Fotofachgeschäftes.
»Meine Mandantin hat durchblicken lassen, dass sie ein Geschäft gemacht haben: großzügige Abfindung gegen Verschwiegenheit. Stimmt doch, oder?«
Hoitner nickte. »Aber anscheinend hat sie sich nicht daran gehalten. Sonst wären Sie nicht hier.«
Rainer grinste. »Richtig. Aber ich war ihr Anwalt.«
Der Apotheker winkte ab. »Ach, kommen Sie. Diese Krämke ist und bleibt eine Quatschtante. Will sie mehr Geld? Das ist nicht drin, sagen Sie ihr das.«
»Noch einmal: Ich bin nicht in ihrem Auftrag hier.«
Hoitner musterte Esch abschätzend. »Auch Sie bekommen kein Geld von mir.«
»Ich bin kein Erpresser«, empörte sich der Anwalt.
»Was wollen Sie denn sonst?«
»Nur ein paar Informationen.«
»Und wenn ich Ihnen keine Informationen gebe? Was machen Sie dann? Mir wieder mit der Staatsanwaltschaft drohen? Sagten Sie nicht eben, dass Sie kein Erpresser sind?«
Esch suchte nach einer Antwort. So ganz Unrecht hatte der Pillendreher nicht. »Betrachten Sie es, wie Sie möchten. Es liegt an Ihnen. Wollen Sie mir Auskunft erteilen?«
Hoitner dachte einen Moment nach. Dann antwortete er:
»Erst die Frage.«
»Frau Krämke ist der Meinung, Sie hätten in großem Stil Rezeptbetrügereien betrieben. Stimmt das?«
Der Apotheker lachte kurz auf. »Wie gesagt, Quatschtante.
Das ist doch Blödsinn. Rezeptbetrug! Wie sich das anhört.«
»Aber warum haben Sie dann…«
»… die Abfindung gezahlt? Um endlich Ruhe zu haben.«
»Vor wem?«
»Vor Ihrer Mandantin natürlich. Sie ist mir auf die Nerven gegangen mit ihren ständigen Andeutungen und Unterstellungen. Und sie hat Druck auf mich ausgeübt. Hier einen Tag Sonderurlaub, da eine Stunde eher frei. Ich wollte dem ein Ende setzen. Deshalb habe ich ihr auch gekündigt.«
»Um Druck ausüben zu können, musste sie aber doch etwas gegen Sie in der Hand haben«, stellte Rainer fest.
»Ich räume ein, dass ich Fehler gemacht habe. Aber was ich tue, tun viele.«
»Und das wäre?«
»Keine Rezeptfälschungen.«
»Sondern?«
Klaus Hoitner druckste herum. »Der eine oder andere Kunde ist auch mit kleineren Packungsgrößen zufrieden, als der Arzt verordnet hat.«
»Sie haben
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