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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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diese... Anfälle... diese Depressionen... und manchmal scheint es über meine Kräfte zu gehen weiterzumachen. Aber ich werde solchen Stimmungen nie nachgeben. Ich werde mir nie... etwas antun. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich werde mich immer wieder aus diesem Sumpf befreien, bevor ich völlig in Schwermut versinke. Ich habe zwei verdammt gute Gründe, nicht aufzugeben. Wenn ich es täte, hätte Abner Kady gewonnen, stimmt's? Und das lasse ich niemals zu. Ich muß weitermachen, mein kleines Imperium aufbauen und etwas aus mir machen, denn jeder Tag, den ich lebe, und jeder Erfolg sind Triumphe über ihn. Habe ich recht?«
    »Ja. Und was ist dein zweiter Grund?«
    »Du«, erwiderte sie.
    Ich hatte gehofft, daß sie das sagen würde.
    »Seit du in mein Leben getreten bist«, fuhr sie fort, »habe ich einen zweiten Grund weiterzumachen.«
    Ich griff nach ihren Händen und küßte sie.
    Obwohl sie nach außen hin ziemlich ruhig wirkte, spürte ich, daß sie bis ins Innerste aufgewühlt war, was ich mir nicht so recht erklären konnte.
    »Gut«, sagte ich. »Wir haben etwas gefunden, wofür es sich zu leben lohnt, und uns könnte jetzt nichts Schlimmeres widerfahren, als einander zu verlieren. Deshalb... ich will dich nicht beunruhigen... aber ich hatte eine... eine Art Vorahnung... die mir Sorgen macht.«
    »Betrifft es mich?«
    »Ja.«
    Ihr schönes Gesicht verdüsterte sich. »Ist es... sehr schlimm?«
    »Nein, nein«, log ich. »Nur... ich spüre vage, daß du in irgendwelche Schwierigkeiten geraten könntest, und deshalb möchte ich, daß du vorsichtig bist, wenn ich nicht bei dir bin. Geh bitte keine Risiken ein...«
    »Was für Risiken?«
    »Ich weiß nicht so recht«, erwiderte ich. »Klettere nicht wieder irgendwo herum, speziell nicht auf dem Riesenrad, bis ich spüre, daß die Krise vorüber ist. Fahr nicht zu schnell Auto. Sei vorsichtig. Sei wachsam. Wahrscheinlich besteht überhaupt kein Grund zur Sorge. Wahrscheinlich bin ich einfach übernervös, weil du mir soviel bedeutest. Aber es kann nicht schaden, wenn du dich etwas vorsiehst, bis ich entweder eine klarere Vorstellung von der Bedrohung habe oder aber spüre, daß keine Gefahr mehr besteht. Okay?«
    »Okay.«
    Ich erzählte ihr nichts von der schrecklichen Vision, denn ich wollte sie nicht ängstigen. Das könnte die Gefahr, in der sie schwebte, nur noch vergrößern, denn wenn sie in ständiger Angst lebte, würde sie die Fähigkeit verlieren, instinktiv das Richtige zu tun. Ich wollte, daß sie vorsichtig war, aber ich wollte sie gewiß nicht in Panik versetzen, und als wir kurze Zeit später zusammen zum Rummelplatz gingen und uns dort nach einem Kuß trennten, hatte ich das Gefühl, daß sie in der von mir gewünschten Verfassung war.
    Die Augustsonne strahlte auf das Jahrmarktsgelände herab, und Vögel segelten am klaren blauen Himmel dahin. Während ich den ›Lukas‹ einsatzbereit machte, wurde ich immer vergnügter, bis mir Flügel zu wachsen schienen. Ich glaubte, mich den Vögeln zugesellen zu können, wenn ich wollte. Rya hatte mir die Schrecken ihrer Kindheit in den Appalachen anvertraut, und ich hatte ihr das Geheimnis meiner Zwielicht-Augen anvertraut, und dadurch hatten wir die Bande zwischen uns noch fester geknüpft. Wir waren nicht mehr allein. Ich war zuversichtlich, daß sie mir schließlich auch ihr zweites Geheimnis, das irgendwie mit dem Waisenhaus zusammenhing, anvertrauen würde, und danach würde ich ihr vielleicht erste Andeutungen über die Trolle machen. Ich vermutete, daß sie eines Tages meine Geschichten über Trolle für wahr halten würde, obwohl sie selbst diese Wesen ja nicht sehen und deshalb meine Behauptungen nicht überprüfen konnte. Gewiß, es gab noch immer Probleme: den rätselhaften Joel Tuck; den geplanten Sabotageakt der Trolle am Riesenrad, der vielleicht in Verbindung mit der Gefahr für Rya stand, vielleicht aber auch nicht; unsere Anwesenheit in Yontsdown, wo Trolle Machtpositionen innehatten, die es ihnen ermöglichen würden, uns nicht nur zu schikanieren, sondern uns viel schlimmere Dinge anzutun. Nichtsdestotrotz war ich plötzlich optimistisch, daß ich letztlich triumphieren würde, daß es mir gelingen würde, die Katastrophe am Riesenrad abzuwenden und Rya zu retten, daß meine Lebensbahn endlich wieder aufwärts führte.
    Kurz vor Einbruch der Dunkelheit ist es immer am hellsten.

15 -  Tod
     
    Am Nachmittag und frühen Abend war der Donnerstag wie eine Garnsträhne, die sich

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