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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
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zulassen, dass der einzigen netten Person in diesem Laden und ihren Babys ihretwegen etwas geschah. »Gehen Sie, Talia. Sofort.«
    Der Kopf des Wolfes zuckte zur Tür.
    Talias Miene verriet Angst. Sie legte eine Hand auf ihren Bauch, aber sie lief nicht weg. Mit hartem Gesichtsausdruck stieß sie die Tür ganz auf.
    »Das ist der Wolf, Talia, lauf!«
    Aber Talia hörte nicht auf sie, sie hatte den Blick auf den Soldaten gerichtet. »Du bist ein Wesen aus dem Schattenreich?«
    »Ja«, murmelte er leise. »Was bist du?« Er zog das du zu einem Wolfsheulen in die Länge.
    »Eine Todesfee«, erwiderte sie.
    Todesfee? Was zum Teufel war das? Das ergab alles keinen Sinn, aber es blieb keine Zeit für Erklärungen. Nicht, wenn der Wolf auf Talia zuschlich.
    »Wolf«, rief Annabella spitz, »du willst mich.«
    »Und ich kriege dich«, erwiderte er über seine Schulter hinweg.
    Der Raum verfinsterte sich merklich, die Schatten gewannen eine Textur, wurden dichter und legten sich auf den Raum. Das Licht über dem Bett schien nur noch schwach. Annabella hielt die Luft an, bis ihre Lungen brannten.
    »Geh zurück ins Schattenreich«, befahl Talia. Die Dunkelheit peitschte um sie herum, der Raum füllte sich mit kinetischer Energie.
    »Nein!«, bellte der Wolf mit menschlicher Kehle.
    »Du sollst zurückgehen, habe ich gesagt!« Talias Stimme klang auf einmal so durchdringend, dass es in den Ohren schmerzte.
    Der Wolf taumelte, zuckte zusammen, als hätte er einen Schlag erhalten, und löste sich wie ein Mottenschwarm in eine flackernde dunkle Wolke auf. Die Schatten sammelten sich in einem dunklen, dichten Pulk, rasten an Talia vorbei, verschwanden im Flur und lösten sich in den dunklen Flecken auf, die das gedämpfte Licht bildete.
    Einen Augenblick konnte Annabella überhaupt nichts denken. Ihr Körper verlangte nach Sauerstoff, und schließlich stieß sie die Luft aus, stützte sich an der Wand ab und atmete tief ein. Beinahe sackte sie zusammen, aber Talia kam ihr zuvor. Sie krachte mit voller Wucht auf die Knie. Annabella schoss nach vorn und fing Talia auf, bevor sie auf ihren dicken Bauch fiel.
    »Oh, Gott. Sind Sie okay?« Annabella legte ihre Arme um sie und wollte ihr auf das Bett helfen, aber Talia stöhnte. Bis Hilfe kam, musste der Fußboden genügen.
    »We…«, Talia schnappte nach Luft, »…hen.«
    Das war nicht gut. Nicht, wenn sie noch zwei Monate vor sich hatte. »Hilfe!«, schrie Annabella den Flur hinunter. Zu Talia sagte sie: »Alles wird gut.«
    Talia hob eine Hand, ihre Fingerspitzen waren voll Blut. Angsterfüllt sah sie Annabella an.
    »Tief durchatmen«, sagte Annabella, wobei sie selbst übertrieben ein- und ausatmete für den Fall, dass Talia vergessen hatte, wie das ging. »Sie kommen wieder in Ordnung.«
    »Meine Babys.«
    »Die auch. Sie sind ja schon auf der Krankenstation.« Annabella half ihr, sich auf dem Boden aufzusetzen. »Wahrscheinlich müssen Sie sich nur richtig ausruhen. Und von ihrem Mann bevormunden lassen.«
    Talia lächelte schwach. Sie blickte den Flur hinunter. »Sie haben gesagt, er wäre ein Wolf.«
    »Das dachte ich.«
    »Talia!« Eine Männerstimme.
    Annabella blickte auf und sah Adam den Flur hinunterstürzen. Bevor Annabella überhaupt blinzeln konnte, kniete er bereits hinter Talia.
    »Der Wolf ist in Segue«, keuchte Talia. »Aber im Augenblick ist er verschwunden.«
    »Wo bist du verletzt?«
    »Der Wolf hat sie nicht angerührt«, sagte Annabella. »Ich glaube, es ist der Schock.«
    Talia schüttelte weinend den Kopf. »Ich habe die Schatten benutzt, aber durch die Schwangerschaft bin ich nicht so stark. Ich konnte ihn nicht ganz verbannen.«
    Wieder Schatten. Annabella hatte gedacht, Schatten wäre ein Ort, aber jetzt schien es sich um mehr zu handeln. Etwas, das man benutzen und lenken konnte. Es war eine verrückte Vorstellung, aber sie hatte es mit ihren eigenen Augen gesehen: Talia hatte den Raum verdunkelt, ihn mit wirbelnden Schatten gefüllt, die ihr gehorchten, und als sie den Wolf angeschrien hatte, eine seltsame Energie verströmt.
    »Schhh.« Mit den Lippen berührte Adam ihre Haare und rang offenbar um Fassung. »Liebes, du kommst wieder in Ordnung. Die Babys auch.« Er nahm sie in die Arme und stand auf. Annabella wich zurück, damit er Talia auf das Bett tragen konnte.
    Jenseits des Raums hörte Annabella Schreie, am Eingang zur Krankenstation brach ein Tumult los.
    Ein Arzt. Talia brauchte einen Arzt.
    Annabella rannte den Flur hinunter und griff die

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