Zwielicht
zu kommunizieren«, nahm Dax an.
Vaughn nickte. »Wie wir beide herausfanden, dienten die Wolken auch als Gedankenüberträger.«
»Als ich … Als Dax eins mit dem Gedankenraum war«, berichtete der Lieutenant, »wollte er die Verbindung nicht mehr aufgeben. Er genoss sie.«
Abermals nickte er, verstand die unerträgliche Einsamkeit des Inamuri und seine verzweifelte Suche nach Gesellschaft. »Was ist mit den Wolkenfragmenten an Bord der Defiant ?«
»Sie sind verschwunden«, antwortete Dax. »Wir vermuten, sie sind in andere Dimensionen gewechselt und haben sich mit dem Rest der Wolken vereinigt.« Sie hielt inne. »Was ist mit den Prentara? Wie sind sie gestorben?«
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Vaughn. »Trotz meiner Erlebnisse weiß ich nicht, ob mir das Inamuri seine eigene Trauer übermitteln wollte, oder ob meine Trauer meine Erlebnisse ausgelöst hat. Den Prentara ist vermutlich das Gleiche widerfahren, jeden Tag aufs Neue. Das Leben mit dieser Traurigkeit … Ich kann verstehen, dass es sie zur Selbstaufgabe trieb.«
Dax schwieg einen Moment, schien über die Tragik dieser Erkenntnis nachzudenken. »Ich habe dem Flottenkommando Ihre Botschaft übermittelt«, sagte sie schließlich.
Vaughn hatte sie gebeten, die Sternenflotte über das Geschehen zu unterrichten und die Entsendung eines Wissenschaftlerteams anzu-regen, das vor Ort nach Wegen suchen sollte, mit dem Inamuri zu kommunizieren. »Sagten Sie ihm, was ich versprochen habe?«
»Ja, und ich kontaktierte die Vahni Vahltupali und schilderte ihnen, was vorgefallen ist. Auch sie werden versuchen, in Kontakt mit dem Gedankenraum zu treten.«
»Das ist gut«, fand Vaughn. »Danke, Lieutenant. Sie haben hier oben sehr gute Arbeit geleistet. Ihr Kontakt mit dem Inamuri rettete nicht nur es, sondern auch das Außenteam und die Vahni.«
»Danke, Sir«, erwiderte sie. »Es war eine Herausforderung, aber …
Mir gefällt’s auf der Kommandoebene.«
»Das dachte ich mir. Sobald wir aus dem Gamma-Quadranten zu-rück sind, werde ich Sie für die Pike-Ehrenmedaille vorschlagen.«
Dax lächelte. »Vielen Dank, Captain.«
»Sollte nichts Weiteres vorliegen, würde ich jetzt gerne schlafen.«
»Selbstverständlich, Sir.« Dax verabschiedete sich und wechselte noch einige Worte mit Bashir am anderen Raumende. Dann verließ sie die Krankenstation. Vermutlich ging sie zurück zur Brücke.
Vaughn verlagerte sein Gewicht, machte es sich bequemer. Sein Körper schmerzte noch von den Strapazen, doch das war kein Vergleich zu dem Schmerz, den das Inamuri jahrhundertelang hatte ertragen müssen. Er bedauerte das Versprechen nicht, das er dem seltsamen Wesen gegeben hatte. Und er schwor sich, dafür zu sorgen, dass die Sternenflotte es einhielt.
Wir kommen zurück , hatte er ihm garantiert. Und wir lassen dich nicht allein.
Vaughn saß in seinem engen Quartier, ein Padd in der Hand, und las den letzten Satz noch einmal: Das Schöne am Leben ist der Kontakt zu anderen. Nein, das traf es nicht. Er löschte ihn, versuchte es erneut.
Hundert Jahre , dachte er, und ich lerne immer noch.
Sein ganzes Wesen basierte auf diesen hundert Jahren und den un-zähligen Momenten, die sie ausmachten. Was ihm im Gedankenraum widerfuhr, war Fluch und Segen zugleich. Er erinnerte sich, dass er in allen Augenblicken seines Lebens gleichzeitig existiert haben musste. Auch wenn er dankenswerterweise nicht mehr wusste, wie sich das angefühlt hatte, ahnte er doch, dass er die Einsamkeit, die ihm die Erfahrung aufgezeigt hatte, noch immer in sich trug, vermutlich für immer. Das war der Fluch: zu erkennen, wie oft er schon allein – ohne Kontakt – gewesen war. Das Geschenk bestand aus dem Wissen, das in dieser Erkenntnis lag. Die Momente, in denen er eine Verbindung zu anderen hatte – zu Ruriko, seiner Tochter, Freunden und Kollegen, zur gesamten menschlichen Spezies –, waren jede Einsamkeit wert. Vaughn sah nun, dass jedem Moment eine Wahl innewohnte. Viel zu oft hatte er sich für das Falsche entschieden.
Abermals sah er auf sein Padd, ließ es aber bald sinken. Dr. Bashir hatte ihn an diesem Morgen aus seiner Obhut entlassen, aber emp-fohlen, nicht direkt mit einer ganzen Schicht einzusteigen. Vaughn war noch immer müde, doch es handelte sich um emotionale Mü-
digkeit, nicht um körperliche. Er wusste, dass er sich einfach hin-durchquälen musste. Heute würde er der Empfehlung des Arztes folgen und nur eine halbe Schicht arbeiten, aber morgen wieder in
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