Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
zur anderen und verteilten ihn überall. Wir waren böse Ratten — Ratten jener Kategorie, die Löcher in einen Schiffsrumpf nagen und das sinkende Schiff dann rasch verlassen würden. Nur daß keine Ratte ihre destruktive Tätigkeit so genießen könnte wie wir.
    Wir stellten die Zeitzünder an jeder Sprengkapsel ein, bevor wir sie in den Sprengstoff drückten: den ersten auf eine Stunde, den zweiten auf 59 Minuten, die beiden nächsten auf 58 Minuten, den nächsten auf 56, weil wir etwas länger gebraucht hatten, um ein günstiges Versteck zu finden. Wir wollten sicherstellen, daß die Detonationen gleichzeitig — oder dicht hintereinander — erfolgen würden.
    Innerhalb von 25 Minuten verteilten wir 28 Kilo und stellten die Zeitzünder entsprechend unserem Plan ein. Als uns nur noch vier Kilo übrigblieben, krochen wir in den Belüftungsschacht, dem wir am Vortag entstiegen waren, und traten rasch den Rückzug an.
    Uns blieben nur 35 Minuten, um auf die fünfte Ebene hinabzugelangen, dort die Zeitzünder der Sprengkapseln, die wir gestern versteckt hatten, einzustellen, mit dem Aufzug zur unvollendeten sechsten Ebene hinabzufahren, auch die dort deponierten Zeitzünder einzustellen und dann den weißen Pfeilen an den Schachtwänden zu folgen und zu versuchen, möglichst weit zu kommen, bevor die Detonationen möglicherweise zu einer Kettenreaktion von Mineneinstürzen führen würden.
    Wir mußten uns leise und vorsichtig bewegen — und trotzdem sehr schnell. Die Zeit war knapp bemessen, aber ich glaubte, daß wir es schaffen könnten.
    Und wir schafften es tatsächlich.
    Unsere Glückssträhne hielt an. Wir begegneten keinem einzigen Troll. Offenbar glaubten sie wirklich, wir wären ihnen schon längst irgendwie entwischt. Vielleicht suchten sie in der Umgebung der Minen oder in Yontsdown nach uns. Sie mußten sich doch fragen, wer wir waren, was wir in ihrem Zufluchtsort zu suchen gehabt hatten und ob wir das, was wir gesehen hatten, irgendwie publik machen wollten.
    Doch obwohl sie wußten, daß jemand eingedrungen war, rechneten sie anscheinend nicht mit Sabotage, denn andernfalls hätten sie vorsichtshalber auch nach Sprengstoff suchen müssen, und das hatten sie nicht getan: Unsere am Vortag deponierten Blöcke lagen alle noch an Ort und Stelle. Offenbar glaubten sie sich gegen einen wirklich folgenschweren Angriff gefeit. Jahrtausendelang hatten sie allen Grund gehabt, sich uns überlegen zu fühlen. Ihre Meinung über uns steht ein für allemal fest: Sie sehen in uns so etwas wie Spielzeug, sie halten uns für erbärmliche Narren und noch Schlimmeres. Ihre Überzeugung, daß wir eine leichte Beute abgeben... nun, das ist einer unserer Vorteile beim Krieg mit ihnen.
    Als wir die Halle mit der kuppelförmigen Decke auf der im Bau befindlichen Ebene erreichten, blieben uns noch siebzehn Minuten bis zur Stunde Null. 1020 Sekunden. 2040 Herzschläge.
    Wir verteilten die letzten vier Kilo Sprengstoff zwischen den Maschinen und hasteten weiter.
    Noch vierzehn Minuten. 840 Sekunden.
    In dem breiten Tunnel, wo ich den Troll erschossen hatte, stellten wir die Zeitzünder auf den beiden Blöcken ein, die ich in hohen Wandnischen versteckt hatte.
    Der nächste Tunnel war der letzte, in dem Licht brannte. Wir rannten ihn entlang und bogen nach rechts ab, in den ersten Schacht auf Hortons Karte — wenn man sie rückwärts las.
    Unsere Taschenlampen leuchteten bei weitem nicht mehr so hell wie anfangs, aber das beunruhigte uns nicht. Schließlich hatten wir Ersatzbatterien in den Taschen — und für den äußersten Notfall auch noch Kerzen.
    Wir ließen unsere Rucksäcke zurück. Sie enthielten nichts Wichtiges mehr, und ab jetzt kam es nur noch auf Tempo an.
    Ich hängte mir die Maschinenpistole über die Schulter. Rya tat das gleiche mit der Schrotflinte. Die Pistolen verstauten wir in unseren Hosentaschen. Jeder von uns hatte jetzt nur noch eine Taschenlampe in der Hand, ich außerdem Hortons Karte, Rya die Thermosflasche.
    Noch neuneinhalb Minuten, bis hier unten die Hölle losbrechen würde.
    Höchste Zeit zu verschwinden.
    Ich hatte das Gefühl, als wären wir in eine von Vampiren bewohnte Burg eingedrungen, hätten uns in die Verliese geschlichen, wo die Monster in mit Erde gefüllten Särgen schliefen, hätten aber nur einige von ihnen pfählen können und wären jetzt gezwungen, um unser Leben zu rennen, weil die Sonne jeden Moment untergehen würde und die Blutsauger dann zu neuen Taten erwachen

Weitere Kostenlose Bücher