Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
aber beim Anblick des Blutes an meinen Händen und auf meiner Kleidung erschrocken zurückwichen. Ich wußte, daß es keinen Sinn hatte, ihnen von den Trollen zu erzählen. Selbst wenn sie mir glauben würden, könnten sie nichts tun, und ich wollte sie nicht mit meinem Kreuzzug gegen die Dämonen belasten; denn daß ich eine Art Kreuzzug führen mußte, war mir bereits klargeworden. Stunden, bevor man Denton Harkenfields Leiche finden würde, ging ich fort, und später schickte ich meiner Mutter und meinen Schwestern einen Brief mit vagen Andeutungen über Dentons Schuld am Todes meines Vaters und meines Vetters Kerry. Die letzte Station des Erinnerungszuges war in gewisser Weise am schlimmsten: Mutter, Jenny und Sarah, die auf der Terrasse stehen und mir nachschauen, verwirrt, verängstigt — Angst um mich und Angst vor mir —, alleingelassen in einer Welt, die ihnen plötzlich kalt und öde vorkommen mußte. Endstation. Gott-sei-Dank! Erschöpft von dieser Reise, doch auch irgendwie befreit, drehte ich mich auf die Seite, Rya zu, und fiel in tiefen Schlaf. Zum erstenmal seit Tagen hatte ich keine Alpträume.
     
    Beim Frühstück am nächsten Morgen erzählte ich Rya von meinen Zwielicht-Augen, zum einen, weil ich mich schämte, soviel Geheimnisse vor ihr zu haben, zum anderen, weil ich nach einer Möglichkeit suchte, sie vor der unbekannten Gefahr zu warnen. Ich erwähnte nichts von meiner Fähigkeit, die Trolle zu sehen, sondern sprach nur von meinen anderen Gaben, besonders von dem hellseherischen Gespür für drohende Gefahren. Ich erzählte ihr vom Flugticket meiner Mutter, das sich nicht wie Papier, sondern wie ein Sarggriff aus Messing angefühlt hatte, und ich führte weitere — weniger dramatische — Beispiele von Vorahnungen an, denen tatsächlich die Ereignisse folgten. Das genügte für den Anfang. Wenn ich auch noch von Trollen geredet hätte, die sich als Menschen tarnten, wäre es einfach zuviel auf einmal gewesen; ich hätte ihr Fassungsvermögen überstrapaziert und riskiert, daß sie mir gar nichts glaubte.
    Zu meinem großen Erstaunen akzeptierte sie meine Enthüllungen viel leichter, als ich zu hoffen gewagt hatte. Anfangs legte sie ihre Hände immer wieder um ihren Kaffeebecher und trank nervös, so als brauchte sie die Wärme und die leichte Bitterkeit, um zu prüfen, ob sie träumte oder wach war. Doch nach kurzer Zeit zog mein Bericht sie sichtlich in seinen Bann, und ich spürte, daß sie mir Glauben schenkte.
    »Ich wußte, daß du etwas Besonderes an dir hast«, sagte sie schließlich. »Habe ich dir das nicht gesagt? Das war kein sentimentales Liebesgeschwätz. Ich habe wirklich etwas Besonderes... etwas Ungewöhnliches und Einmaliges in dir gespürt. Und ich hatte recht!«
    Sie hatte jede Menge Fragen, die ich beantwortete, so gut ich konnte, ohne die Trolle oder Denton Harkenfields Morde zu erwähnen. Sie reagierte mit Staunen und mit einer Art dunkler Furcht. Das Staunen brachte sie ganz offen zum Ausdruck, während sie ihre Scheu vor mir zu verbergen suchte, was ihr auch tatsächlich so gut gelang, daß ich mir trotz meines übersinnlichen Gespürs nicht sicher war, ob diese zweite Empfindung nur in meiner Einbildung existierte.
    Schließlich nahm ich ihre Hände in die meinigen und sagte: »Ich habe dir das alles aus einem bestimmten Grund erzählt.«
    »Welchem?«
    »Aber vorher muß ich wissen, ob du wirklich...«
    »Was?«
    »Ob du wirklich leben willst«, sagte ich leise. »Letzte Woche hast du mir erzählt, daß du es dir in Florida manchmal schön vorstellst, ins Meer hinauszuschwimmen, bis deine Kräfte erlahmen...«
    »Das war nur dummes Gerede«, meinte sie, aber es klang wenig überzeugend.
    »Und vor vier Nächten, als wir auf das Riesenrad kletterten, kam es mir fast so vor, als wolltest du vom Blitz erschlagen werden.«
    Sie wandte ihren Blick von mir ab und starrte schweigend auf ihren mit Toastkrumen übersäten und mit Eigelb beschmierten Teller.
    Ich versuchte meine ganze Liebe in meine Stimme zu legen. »Rya, du bist manchmal so... so eigenartig.«
    »Und?« fragte sie leise ohne aufzuschauen.
    »Seit du mir von Abner Kady und deiner Mutter erzählt hast, verstehe ich, warum du manchmal Depressionen hast. Aber ich mache mir deshalb nicht weniger Sorgen um dich.«
    »Das brauchst du nicht.«
    »Schau mir in die Augen und dann sag das noch einmal.«
    Es dauerte lange, bis sie ihren Blick vom Teller löste, doch dann schaute sie mir offen in die Augen. »Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher