Zwielicht
gegenüber der Tür zu, tauchte einen langen Finger in ihr eigenes Blut und begann zu schreiben.
Meine Brüder oder Schwestern, die Ihr so weit gekommen seid - diese Wand wahrt ein Geheimnis. Um einzutreten, denkt so, wie die Wanderer von Afar dächten. Denkt an Vollkommenheit.
Sie strauchelte und blinzelte. Fernab der Energien im Herz des Tempels verschlimmerte sich ihre Verletzung. Angst stieg in ihr auf, dass sie schon zu viel Zeit vertan haben könnte. Sie öffnete die Tür und schloss sie hinter sich wieder, dann eilte sie, so schnell, wie sie konnte, in die innerste Kammer.
Sie stürzte fast, bevor sie dort anlangte. Schwäche überkam sie, grau und doch auch alle Strapazen lindernd. Entschlossen kämpfte Jake die Verlockung nieder. Noch nicht. Jetzt noch nicht.
Die Energien eines Wesens, das aus einer ähnlichen Puppe geschlüpft war, hatten Bhekar Ro, eine raue Welt, in kilometerweitem Umkreis in blühendes Land verwandelt. Vielleicht würde das, was hier noch übrig war, bewirken, was Jake sich in Gedanken vorstellte. Und eine Bewahrerin wusste schließlich besser als jeder andere Protoss, wie man seine Gedanken nutzte.
Sie schaffte es nicht einmal, zum Schiff zurückzukehren. Sie würde es hier tun müssen. Ihr Körper traf diese Entscheidung für sie, ihre Beine gaben nach, und sie fiel hin. Eine Hand griff nach dem nächsten Kristall und sog seine Kraft und die des Tempels selbst in sie hinein.
Lebenskraft war so echt wie jede andere Art von Energie. Das wusste sie. Und nun zog sie diese Energie willentlich aus ihrem armen, geschundenen Körper heraus, formte ein Band daraus und zwang sich, lange genug am Leben zu bleiben, um die Zeit an diesem Ort tiefer, tiefer Kraft anzuhalten. Sie schlang das leuchtende goldene Band, das ihr Leben war, um den Kristall. Wenn die Zeit kam, wenn alles so kam, wie sie es erhoffte, würde ein anderer das Band finden und halten - ein anderer, an den sie das wichtige Wissen, das sie in sich trug, weitergeben konnte.
Trotz der Emotionen, die durch sie hindurchgepumpt wurden, des Vermächtnisses der Ur-Protoss, die sich vor Tausenden von Jahren in tobenden Schlachten hingemetzelt hatten, beschwichtigte Jake ihre Gedanken und konzentrierte sich auf den Khaydarin-Kristall. Er war warm an der Stelle, wo sie ihn berührte, und sie spürte, dass ein leichtes Kribbeln davon ausging.
Ich habe alles getan, was ich konnte. Ich kann nur hoffen, dass es genug war.
Sie schloss die Augen. Das Letzte, was sie sah, war ein Tropfen ihres Blutes, der über ihre Hand rann und an der Spitze eines Fingers hängen blieb...
KAPITEL 11
„Ich erinnere mich an diesen Blutstropfen", sagte Jake leise und sanft. Er hatte Zamaras verheerten Körper gesehen, und bewegt von einem tief sitzenden Mitleid selbst der Toten gegenüber, hatte er nach dieser Hand gefasst. Der Blutstropfen war so vollkommen geblieben, als bestehe er aus dunklem purpurfarbenem Edelstein, und dann hatte er plötzlich den Zusammenhalt verloren und war in seiner Handfläche zerlaufen, nass und frisch, als sei das Blut gerade erst vergossen worden.
Zeratul sah nun beide Versionen desselben Ereignisses, sowohl Zamaras als auch Jakes, so, wie sie sich an die Vereinigung erinnerten. Jake verhehlte nichts weder seine Panik noch seinen Schmerz, sein Staunen oder seine Bedeutungslosigkeit. Zeratul gab jetzt ohne Zweifel ganz genau acht.
„Es ist ein Wunder", sagte er endlich, „dass es dir gelang, die Hinweise zu entziffern, die Zamara hinterlassen hatte. Nur wenige hätten so gedacht. Nur wenige aus meinem Volk, geschweige denn aus deinem."
Jake hob die Schultern, das Lob war ihm unangenehm. „Letztlich zählt doch nur, dass ich es getan habe."
„Und dass deine Bereitschaft zur Kooperation anhält, obgleich das, was Zamara getan hat, vielen, die dir am Herzen lagen, das Leben kostete und am Ende auch dein eigenes fordern könnte."
„Na ja, die Chancen, dass es dazu nicht kommen wird, würden steigen, wenn du dir einfach nur anhören könntest, was Zamara zu sagen hat."
Zeratul kniff die Augen zusammen, und Jake hielt den Atem an. Hatte er das jetzt wirklich gesagt? Natürlich war es ernst gemeint gewesen, nur war er normalerweise nicht so... unverblümt. Das war eher die Art, wie Rosemary sich ausdrücken würde. Aber obwohl die Gegend so schön war und trotz all dieser negativen Ionen, die Zamara zufolge die Luft aufluden, verschlechterte sich sein Zustand, und er wusste es. Die Kopfschmerzen ließen inzwischen
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