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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
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sich eine Stunde lang produziert und jede Minute genossen. Offenbar wollte sie noch ein bisschen länger in ihrem Hoch schwelgen.
    Er küsste sie nicht. Das war zu leicht, zu absehbar, und sie hatten nicht genug Zeit, das zu vollenden, was der Kuss auslösen würde. Das musste ihr klar sein. Sie wollte ihn nur reizen, necken, ihn quälen und zugleich testen, ob sie darauf vertrauen konnte, dass er sich zurückzog. Das konnte sie, aber es sprach nichts dagegen, dass sie ihn nicht genauso heftig begehrte wie er sie.
    Custo drehte sie zur Wand und hielt sie zwischen seinen Armen gefangen. Er presste sie fest an sich, und ihr Körper fing an zu zittern, aber er ging nicht so weit, den dünnen Träger ihres Trikots von der Schulter zu streifen.
    Er senkte den Mund zu ihrem leicht feuchten Hals, zu dem Punkt, an dem sie vorhin außer sich geraten war, und sprach dicht an ihrer Haut. »Ich weiß nicht, womit der Wolf dich geängstigt hat. Du wirkst nicht annähernd so ängstlich wie vor ein paar Stunden.«
    Sie bewegte die Hüften in dem schwachen Versuch, sich von ihm zu lösen. Schwach für sie; denn er wusste, wie stark sie war. Wenn sie wirklich ausbrechen wollte, hätte er sie losgelassen.
    »Aber ich will deine Fragen beantworten«, sagte er.
    »Ich habe nichts gefragt.«
    Custo drückte sich fester an sie, um sie zum Schweigen zu bringen. »Ja, ich will dich. Und ja, es macht mich verrückt, dabei zuzusehen, wie dich ein anderer Mann berührt und hält.«
    »Er ist schwul .«
    »Das ist mir egal. Ich will dieses Privileg für mich haben.« Custo stieß harsch die Luft aus und bemerkte, wie sich eine Gänsehaut auf ihrem Körper bildete. Er zog sie noch dichter in seine Arme, um sie zu »wärmen«. »Aber ich werde dich nicht drängen. Ich bin nicht der Wolf.«
    Sie war jetzt vollkommen ruhig, atmete kaum.
    »Also überleg dir gut, was du willst, wenn du mich auf diese Art ansiehst und mit den Hüften wackelst. Ich gehe auf dein Angebot ein, ohne mich um die Folgen zu scheren.«
    Custo drang in ihre Gedanken ein und war überrascht, als er auf eine ganz klare Gedankenfolge stieß. Sie hatte Angst, dass er sie losließ. Angst, dass ihre Knie nachgaben. Angst, dass sie keine Gelegenheit bekamen zu beenden, was sie angefangen hatten.
    Das brachte ihn etwas durcheinander, aber er zwang sich, sich auf andere dringende Angelegenheiten zu konzentrieren.
    »Wir müssen über heute Abend sprechen, den Sicherheitsplan durchgehen.«
    Annabella schwieg einen Augenblick, bevor sie antwortete. Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Nein. Ich will nicht über all das nachdenken.« Ihre Stimme klang heiser, und sie räusperte sich mit einem leichten Husten. »Ich kann nicht, verstehst du?«
    Nachdem er erlebt hatte, wie perfekt und anmutig diese Klasse arbeitete, verstand er sie tatsächlich. Sie musste sich ganz auf ihren Auftritt konzentrieren. Alles andere war seine Sache.
    Sie verlagerte das Gewicht auf ihre Füße, und er ließ sie los. Er wollte, dass sie sich sicher fühlte, ihr zeigen, dass er alles unter Kontrolle hatte, ihr sagen, dass sie sich auf ihn verlassen konnte, aber sie war jetzt mit den Gedanken woanders. Musste es sein.
    Er versuchte, ihren Gedankensprüngen zu folgen. Da er sie langsam besser kennenlernte, wurde es einfacher für ihn. Als sie den Ablauf der Geschichte durchging, konnte er beinahe spüren, wie der Schleier zwischen der Erde und den Zwielichtlanden bebte.
    Als sie sich schließlich an ihren Frisiertisch setzte, wirkte sie hochkonzentriert. Er verbrachte die nächste halbe Stunde damit, sich mit dem Team abzusprechen – immer noch keine Nachricht von Adam – , während Annabella ihre mädchenhaften Züge in die überirdische Erscheinung eines Gespenstes verwandelte. Sie schminkte ihr Gesicht weiß. Die Augen umrandete sie schwarz und befestigte die künstlichen Wimpern an dem bereits dichten, dunklen Saum. Sie tönte ihre Wangen, stand auf, hielt das Trikot von den Brüsten weg und reichte ihm den Schwamm, den sie in weiße Schminke getaucht hatte.
    »Reibst du mich bitte damit ein?«, fragte sie sein Spiegelbild.
    Er wusste nicht, was sie meinte, aber er würde alles für sie tun. Also nahm er den Schwamm.
    »Die Schultern, den Nacken bis in den Haaransatz und meinen Rücken«, erklärte sie. In ihren Worten schwang eine Einladung mit. Zwischen den ganzen komplexen Gedanken zur Choreografie in ihrem Kopf hatte sie offenbar etwas beschlossen.
    Custo trat nah an sie heran, ihre Blicke trafen

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