Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
hatte. Dieser Adam war ein Fremder. Unnachgiebig, unerbittlich. Entschlossen, gegen ein Wesen zu kämpfen, das zehnmal stärker war als er. Er schien wie von Sinnen.
»Versprich es mir. Du bist der Schlüssel. Du findest heraus, wer diese Geister schafft, und machst ihm den Garaus.« Sie betraten die Eingangshalle des Hotels. Adam sah über seine Schulter zu ihr zurück und durchbohrte sie mit seinem Blick. »Versprich es mir.«
»Ich weiß nicht, wie«, wiederholte sie. Er drängte sie so heftig, so entschieden, dass jedes andere Gefühl davon überdeckt wurde.
»Du wirst es herausfinden.« Er ergriff ihren Oberarm. »Für Patty.«
Das hatte gesessen und brach ihren Widerstand. »Für Patty.«
Talia blickte die Halle hinunter. Die Gruppe vor ihnen hatte Staubkörner aufgewirbelt, die im Sonnenschein tanzten. Draußen wirbelten die Rotorblätter des Hubschrauberpropellers durch die Luft.
Adam folgte Custo durch eine Reihe von Verbindungstüren und zerrte sie dabei hinter sich her – ihre Schulter würde das nicht unbeschadet überstehen. Dann stieß er sie von sich, sodass sie gegen Custo taumelte. Bei der kurzen Berührung von Custos Haut spürte sie, dass er unter starkem Druck stand und bereit war zu kämpfen. Hinter ihm sah sie Gillians rotes, verhärmtes Gesicht. Armand fluchte. Und Jim Remy trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
Talia blickte sich um. Der Raum hatte keine Fenster und hing voll grauer Schatten. Einen Raum von dieser Größe konnte sie vollkommen verdunkeln. In Middleton hatte sie eine Kugel zu ihrem Ziel gelenkt – das musste sie wieder schaffen. Sie konnte die Geister und die Soldaten einen nach dem anderen erledigen. Sie konnte …
Ein lautes Krachen beförderte sie abrupt zurück in die Realität – Adam schlug mit der Axt auf die Wand ein. Er hob die Arme, holte Schwung, ließ die Axt nach unten sausen, und die Wand splitterte. Er griff in das schwarze Loch und zog unter Einsatz seines gesamten Körpergewichts an dem Material. Ein großes Stück Trockenwand brach heraus. Armand trat neben ihn und brach ein weiteres Stück ab. Die anderen griffen ebenfalls zu und schufen eine Öffnung, durch die sie hindurchpassten.
»Adam«, sagte Jim. »Gib mir eine Waffe. Ich bleibe hinter euch.«
»Das kann Custo übernehmen.«
»Du brauchst Custo, und ich will hierbleiben. Für immer. Ich will bei ihr sein.« Jim zuckte mit den Schultern. Talia wusste, dass er Lady Amunsdale meinte, den Geist, deren Spur er in der vergangenen Woche verloren hatte. Ganz offensichtlich war er nicht bei Trost.
Adam zögerte, dann reichte er Jim seine Pistole sowie ein paar Magazine.
Aus dem Loch in der Wand stieg eine dicke Staubwolke auf. Dahinter herrschte Dunkelheit. Etwas krabbelte dort drin.
»Ihr zuerst«, sagte Adam in ihre Richtung.
Custo nickte grimmig, und mit einem leisen Schlurfen bewegten sich Talias Füße widerwillig auf das schwarze Loch zu. Sie stieg über die Bretter in einen schmalen, feuchten Gang, in dem Spinnweben wie Gespenster von der Decke hingen, sich in ihren Haaren verfingen und über ihre Arme strichen.
»Hier.« Ein heller Lichtstrahl bohrte sich durch die Dunkelheit, Custo drückte ihr eine Taschenlampe in die Hand. »Schnell jetzt. Die anderen warten.«
Sie hob den Arm, um damit Augen und Gesicht zu schützen, dann arbeitete sie sich vorwärts. Der Flur war lang und führte über verrottete Treppenstufen. Custo hielt sie beim Herabsteigen fest, falls das Holz nachgab. Offenbar gab es den Gang, damit das Personal auf seinen Botengängen ungesehen das Hotel durchqueren konnte.
Am Ende befand sich eine alte Tür, die fauligen Scharniere aus dem Holzrahmen gebrochen. Der Raum dahinter war klein und wirkte unfreundlich, aber durch eine graue Luke fiel Licht herein.
Als Adam zu ihnen stieß, wurde es ganz still im Raum, denn alle waren gespannt, was als Nächstes folgte. »Wir kommen hier am westlichen Bogen der Terrasse heraus und laufen in Richtung Garagendach. Custo und Talia gehen voran. Dann folgt der Rest von euch.«
Er warf Gillian einen Autoschlüssel zu. Armand ebenfalls. »Packt so viele Leute wie möglich in die Wagen.«
»Leise!«, Custo drehte den Kopf um und lauschte.
Im Raum wurde es still. Hinter ihnen, aus der Öffnung zum Gang, waren laute Schritte zu hören. Poltern. Das Splittern von Holz.
Jacob?
»Verdammt«, fluchte Adam. »Geh jetzt. Custo … «
Alle drängten zum Fenster, jeder wollte sich als Erster in Sicherheit bringen.
»Jetzt oder
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