Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
Vom Netzwerk:
steckte ihr Stethoskop in die Ohren und untersuchte Talia selbst.
    Talia stöhnte und schloss fest die Augen. »Es ist so hell.«
    Adam beugte sich näher zu ihr. »Was ist, Liebes?«
    »Custo«, keuchte sie.
    Custo trat einen Schritt zurück. Auf einmal fand er es keine so gute Idee mehr herzukommen. Eine Todesfee und ein Engel im selben Raum – irgendetwas an dieser Kombination erschien ihm von Natur aus falsch zu sein. Sie passten grundsätzlich nicht zusammen. Vielleicht machte die Grenze zwischen ihren Welten durchaus Sinn. Vielleicht schlossen sich Licht und Dunkelheit unweigerlich aus. Vielleicht verletzte er sie.
    Talia wimmerte. Custo griff nach dem Türrahmen. Er musste irgendetwas tun. Sie beruhigen. Sie heilen.
    Beunruhigt und voller Sorge blickte Adam ihn an. »Was ist los?«
    Talia zitterte, und Custo wich in den Flur zurück. »Ich weiß es nicht.« Als sie das nächste Mal stöhnte, verließ er die Krankenstation ganz.
    Der Jäger sammelte sich in einem langen, schmalen, zugigen Tunnel zwischen zwei Räumen. Hier war es fast stockdunkel, und die Finsternis nährte die langsame Wiederherstellung seines Körpers. Die Schatten verdichteten sich und formten ein zuckendes Ohr, eine scharfe Kralle und brennende Augen. Luft zog durch den Tunnel und strich durch sein neues Fell. Er zitterte, schwankte, war noch schwach, aber er gewann an Kraft.
    Erst kam der Geruch – nichtssagend und bitter, aber darüber hing der berauschende Duft einer sterblichen Frau und erfüllte seinen Schattengeist. Dann die Sicht: Der Tunnel endete neben einem Raum, in dem ein helles Viereck leuchtete und wie ein Feuer loderte. Und schließlich Geräusche: Eine Frau weinte und schluchzte mit erstickter Stimme.
    Nachdem er menschliche Schritte getan und zarte Haut gestreichelt hatte, begriff er: Sterblich. Frau. Magie. Ein heftiges, teuflisches Verlangen mischte sich in die neue Erkenntnis, schürte seinen animalischen Hunger und verwandelte ihn in etwas anderes, etwas beinahe Menschliches und demzufolge Unerträgliches.
    Der Jäger wollte sie besitzen. Meins.
    Gut, aber wie schaffte er das?
    Als Adam zu ihm trat, hob Custo den Kopf. Er saß auf einem Stapel Kisten und hatte Gott um Hilfe gebeten. Natürlich rechnete er nicht mit einer Antwort; er war ein vollkommener Idiot gewesen.
    »Du bist also ein Engel«, sagte Adam. Es handelte sich um eine simple Feststellung. Er dachte darüber nach, ohne sich darüber lustig zu machen oder sie zu hinterfragen. Endlich. »Das hast du verdient. Du warst … bist der beste Mann, der mir, abgesehen von meinem Vater, je begegnet ist.«
    Custo wehrte sich gegen diesen unangemessenen Vergleich. Was sollte er darauf erwidern? Adam wusste nichts von seinen blutigen Taten. Er ahnte nicht, wofür er verantwortlich war. »Es tut mir leid, dass ich Talia in Gefahr gebracht habe und deine Kinder und Segue. Ich hatte keine Ahnung, dass der Wolf uns folgen würde oder könnte.«
    »Gillian hat ihr etwas gegeben, um die Wehen zu stoppen.« Adam ließ sich schwer neben ihn fallen. »Es hat gewirkt. Nachdem du den Raum verlassen hast, hat sich ihr Herzschlag normalisiert. Sie muss bis zur Geburt strenge Bettruhe halten.«
    Custo nickte. Die Wehen hatten aufgehört. Er musste es sich ein paarmal sagen, bis die bedrückende Angst so weit nachließ, dass er wieder Luft bekam.
    »Ich glaube, ich habe ihr allein durch meine Anwesenheit geschadet.«
    Ja , bestätigte Adam. »Ich wäre dankbar, wenn ihr beide, du und Annabella euch von ihr fernhaltet, bis das geklärt ist«, sagte Adam ohne Vorwurf. »Ich will nicht, dass die Schwangerschaft noch mehr belastet wird, als sie es sowieso schon ist. Talia lässt dich übrigens grüßen. Du sollst dir keine Vorwürfe machen, weil du so ›strahlst‹. Ihre Worte.«
    »Klar. Annabella und ich gehen und bringen uns irgendwo in Sicherheit.« Mit den Händen stützte er sich auf den Knien ab. Er konnte eindeutig nicht in Segue bleiben. Durch seine bloße Anwesenheit brachte er Talia in Gefahr. Licht gegen Schatten.
    »Das ist nicht nötig. Segue ist der beste Ort für euch, das weißt du. Wir haben genug Platz.« Reichlich Zimmer.
    »Und wenn der Wolf in der Zwischenzeit zurückkommt?«
    »Kämpfen wir gegen ihn.« Adam lächelte ihn erschöpft an.
    Custo räusperte sich, dennoch konnte er vor Schuldgefühlen und Sorge kaum sprechen. »Kann ich Annabella jetzt sehen?«
    Adam zögerte einen Moment, ihre Blicke begegneten sich. »Ja. Ich habe sie ins Labor eingeschlossen und

Weitere Kostenlose Bücher