Zwillingsblut (German Edition)
fertig machen, Schlafmütze, wir haben viel vor!« Er deutete auf ihren Koffer, den er aus Prag geholt hatte.
»Wie hast du das so schnell gemacht?«
»Das ist ein Geheimnis!«, behauptete er.
»Den Hummer hast du vergessen, nicht wahr?«
»Ja, rein zufällig war er zu schwer! – Dachte ich zumindest, bevor ich deinen Koffer hochgehoben hatte! Aber ich war zu faul, noch mal zum Auto zurückzugehen!«
Wenig später waren sie unterwegs und Edwards leises Bedauern darüber, den Engel nicht ewig im Bett halten zu können, verschwand bei jedem Schritt und jedem Blick in Sofias Gesicht.
Sofia war glücklich. Sie hatte keine Ahnung, wie es Edward gelungen war, ihr Faible für Geschichte und Städte zu durchschauen – geschweige denn, wie er es geschafft hatte, sie nach Venedig zu schaffen, doch bei jedem Schritt vergaß sie eine ihrer Fragen, war fasziniert von den Nebelschleiern, die leicht und durchscheinend durch die Straßen zogen und die den Duft von Meer mit sich trugen. Die Kälte sorgte dafür, dass jeder Geruch intensiviert wurde und beinahe kristallin in der Luft hing.
Edward hatte sich für einen romantischeren Ausflug entschieden und sie den kurzen Weg zum »Canale Grande« geführt.
Fasziniert hatte sie ihm die Entscheidungen überlassen und saß nun trotz der Temperatur neben ihm auf einer der vorderen Bänke an Bord der »Linea 1« und sah ihn fragend an.
»Vertrau mir!«, bat er und legte seinen Arm um ihre Schulter. Auch wenn Vampire nicht froren, mochten sie doch Wärme. – Und Sofia mochte den Schutz, den Edwards Berührung ihr bot. Seine Nähe und die merkwürdige Vertrautheit, obwohl beides ihr auch Angst machte.
Als das Linienboot mit sanftem Tempo losfuhr und über das schwarze Wasser glitt, schmiegte sie sich dichter an Edward. Soviel Romantik hätte sie ihm nicht zugetraut. –
Du hast ihm soviel nicht zugetraut!
»San Simeone Piccolo – die Kuppelkirche«, verkündete der Lautsprecher und meinte die hell erleuchtete Kirche am Ufer, nur um gleich darauf die Brücke »Ponte degli Scalzi« anzukünden, unter der sie hin durchfuhren und auf der linken Seite die Kirche »Santa Maria di Nazaretta degli Scalzi«.
Sofia sah nach vorne und die Lichter der Kirchen, Palazzi und Brücken funkelten, wie aneinander gereihte Edelsteine eines kostbaren Geschmeides und erinnerten sie an die Kette, die Edward ihr geschenkt hatte. Nachdenklich tastete sie nach ihr und spürte unter dem Stoff des anschmiegsamen Rollkragenkleides die Härte der Kettenstränge.
Nur mit halbem Ohr hörte sie hin, als der Lautsprecher von dem tragischen Erbstreit im »Palazzo Flangini« und seinen Hintergründen erzählte, zu sehr nahmen ihre Gedanken sie gefangen und kreisten immer wieder um Edward. Ihr fiel auf, dass sie ihn schon seit geraumer Zeit ansah, doch sie konnte ihren Blick einfach nicht von seinem Gesicht abwenden, nicht einmal, um sich den Palazzo anzusehen. Sie fühlte sich von Edwards Anblick beinahe hypnotisiert. Davon, dass er mit der Fingerspitze seines rechten Zeigefingers, die Hand stützend unter sein Kinn gelegt, seine Unterlippe entlangfuhr. Langsam von rechtsnach links und wieder zurück. Die Bewegung faszinierte Sofia, erinnerte mit ihrem Rhythmus an etwas anderes, und ließ einen Schauer über ihren Rücken laufen, der sich in ihrem Unterleib sammelte. Der Widerhall kribbelte durch ihren ganzen Körper.
»Ist jemals jemand von dir besessen gewesen?« Sie gab sich Mühe, ihre Stimme neckisch klingen zu lassen, weil sie wusste, dass ihre Gedanken nur zu deutlich in ihrem Gesicht zu lesen gewesen waren.
Der Blick mit dem er sie bedachte war unergründlich. »Nur die, die mich töten wollen!« In seiner Stimme schwang kein Humor mit, doch Sofia meinte ein kurzes Aufblitzen in seinen Augen gesehen zu haben.
Sie lehnte sich näher zu ihm. »Sind es viele?«
»Es waren viele!«, korrigierte er und jetzt war sein Amüsement unüberhörbar. »Aber ich lasse mich nur von der richtigen Person töten, besessen oder nicht. Da gibt es strenge Regeln.«
»Und nur Besessenheit?«
»Wenn es sich bei der Besessenen ganz zufällig um einen Engel handelt, geht das klar!«
»Auch, wenn der Engel dich am liebsten töten würde, weil du ihr Informationen vorenthältst?«
Edward sah sie an und die plötzliche Kälte in seinem Blick, mit dem er sie von seinen Gefühlen ausschloss, verletzte sie.
Sofia, eben noch ein neckendes Lächeln auf den Lippen, starrte nun ins Wasser und schilt sich selber eine
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