Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
nicht genug, um einen ganzen Krieg durchzuhalten, was bedeutet, dass sie es in Kauf nehmen, jahrelang gejagt zu werden, nur um dich zu bekommen. So wichtig bist du für sie. Wenn wir dich jetzt aufgeben, ist der Geisterkrieg vorüber. Dann haben sie gewonnen.«
Er wandte sich wieder dem Schrank zu, zog eine Feuerwehraxt heraus und legte sie zu dem Gewehr.
Er schien einfach nicht zu begreifen. »Adam. Vielleicht kann ich in einem anderen Universum tatsächlich hilfreich gegen die Geister sein und keine Last. Aber hier und jetzt weiß ich nicht, wie ich sie aufhalten soll.«
Wenn sie aber zum Kollektiv ging und einen sicheren Abgang für die Angestellten von Segue und für Adam aushandelte, konnte sie vielleicht etwas Sinnvolles mit ihrem Leben bewirken.
Er schüttelte den Kopf. Nein. »Wir müssen dir genügend Zeit verschaffen, dass du herausfinden kannst, was deine Rolle in diesem Spiel ist. Du musst herausfinden, wieso du so wichtig für sie bist, und das Ganze beenden. Egal, was heute geschieht.«
Der Mann war wahnsinnig.
Er drückte ihr einen USB-Stick in die Hand. »Darauf sind alle meine Daten aus Segue sowie weltweite Adressen, bei denen du Schutz findest. Aber beachte sie nicht weiter. Such dir einen belebten und zugleich anonymen Ort. Eine Großstadt, aber sag mir nicht, welche. Damit kommst du an Geld und alle übrigen Mittel sowie an Namen von Leuten, die dir helfen.«
Talia versuchte, ihm den Stick zurückzugeben. »Ich will das nicht.«
»Ich wünschte, ich müsste dir das nicht geben, aber ich kann nichts anderes mehr tun. Nein, ich nehme ihn nicht zurück. Eine Sache gibt es noch … « Er berührte ihre Lippen mit seinen, legte eine Hand schützend um ihren Kopf und strich durch ihre Haare. Sie spürte sein Bedauern, es verbrannte sie.
Sie wollte das nicht fühlen. Nicht fühlen, was hätte sein können.
Er veränderte seine Haltung und stieß den Schreibtischstuhl aus dem Weg, um ihren Körper an seinen zu schmiegen und ihr – auf grausame Art – zu zeigen, wie perfekt sie zueinander gepasst hätten, wenn sich alles anders entwickelt hätte. Eine heftige Gefühlswelle schwappte über sie – zu viele Gefühle, um sie voneinander unterscheiden zu können, aber alle durchzogen von Schuld.
Er wich zurück, doch sie spürte noch das Gefühl seiner Lippen auf den ihren.
»Was beim letzten Mal geschehen ist, tut mir leid«, sagte er. »Ich habe mir selbst leid getan. Ich tue mir noch immer leid, aber was soll’s.«
Sie ergriff seine Arme. »Was? Und jetzt soll ich weglaufen und dich den … «
Er nickte. »Ja. Weit und schnell.«
Über seine Berührung spürte sie, wie seine Entschlossenheit wuchs und alle anderen Gefühle verdrängte.
»Nein. Ich habe gesehen, was die Geister Menschen antun.«
»Wir müssen alle eines Tages sterben.« Er packte sie um die Taille und schob sie hinaus in den Flur.
Sie drehte sich um und sah, dass er sich mit Gewehr und Axt bewaffnet hatte. »Aber sie fressen nicht deine Lebensenergie. Sie fressen deine Seele.«
Adam blickte im Eingang zu seinem Büro kurz zu ihr hinunter und verzog leicht den Mund. »Ich besitze sowieso nur noch eine halbe Seele.«
»Nein, das stimmt nicht. Das ist … « Ihr fehlten die Worte, um auszudrücken, was sie für ihn empfand. »Ich könnte es so dunkel werden lassen, dass wir alle sicher entkommen.«
»Wir werden deinen Trick ganz sicher nutzen, aber dein Schatten ist nicht groß genug, um uns alle zu verstecken. Um uns alle zu retten. Er reicht nur für dich.« Er schob sie den Flur hinunter zu dem Rest der Segue-Gruppe. Custo hatte bereits die Tür zum Treppenhaus geöffnet.
»Ich kann noch andere Sachen im Dunkeln machen. Ich habe auf der Straße einen Geist unschädlich gemacht … «, insistierte sie, während sie neben Adam hereilte.
»Aber nicht den, der Patty erwischt hat. Und vor diesen Türen steht eine ganze Armee.«
Es war hoffnungslos. »Willst du denn überhaupt nicht um dein Leben kämpfen?«
»Der grüne Salon«, sagte Adam zu Custo, der die anderen in das Treppenhaus drängte. Adam drehte sich wieder zu ihr um und sah ihr direkt in die Augen. »Talia, ich werde bis zum Letzten kämpfen. Bitte versteh doch. Ich muss mich um meinen Bruder kümmern.« Düstere, heftige Wut tobte in ihm, als wenn das Wort Bruder sein Herz in einen tödlichen Würgegriff nahm. »Finde du das Wesen, das ihn so verändert hat.«
Sie wich zurück. Nein. Das will ich nicht.
Das war nicht der Adam, der sie gerade geküsst
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