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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
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Segue einen Hinweis bekommen haben. Von dem Verräter. Wie hatte Adam nur so lange überlebt, wenn jemand seine gesamten Bemühungen sabotierte?
    Heftige Wut stieg in Custo auf. Er ballte die Hände zu Fäusten – das letzte Mal, als jemand Adam verraten hatte, hatten diejenigen keine Zeit mehr gehabt, ihr Handeln zu bereuen. Das würde diesmal nicht anders sein.
    Als er ein Rascheln hinter sich vernahm, fuhr Custo herum, sah aber nur weiße Gespensterballerinas, die auf ihren nächsten Auftritt warteten.
    Trotz aller Anspannung sah er noch einmal genauer hin. Er konnte nichts Ungewöhnliches feststellen, bis auf …
    In den schwarzen Schatten entdeckte er die Gestalt eines Mannes. Ebenfalls in Schwarz gekleidet, hatte er die Kapuze seines Sweatshirts über den Kopf gezogen und beugte sich nach vorn, sodass er schwer zu erkennen war. Sein Körper schien in guter Verfassung und recht muskulös zu sein.
    Das war kein Bühnenhelfer. Und kein Agent aus Segue.
    Wer war das? Custo lenkte seinen Geist in Richtung des Mannes. Nichts.
    Er versuchte es noch einmal, das Gefühl akuter Gefahr jagte ihm einen kalten Schauder über den Rücken. Sein Geist stieß lediglich auf leere Schatten, was nur zwei Möglichkeiten zuließ: Entweder war das der Wolf oder ein Geist.
    Custo zog sich zurück. Er spannte die Bauchmuskeln an, verlagerte das Gewicht auf die Ballen und machte sich bereit zu kämpfen. Die Tänzerinnen drängten sich um ihn und nahmen seinen Platz ein, als er sich in den offenen Bereich des Seitenflügels bewegte.
    Jetzt war er für den Mann deutlich zu erkennen, aber der zuckte noch nicht einmal. Die Ruhe um ihn herum wirkte unheimlich, unnatürlich, wie ein Vakuum.
    Wenn die Bewohner der Zwielichtlande auf die Gegenwart von Engeln so empfindlich reagierten wie Talia, dann handelte es sich bei dem Mann nicht um den Wolf, ansonsten müsste er zusammenfahren. Wahrscheinlich war er ein Geist und gehörte zu dem Trupp, der das Gebäude angriff. Er lag auf der Lauer und wartete auf einen vereinbarten Moment, um anzugreifen.
    »Ich habe einen hinter der Bühne entdeckt«, sagte Custo und warnte das Team von Segue. »Haltet nach weiteren Ausschau.«
    Geister waren unglaublich stark und konnten nicht sterben, Eigenschaften, die Tausende von Menschen veranlasst hatten, ihr Menschsein für die ewige Jugend aufzugeben.
    »Alles klar«, erwiderten nacheinander die restlichen Teammitglieder, die sich im Theater aufhielten.
    Bis auf diesen einen Geist fand der Kampf draußen statt. Zufall? Das war Custo egal. Er würde dem Monster eine Kugel in den Kopf jagen, es hinausschleppen und in eine Zelle verfrachten, wo es warten konnte, bis Talia entbunden hatte und ihn in den Tod schreien würde.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Custo die Tür, die zum äußeren Korridor führte. Er griff nach seiner Waffe, aber nicht um zu schießen – der Widerhall würde die Vorstellung stören – , sondern zur Verstärkung seiner Faust. Er würde den Geist hinausdrängen und in der Halle auf ihn schießen. Mehrfach.
    Die Tänzerinnen, eine schweigende Gruppe in Weiß, stellten sich wieder in einer Reihe auf und strömten sodann auf die Bühne.
    Custo näherte sich seinem Ziel und bemerkte, wie sich die Brust des Geistes kaum merklich hob, als er unnötigerweise atmete. Seltsam. Wieso rührte sich das Monster nicht? Wieso zerriss es nicht die Luft mit seinem Schrei?
    Dann hob der Mann den Kopf, worauf die Kapuze herabglitt und ein Gesicht preisgab.
    Custo stockte augenblicklich das Blut in den Adern. Das war nicht der Wolf. Das war kein Geist.
    Diese wütenden schwarzen Augen gehörten dem Tod!
    »Oh, Gott«, sagte Custo.
    »Wie ironisch, dass du jetzt nach ihm rufst«, erwiderte der Schattenmann mit einem finsteren Lächeln. Er stieß sich von der Wand ab. Winzige schwarze Flecken übersäten sein Gesicht, Verbrennungen, die in Staub auf den Boden herabrieselten, während sich darunter rasch neue Haut bildete.
    Engel waren schädlich für Bewohner der Zwielichtlande, doch hier handelte es sich um ihren Meister, der bereits unzählige Male vor den Himmelspforten gestanden hatte.
    Als der Schattenmann auf Custo zukam, taumelte dieser zurück, blickte kurz zu dem Schattenwald hinüber, der um Annabella wucherte, und sah, wie ihr Talent in der Nacht erblühte.
    Custo hob die Hände, um den Tod zu beschwichtigen. »Es war bereits ein Engel da, um mich zu holen. Ich habe zugesagt mitzukommen, wenn das hier vorbei ist. Nur eine Nacht, um mehr bitte ich ja

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