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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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kühle Metall seiner Sense, die Klinge, die gnadenlos ist wie der Tod und beißend scharf wie sein Kummer. Die Schatten heulen und brüllen um ihn herum wie große dunkle Ungeheuer aus Wind und Wut.
    Über den Tumult hinweg schreit eine Seele ihre Angst heraus. Es ist ein archaisches Geräusch, eine Komposition aus gebrochenen, dissonanten Tönen, das aus der Kehle eines Kindes stammt und den Tod zur Jagd auffordert.
    Talia.
    Der Schrei dringt durch die Schleier der Zwielichtlande und zerreißt die Fesseln seines Gefängnisses. Freiheit. Die Schatten schnappen nach seinen Fersen, können ihm jedoch nicht folgen.
    Der Schrei seines Kindes holt ihn zurück in die Welt.
    Es ist Tag. Als er hinaus auf das Schlachtfeld tritt, fällt Sonnenschein auf den Umhang um seine Schultern. Weder Wald noch Gebäude versperren seinen Blick. Der Tod ist für den Krieg bestimmt.
    Talia.
    Eine Schar Männer hat ihre Waffen auf seine Tochter gerichtet. Untote werden von Hunger getrieben, der an ihrer Seele nagt, und schleichen auf ein menschliches Opfer zu. Und über dieser Schlacht, über der Bergkuppe, thront ein Dämon, der Herr über dieses Chaos.
    Die Schlange, die dem Tod entkommen und in die Welt der Sterblichen geschlüpft ist, während er sich Talias Mutter hingegeben hat.
    Dämon! Wenn du meinem Kind etwas antust, wirst du sehen, was der Tod auf der Erde anrichten kann.
    Der Dämon öffnet einen menschlichen Mund und lacht ihn an.



12
    Ein durchdringender Schrei ertönte. Adam hoffte, dass er nicht von ihm stammte, denn er wollte zumindest wie ein Mann sterben. Er sammelte sich und bereitete sich auf das vor, was auf ihn zukam.
    Der schrille Ton hielt an, brannte sich in Adams Kopf, wurde aber zum Glück von einer weiblichen Kehle erzeugt. Sein Trommelfell zog sich zusammen. Der Schrei vibrierte in seinem Körper und erschütterte ihn bis ins Mark.
    Jacob taumelte, ließ von dem kranken Kuss ab und lockerte seinen Griff –
    Ja! Adam duckte sich und befreite sich aus Jacobs Umarmung. Er trat nach hinten aus und erwischte Jacob an der Brust. Adam fiel auf die Knie nieder, zerrte das Gewehr, das unbenutzt an seiner Schulter hing, nach vorn und betätigte den Abzug. Die Kugeln hinterließen eine Spur von Dellen in Jacobs Torso und brachten ihn aus dem Gleichgewicht, sodass er gegen die verschnörkelte Terrassenbrüstung stieß und darüber hinweg nach unten stürzte.
    Ein helles Licht auf dem Dach der Garage zog Adams Blick auf sich. Talia.
    Er taumelte ehrfürchtig zurück.
    Ihre Haut strahlte auf eine überirdische Weise von innen heraus, sie leuchtete heller als die Sonne über ihr, aber es schmerzte nicht, sie mit bloßem Auge anzusehen. Ihre Haare wirbelten wild um sie herum. Arme und Finger waren ausgestreckt, um den durchdringenden Ton aus ihrer Brust zu stützen. Ihr markerschütternder Schrei nach Hilfe berührte ihn in seinem tiefsten Inneren.
    »Ein Engel«, sagte Adam.
    »Das glaube ich kaum«, erwiderte Philip. Er presste sich an die Wand und bekreuzigte sich. »Eine Todesfee. Sie verkündet den Tod.«
    Der blaue Himmel hinter Talia verdunkelte sich und löste sich in Fetzen auf. Himmelblaue Seidenstreifen wurden von einem tornadoähnlichen Sturm herausgerissen. Einem dunklen Wind. Mitten in dem heulenden Strudel riss ein Mann mit wütender Kraft an den mächtigen Schatten. Er griff nach einer Sichel. Nein, einer Sense.
    »Der Schattenmann«, murmelte Adam.
    Der Tod blickte auf Adam hinunter, als hätte er ihn gehört. Die Kapuze seines Umhangs fiel auf seine breiten Schultern herab. Der Tod hatte schräg stehende Augen wie Talia, doch leuchteten sie in einem intensiven Veilchenblau. Seine schwarzen, glatten langen Haare glänzten auf seiner dunklen Haut. Er hob die Arme, sodass sich aus seinem Umhang Flügel formten. Wenn es einen Todesengel gab …
    Auf dem Garagendach stürzte sich ein Geist tollkühn auf Talia. Keine gute Entscheidung.
    Denn der Tod richtete sich auf und wirbelte mit einem tödlichen Schwung herum, spießte den Körper des Geistes auf, warf ihn hoch in die Luft und zerteilte ihn zugleich mit der Klinge . Von der so vernichteten Kreatur stieg Staub auf. Anschließend blieb nichts als ein Häufchen aus Knochen und Leder übrig . Adams Herz zog sich zusammen, als der Schattenmann sich Custo zuwandte, der aus Angst oder vor Schreck auf der Stelle stehen geblieben war, aber der Tod ging an ihm  vorbei  und schwang seine Klinge in Richtung zweier Geister, die soeben das Garagendach erreichten.

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