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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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rechten Wade verriet mir, daß er mich verletzt hatte.
    Ich schlang einen Arm um seinen Hals, drückte sein Kinn hoch, riß mein Messer aus seinem Rücken heraus und schlitzte ihm die Kehle auf — eine Reihe schneller Handlungen, geschmeidig wie Ballettbewegungen, die nicht länger als zwei Sekunden gedauert hatten.
    Während das Blut aus seinem Hals hervorschoß und das tödlich verwundete Wesen seine menschliche Gestalt anzunehmen begann, hörte — nein, spürte — ich, daß hinter mir ein weiterer Troll von der Wand oder Decke sprang. Ich rollte zur Seite, während ich dem sterbenden Troll das Messer aus dem Hals zog, und das zweite Ungeheuer landete nicht auf mir, sondern auf seinem Artgenossen.
    Die Pistole war mir aus der Tasche gerutscht, und ich konnte sie mit einer einzigen Bewegung nicht erreichen.
    Die Kreatur drehte sich wutschnaubend nach mir um — funkelnde rote Augen, gefletschte Zähne, haßerfüllte Fratze. Ich sah, wie sie zum Sprung ansetzte, und hatte gerade noch Zeit, das Messer zu werfen, bevor sie sich auf mich stürzte. Die Klinge drehte sich nur zweimal und bohrte sich in ihre Kehle. Aus Maul und Schnauze blutend, fiel sie auf mich. Obwohl das Messer dadurch nur noch tiefer eindrang, gelang es dem Troll, seine Krallen über meine Jacke hindurch in meine Seiten zu graben, dicht über den Hüften, nicht sehr tief, aber doch tief genug.
    Ich stieß das sterbende Wesen von mir, wobei ich aufschrie, als die Krallen in meinem Fleisch hängenblieben.
    Die Taschenlampe brannte kaum noch, aber in ihrem ersterbenden mondbleichen Strahl sah ich einen dritten Troll auf mich zurasen. Er war weiter entfernt gewesen, wahrscheinlich fast am Ende des Tunnels, und deshalb blieb mir gerade noch Zeit, meine Pistole zu schnappen und zwei Schüsse abzugeben. Der erste verfehlte ihn, aber der zweite traf die gräßliche Hund-Schweine-Fratze in eines der roten Augen. Er taumelte zur Seite, prallte gegen die Wand und zuckte krampfhaft im Todeskampf.
    Gerade als die Taschenlampe mit einem letzten Aufflackern erlosch, glaubte ich, einen weiteren Troll gesehen zu haben, der wie eine Kakerlake über die Wand lief. Doch bevor ich sicher sein konnte, umgab mich tiefe Finsternis.
    Mein Bein und die Seiten schmerzten derart, daß ich mich nicht geschmeidig bewegen konnte. Ich wagte es aber auch nicht zu verharren, wo ich gewesen war, als das Licht ausging; denn falls tatsächlich noch ein vierter Troll hier war, würde er sich auf jene Stelle zubewegen, wo er mich zuletzt gesehen hatte.
    Ich kletterte über eine Leiche, dann über eine zweite und fand schließlich Rya. Sie lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Regungslos.
    Soviel ich wußte, hatte sie sich nicht bewegt und keinen Laut von sich gegeben, seit der Troll sich auf sie gestürzt und zu Boden gerissen hatte. Ich wollte sie behutsam auf den Rücken drehen, nach ihrem Puls tasten, ihren Namen rufen, sie reagieren hören.
    Das alles konnte ich jedoch nicht tun, solange ich keine Gewißheit bezüglich des vierten Trolls hatte.
    Schützend über Rya kauernd, lauschte ich mit schief gelegtem Kopf.
    Der Berg war zur Ruhe gekommen und hatte offenbar aufgehört, seine alten Wunden zu schließen. Wenn irgendwo hinter uns noch Teile von Wänden oder Decken einstürzten, so waren es kleinere Vorgänge, von denen hier nichts zu hören war.
    Die Dunkelheit war undurchdringlicher als hinter geschlossenen Lidern. Eine totale Finsternis, in der nicht einmal vage Umrisse auszumachen waren.
    Ich führte ungewollt einen Dialog mit mir, Pessimist kontra Optimist:
    - Ist sie tot?
    - So etwas darfst du nicht einmal denken.
     
    - Hörst du sie etwa atmen?
     
    - Mein Gott, wenn sie bewußtlos ist, atmet sie flach. Sie ist einfach bewußtlos, weiter nichts, und deshalb kann man ihren Atem nicht hören. Kapiert? Kapiert?
    - Ist sie tot?
     
    - Verdammt, konzentrier dich lieber auf deinen Feind! Wenn ein weiterer Troll sich hier im Tunnel aufhielt, konnte er mich aus jeder Richtung angreifen. Seine Fähigkeit, über Wände zu laufen, verschaffte ihm einen großen Vorteil. Er konnte sich sogar von der Decke auf meinen Kopf und meine Schultern fallenlassen.
     
    - Ist sie tot?
    - Schweig!
    - Wenn sie nämlich tot ist — welche Rolle spielt es dann überhaupt noch, ob du den vierten Troll tötest? Was spielt es dann noch für eine Rolle, ob du jemals hier herauskommst?
    - Wir werden beide hier herauskommen.
    - Wenn du allein nach Hause zurückkehren mußt — wozu dann überhaupt

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