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Zwienacht (German Edition)

Zwienacht (German Edition)

Titel: Zwienacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimon Weber
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Gesicht.
    „Sie sind der Kammerjäger“, sagte Richard mit einer Stimme, die nicht wie seine eigene klang.
    Der Mann lachte kurz auf. „Du erkennst mich also nicht?“
    Richard reagierte nicht.
    Der Kammerjäger hielt plötzlich eine Klinge in der Hand. Es war Krügers Stilett. Er drückte die Spitze fest in Richards Seite.
    „Ich habe die menschliche Anatomie sehr genau studiert. Wenn ich jetzt zusteche, treffe ich deine Bauchaorta und du blutest aus wie ein Schwein. Ist das klar?“
    Richard nickte kaum merklich.
    „Warum bist du hier?“
    Als Richard nicht sofort antwortete, durchstieß die Klinge den Stoff seines Pullovers und bohrte sich in die darunterliegende Haut.
    „Wegen der Ratten“, keuchte Richard.
    Der Druck des Stiletts ließ nicht nach. „Du meinst die Ratten hinter deiner Wand?“
    „Ja.“
    „Das war ich.“
    Richard sah irritiert zu dem Mann empor. Hatte das irgendetwas mit dem Beruf des Mannes zu tun? Gaukelte er eine Ratteninvasion vor, um an lukrative Aufträge zu kommen? Das konnte es nicht sein. Warum hatte er dann Maria entführt?
    „Ich war es, der hinter deiner Wand kratzte. Ich war es, der jederzeit Zugang zu deiner Wohnung hatte. Ich habe dich beobachtet, wenn du in deinen jämmerlichen Schlaf gefallen bist. Und ich habe dich belauscht, wenn du mit deiner Liebsten zusammen warst.“ Der Mann zwinkerte ihm zu und machte eine Kopfbewegung in Richtung Maria. „Noch einmal: Wieso bist du hier?“
    „Ich habe Baupläne bekommen“, kam es Richard über die Lippen, denn er sah keinen Vorteil für sich, wenn er log.
    „Aha“, machte der Kammerjäger. „Dann wusstest du von den geheimen Gängen. Von wem waren die Baupläne? Von der alten Ahrens?“
    Richard nickte nur. Er sah, dass Maria versuchte, ihn und den Mann im Auge zu behalten. Sie sah furchtbar aus. Die Flecken auf ihrem Gesicht mussten Blut sein.
    „Die Pläne sind mir entgangen. Davon wusste ich nichts“, sagte der Mann wohl mehr zu sich selbst.
    Er hat Frau Ahrens umgebracht, wurde Richard klar.
    „Ich habe mich hin und wieder am Kühlschrank der Alten bedient, ohne dass sie davon etwas mitbekommen hat“, erzählte der Mann. „Sie hatte die dumme Angewohnheit, nahezu permanent Selbstgespräche zu führen. So war man über alles informiert, was sie vorhatte. Auch, dass sie dir von den Fluchtwegen erzählen wollte. Aber das sie auch Pläne besaß ... nun ja.“
    Das Stilett stach noch immer in die Haut über der Aorta. Richard versuchte, ein wenig zur Seite zu rücken. Die Hand mit der Klinge folgte ihm.
    „Die Gänge habe ich durch Zufall entdeckt. Irgendwelche Rabauken haben drüben in dem alten Gemäuer alles kurz und klein geschlagen und dabei auch den Zugang zu den Gängen freigelegt. Aber sie waren im Gegensatz zu mir zu dämlich, die Klappe zu öffnen.“
    Richard erinnerte sich an das umgeworfene Regal mit den Einmachgläsern im Keller des alten Hauses. Es hatte zuvor die Luke verdeckt.
    „Herrje!“, seufzte der Mann. „Welche Möglichkeiten sich dadurch ergaben! Ich wollte unbedingt in deiner Nähe sein, aber mit einem Mal konnte ich dir unmittelbar auf den Pelz rücken.“
    Die Stimme sprach jetzt direkt in sein Ohr. „Ich hätte dich in den Wahnsinn getrieben. Jeden Tag ein wenig mehr. Glaube mir, ich stand mit meiner Kreativität noch ganz am Anfang. Zuerst lässt man nur ein paar deiner Gegenstände verschwinden, legt Scherben und Nägel aus und lässt dich Bekanntschaft mit einer echten Ratte machen. Mein Ideenreichtum war noch längst nicht ausgeschöpft. Wie fandest du die Sache mit dem Anruf?“
    Richard spürte, wie Speicheltropfen seine Wange trafen.
    „Das war übrigens Pauli im Original. Ich habe ihn mit meinem Handy aufgenommen, ehe ich ihm den Kopf abriss.“
    Richard überlegte, ob er den Mann mit einem abrupten Kopfstoß außer Gefecht setzen konnte. Aber er war gefesselt, geschwächt und ein fester Stoss der Klinge würde ihn ausbluten lassen.
    „Vielleicht hätte ich den Kater besser nicht töten sollen“, fuhr der Mann fort. „Ich wollte einfach dein Umfeld mit einbeziehen, um es dir so ungemütlich wie möglich zu machen. Das war ein Fehler. Dadurch trat dein Freund in Aktion.“
    Der Kammerjäger packte Richards Kopf und drehte ihn zur Seite.
    „Sieh gefälligst hin!“, donnerte die Stimme.
    Zunächst hielt Richard den Haufen in der Ecke für Müll oder für ein paar von den Säcken, die hier überall herumlagen, aber beim genauen Hinsehen zeichneten sich unter der

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