Zwielicht
bereits tot sein müssen, so schwer waren ihre Verletzungen. Aber allem, was hätte sein müssen, zum Trotz begann die Wunde sich zu schließen, und das Fehlen einer Atmosphäre, in der zu leben möglich war, schien keine Gefahr darzustellen. Irgendetwas hier hielt sie am Leben. Aber für wie lange noch?
Sie schaute sich um, und der Schmerz verebbte angesichts der Herrlichkeiten, auf die ihr Blick fiel. Diese... (war es eine Höhle?)... war mit Hunderten, wenn nicht Tausenden Khaydarin-Kristallen gefüllt. Jeder einzelne von ihnen sang und fügte seine Melodie der wunderbaren Harmonie hinzu, die sich fast wie etwas Greifbares um sie geschmiegt hatte. Sie leuchteten blau, purpurn und grün, und sie hatte das Gefühl, in diesem Licht förmlich zu baden. Vielleicht war es das, was sie heilte und eine Art Schutzbarriere gegen das Fehlen einer Atmosphäre bildete; entweder das, oder es lag an dem Rest der machtvollen Lebensenergie, der noch immer in der nun leeren Chrysalis pochte. Jedenfalls gab es hier Energie, und Jake, ausgestattet mit den Erinnerungen eines jeden Protoss, der je gelebt hatte, glaubte, es könnte ihr gelingen, diese Energie zum Guten zu nutzen.
Eine Hand auf ihrem durchbohrten Bauch, ging sie vorsichtig durch die Kaverne und suchte nach einem Ausgang. Es gab keinen. Auf eine Art war das gut, jedenfalls wenn der Plan, der in ihrem Kopf Gestalt anzunehmen begann, von Erfolg gekrönt sein sollte. Andererseits war es aber auch nicht gut, denn der Erfolg hing ab von jemandem, der wusste, was sie wusste von jemandem, der sie fand.
Die Schmerzen kehrten zurück, und sie spürte neue Nässe unter ihrer Hand. Noch lebte sie, aber lange würde es nicht mehr dauern. Nicht in diesem verwundeten Körper.
Jake ging zwischen Kristallen hindurch und hinterließ dabei eine Spur aus großen, dunklen purpurfarbenen Tropfen. Schließlich erreichte sie eine relativ flache Wand und führte ihre Hand darüber. Eine Erinnerung blitzte auf: Temlaa und Savassan berührten die Kristalle in einer bestimmten Reihenfolge der Ara'dor, das perfekte Verhältnis. Das Verhältnis der Muschel, der Hand, das sich immer und überall wiederfand, auf allen Welten, welche die Protoss je entdeckt hatten. Ein solches Muster hatte Türen geöffnet, die ansonsten verborgen waren. Würde es ihr auch erlauben, eine Tür zu erschaffen, wo es bis dahin gar keine gegeben hatte?
Der Schmerz ließ Jake zusammenzucken, dennoch drückte sie die saubere Hand grimmig gegen die Wand. Sie konnte die Energien darin noch fühlen, ein fast körperlich spürbares Kribbeln auf ihrer Haut. 1 zu 1,6 ein Fingerabdruck berührte den anderen, bildete eine wunderschöne, aber unsichtbare Spirale auf der Tür. Dann zeichnete sie die Linien der „Tür", die sie zu erschaffen hoffte, setzte die Abmessungen, so gut es ihr zu schätzen möglich war, und fuhr eine rechteckige Kontur nach. Schließlich nahm sie die Hand von der Wand und wartete.
Die Chrysalis und das Geschöpf, das sie beherbergt hatte, waren von der Art der Xel'naga gewesen. Und auf irgendeine Weise erinnerte es sich. Auf irgendeine Weise erkannte es dieses zeitlose Verhältnis. Vor Jakes Augen begann die Spirale, die ihre Hand unsichtbar erschaffen hatte, nun zu leuchten. Grelles Licht flammte plötzlich auf, und dann merkte Jake, dass sie in die dunkle Tiefe eines Gangs blickte.
„Bitte", flüsterte sie, ohne zu wissen, wen sie damit eigentlich meinte die Chrysalis, die Seelen derjenigen, deren Erinnerungen sie in sich trug, den unbekannten Protoss, der diesen Gang eines Tages finden würde...
Jake sah sich um und fand einen kleinen Kristall, den sie mühelos abbrechen konnte. Die leuchtende Quelle purpurn grünlicher Helligkeit in der Hand, ging sie voran und folgte dem Gang bis zu seinem Ende. Sie wiederholte den Vorgang an dieser Wand. Abermals leuchtete und flammte die Spirale auf, und abermals öffnete sich ihr ein Durchgang, den sie mit nichts anderem als den Energien dieses Ortes und ihrem Wissen um die Bedeutung des Ara'dors für die Xel'naga geschaffen hatte. Sie trat in die Nische und drehte sich um. Wie war die Tür zu schließen? Oder vielmehr, wie war sie wieder zu manifestieren? Auf eine Ahnung hin zeichnete sie den Ara'dor ins Leere und trat zurück. Und tatsächlich erschien die Wand wieder. Sie musste eine Nachricht hinterlassen, dabei aber auch rätselhaft bleiben. Schließlich bestand durchaus die Gefahr, dass ein Feind diesen Ort finden würde.
Jake wandte sich der Wand
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