Zwielicht
wir nicht anders, sondern genauso waren wie diejenigen, die uns tot oder verbannt wissen wollten?"
Zeratuls Augen blitzten beim Sprechen, und Jake sah, dass er sich im Sitzen höher aufgerichtet hatte. Er entsann sich des Bildes, das Zamara ihm von Prälat Zeratul gezeigt hatte vor der Enttäuschung, als die sich die wirkliche Begegnung mit ihm erwiesen hatte. Zeratul war ihm kraftvoll erschienen, beherrscht und doch leidenschaftlich, eine inspirierende Erscheinung. Nun entsprach Zeratul zum ersten Mal, seit Jake ihn in natura gesehen hatte, eben diesem Bild.
„Ich bin davon überzeugt, dass Adun uns einerseits zwar schützen wollte, andererseits aber auch zu verhindern versuchte, dass die Aiur-Protoss Gräuel begingen, von denen sie sich nie mehr erholt hätten. Uns alle zu töten... der Schandfleck einer solchen Tat wäre ewig geblieben. Wir hätten niemals ein wiedervereintes Volk werden können, wäre ein solcher Strom von Blut zwischen uns geflossen. Er beschwor die Kräfte, die er beschwor, und er brachte das Opfer, das er brachte, ebenso sehr zu ihrer wie zu unserer Hilfe."
Die Tiefe der Leidenschaft, die Zeratul und seinen Worten nach alle dunklen Templer aufbringen musste, um die Dinge in diesem Licht zu sehen, ließ Jake schwindeln.
„Diejenigen, denen die Gabe gegeben war, meditierten über die Prophezeiung. Sie hatten Visionen, fanden Zeichen, die zu gegebener Zeit auf Aduns Rückkehr hinweisen würden. Wie er zurückkehren würde, wussten wir nicht. Aber er würde zurückkehren, sobald diese Zeichen sich einstellten."
„Und... glaubt Ihr, er ist zurückgekehrt?", fragte Jake. Im selben Moment, da seine Lippen die Worte formten alte Gewohnheiten ließen sich nicht ablegen, und so sprach er nach wie vor zu den Protoss, anstatt nur seine Gedanken an sie zu richten -, fragte Zamara: „Was sind das für Zeichen?"
Zeratul lachte leise. „Oh, oh, so viele Fragen. Ich glaube, ich habe genug gesagt. Zamara hat eine Geschichte erzählt, eine ergreifende und große." Er neigte respektvoll den Kopf. „Und ich habe eine Geschichte erzählt, eine Legende meines Volkes, die nicht so fiktiv ist, wie sie zunächst scheinen mag. Ich denke, nun ist es an der Zeit, dass du, Jacob Jefferson Ramsey, eine Geschichte erzählst."
„Äh..." Er war kein guter Erzähler. Diese beiden Wesen lebten schon viel, viel länger als er und hatten weit mehr gesehen. Sie wussten weit mehr. Was hätte er erzählen können, das für sie von Interesse gewesen wäre? Zamara kannte ihn praktisch schon bis in die Zellen seines Knochenmarks hinein. „Ich... ich kenne keine Geschichte. Ich bin nur einer, der im Boden wühlt, ehrlich." Jake hob leicht beschämt die Schultern.
„Wie hast du unsere Freundin Zamara gefunden, Jacob?", wollte Zeratul wissen. Er richtete jetzt sein ganzes Augenmerk auf Jake, und diese Intensität bereitete ihm Unbehagen. „Du bist weit entfernt von den Welten deines Volkes für jemanden, der nur im Boden wühlt. Zamara erschuf ein Rätsel, das die meisten Protoss nicht hätten lösen können, von Terranern ganz zu schweigen. Wie kam es, dass du dort hinkamst und es dir gelang? Darauf wäre ich neugierig."
Jake wusste, dass dies ein Schlüsselmoment war. Er wusste, dass er von einem der scharfsinnigsten Köpfe, denen er je begegnet war, analysiert wurde. Die Mitglieder des Nominierungskomitees für den Flinders Petrie Award für herausragende archäologische Leistungen waren nichts im Vergleich zu diesem Kerl. Valerian mochte ihm vielleicht das Wasser reichen können der junge Thronerbe war außerordentlich intelligent und sehr gerissen -, sein Geld allerdings hätte Jake im Falle einer Wette dennoch auf den Prälaten der dunklen Templer gesetzt. Zamaras Respekt vor ihm kam jenem gleich, den sie für Adun und Tassadar empfunden hatte.
Er und Zamara mussten diesen Typen auf ihre Seite ziehen. Sie mussten ihn dazu bringen, ihnen zu helfen, wieder ins Spiel einzugreifen, nicht länger nur hier, auf diesem abgeschiedenen Planeten, herumzusitzen und sich in seinem Schmerz zu suhlen. Zamara hatte ihn geködert, indem sie ihn bei den Eigenschaften packte, die für die Protoss am typischsten waren: starke Neugier und der Wunsch, zu lernen und zu wissen. An Jake war es nun, den Fisch an Land zu ziehen, auch wenn das manipulativer klang, als es in Wirklichkeit war. Zeratul mochte schon bereit sein, Zamara zu helfen. Aber Jake erkannte, dass der dunkle Templer erst noch überzeugt werden musste, auch ihm, dem
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