Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
beherrschter Stimme: »Ich will es ja verstehen. Hilf mir, es zu begreifen, damit ich sie finden kann.«
»Wenn sie in der Gegend ist, hält sie sich in einem Gebäude auf. Oder sollte es zumindest tun. Tally liebt die Gefahr. Sie traut niemandem. Ich habe ihr einen Platz in meiner Familie angeboten, aber das wollte sie nicht. Ich weiß nicht, wo sie jetzt ist.«
Adams Brust brannte, ein Gefühl, das er nicht einordnen konnte, brachte ihn um seine Fassung. Er blickte hinunter auf das Foto in seiner Hand. »Ich habe ihren Namen gar nicht erwähnt.«
»Nun, ich habe dir doch gesagt, dass ich sie kenne. Hast du mir etwa nicht geglaubt?« Rastalocke grinste und forderte seine Leute mit ausgebreiteten Armen auf, sich auf Adams Kosten zu amüsieren. Auf sein Zeichen hin taten sie es.
Solange er an Informationen kam, war Adam das egal.
»Vielleicht glaubst du mir ja jetzt, was ich dir über Dämonen und Nächte erzählt habe«, fuhr Rastalocke fort.
Adam glaubte ihm. »Wo könnte sie sein?« Bitte .
Rastalocke seufzte. »Versuch es beim Priester, Mann. Nördlich von Santa Maria. Im Berghang.«
»Priester?« Adams Herz hämmerte, aber er behielt die Kontrolle, indem er tief einatmete und die aufkeimende Hoffnung unterdrückte.
»Das sind Straßennamen, Mann. Weißt du, was eine Straße ist?«
Nur Jacob sprach in diesem herablassenden Ton mit ihm, aber Adam war zu dankbar, um sich darüber zu ärgern.
»Ich verstehe, dass ihr mein Geld nicht wollt.« Adam hielt inne und korrigierte sich. »Dass ihr euch nicht für mein Geld entscheidet . Aber es ist alles, was ich euch bieten kann. Das und meinen Dank.« Er zückte seine Brieftasche, zog die gesamten Banknoten aus der ledernen Mappe, griff ein paar Visitenkarten – die persönlichen mit seiner Mobilnummer – und streckte sie ihnen entgegen. Rastalocke rührte keinen Finger. Adam ließ alles auf den Boden fallen.
»Wenn ich irgendetwas für euch tun kann, ruft mich an. Wenn ihr mir etwas sagen wollt. Wenn ihr in Schwierigkeiten seid.« Er hob den Blick und sah die Jugendlichen an. »Das gilt für jeden von euch. Wenn eure Dämonen das sind, was ich als Geister bezeichne, werdet ihr meine Hilfe brauchen. Geht jetzt hinein.«
Adam lief zurück zum Wagen, sein Körper vibrierte vor Aufregung. Er blickte über die Schulter zurück zu dem glühenden Schein der untergehenden Sonne, dann wandte er sich zu Custo um.
Custo musste den aufgeregten Ausdruck in seinem Gesicht bemerkt haben. »Sie lebt«, folgerte er.
»Er hat von sich aus von Tally gesprochen.« Adam konnte kaum reden, so laut surrte es in seinen Ohren.
»Wo?«
»Priester und Santa Maria.«
»Eine Kirche?« Custo tippte schnell in das Navigationssystem des Mietwagens.
»Straßennamen, Mann.«
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Talia sah verschwommene schwarze Punkte. Wenn sie den Blick nach links richtete, glitten die Punkte nach links. Richtete sie ihn nach rechts, glitten die Punkte dorthin. Egal, wie sehr sie sich bemühte, sie schaffte es nicht, einen der Punkte zu fixieren. Ein nerviges Spiel. Wie früher bei diesem Kinderspiel, bei dem man versuchen musste, den Ball zu fangen, den sich zwei andere zuwarfen. Nur noch frustrierender, weil dieser Zeitvertreib – denn das war der einzige Sinn – das intensive Pochen hinter ihren Augen noch verstärkte. Widerlich.
Sie machte einen Augenblick Pause und konzentrierte den Blick auf das seelenverschlingende Monster am Eingang der Gasse. Talia saß am anderen Ende in einer Falle aus Betonmauern und Bürgersteig. Der riesige brutale Kerl blockierte den Weg von der Gasse mit den Mülleimern zu ihrem Wohnblock. Er wartete dort auf sie, wie bereits in Denver und dann in Las Vegas. Jedes Mal hatte er sie gefunden.
Aber dieses Mal hatte sie ihn zuerst entdeckt und war deshalb lieber in eine unbekannte Gasse abgebogen, anstatt durch das Tor zu gehen, das zu der ungepflegten Rasenfläche in der Mitte des Wohnblocks führte. Dort hatten ein paar junge Mädchen Stühle für ein Sonnenbad aufgestellt. Zu dumm, dass sie sich die Haut ruinierten und ihr dadurch den Fluchtweg versperrten. Doch sie durfte das Monster nicht zu jungen Leuten führen, die vor Lebenslust nur so strotzten. Nicht nach Melanie. Deshalb die Gasse.
Seit eineinhalb Tagen saß sie hier fest und roch schon genauso widerlich wie der Müll. Nur gut, dass ihr Schattenschild mehr als nur Licht abschirmte, sonst hätte das Monster sie gleich am ersten Tag entdeckt. Durch den dunklen Umhang war sie kaum wahrzunehmen; nicht nur
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