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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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schmerzliche Wahrheit lautete, dass Leben und Tod unvereinbar waren. Die, die versuchten, beides miteinander zu vermischen, endeten als Geister – immerwährendes Leben – oder als Gespenster – immerwährender Tod. Sie war die Tochter des Todes. Adam strotzte vor Leben. Das ließ sich nicht vereinbaren. Sie waren nicht kompatibel.
    Vielleicht hatte Tante Maggie ihr als Kind zu viele Märchen vorgelesen. Märchen, die von Magie erzählten, von Küssen und von Wünschen. Vom Glück bis in alle Ewigkeit und davon, dass die Liebe Widerstände überwinden konnte. Tante Maggie war durch und durch eine Romantikerin gewesen, aber vielleicht hatte sie auch so viel Wert auf diese Geschichten gelegt, weil sie wusste, wie Talia gezeugt worden war. Was hatte ihre Mutter Maggie wohl über ihren Vater erzählt? Talia hatte viele Male gefragt, aber nie eine klare Antwort erhalten. Im Angesicht ihres neu erworbenen Wissens, schienen Tante Maggies Märchen nicht so verkehrt.
    Das Buch, das Jim ihr gegeben hatte, behauptete noch etwas anderes, das sie Adam gegenüber noch nicht auszusprechen wagte. Die Feen waren ein eigenes Geschlecht – alte, langsam vergehende Geister der Erde, denen der Zugang zum Himmel versperrt war und die, abgesehen von gelegentlichen Ausflügen in die Welt der Sterblichen, für immer im Jenseits ausharren mussten. Instinktiv spürte sie, dass es für sie und Adam keine andere Welt und keine andere Zeit als das Jetzt gab.
    Wenigstens konnte sie ihm ihren Schrei geben und dadurch hoffentlich Frieden stiften.
    Die Waschmaschine summte, der Waschgang war beendet, und Talia riss sich vom Anblick der Stadt los, um die Kleidung in den Trockner zu werfen.
    Sie wandte sich zum Flur um, entdeckte auf dem Sofa das Buch und überlegte, dass sie es wegstecken sollte, falls Adam beschloss, weitere Nachforschungen anzustellen. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war …
    In ihrem Rücken ertönte ein Knall. Erschrocken warf sie die Arme nach oben und legte sie schützend um ihren Kopf.
    Nach dem ersten Schreck wirbelte sie zum Fenster herum und entdeckte ein Loch von der Größe eines Apfels, von dem aus sich weiße Risse über die Scheibe zogen. Hinter dem Loch lag die dunkle New Yorker Nacht. Sie nahm den seltsamen Geruch von verbranntem Metall wahr. Aber bevor sie die Ursache herausfinden konnte, folgte ein zweiter Einschlag, und etwas sauste an ihr vorbei und blieb im Sofa stecken. Scherben flogen über den Boden.
    Ihr Herz hämmerte wie wild, ihr Atem ging stoßweise. Sie drehte sich um und rannte den Flur hinunter. Hinter ihr bildete sich Rauch, der ätzend nach Chemie und irgendwie … falsch roch. In einem Ausmaß falsch, dass er die normale Welt verdrängte. Das spürte sie mit jeder kranken Zelle ihres Körpers.
    Sie versuchte, durch ihre zusammengebissenen Zähne zu atmen. Der Gestank verursachte ihr einen bitteren Geschmack im Mund. Ihre Augen tränten heftig. Und sie rieb mit Händen und Handgelenken darüber.
    Bei einem dritten Knall sank sie auf die Knie nieder und kauerte inmitten von aufsteigendem Dampf. Ihr Körper schrie nach Luft. Sie riskierte einen Atemzug und würgte, als ein brennender Schmerz ihre Nase versengte und in ihren Lungen brannte.
    Mit dem Stoff ihres T-Shirts bedeckte sie Mund und Nase und versuchte zu atmen. Ihr Hals schmerzte.
    »Talia!« Adam brüllte mit tiefer Stimme.
    »Hier!«, krächzte sie. Sterne glitten am Rand ihres Sichtfeldes vorbei. Mehr Luft! , schrie ihr Körper. Der Reflex übernahm die Kontrolle, und sie atmete flach ein. Schmerz.
    Ein Arm legte sich um sie und zog sie nach oben. Adam. Sie erkannte seinen starken Körper, die Linie seines Arms, seine Wärme. Zusammen bewegten sie sich durch den Raum, wobei sie keine Ahnung hatte, in welche Richtung, bis Adam eine Tür auftrat und sie von Licht geblendet wurde.
    Ein Lagerraum. Offene Kartons. Waffen. Seine angebliche Überprüfung der Bestände.
    Sie versuchte ein paarmal, vorsichtig etwas Luft einzuatmen, um Sauerstoff in ihr Blut zu pumpen und wieder klar sehen zu können. Ihr Hals und ihre Lungen waren rau.
    Adam schlug die Tür zu und rannte zum anderen Ende des Raums. Auf einer Tastatur gab er etwas ein. Eine Geheimtür glitt zur Seite und brachte einen winzigen Raum zum Vorschein, kleiner als ein Kleiderschrank, gerade groß genug für zwei.
    »Kannst du stehen?« Adams Stimme klang tief und schroff. Wütend. Sie entsprach genau den Gefühlen, die sie bei ihm wahrnahm.
    Sie nickte, obwohl sie es nicht

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