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Zwischen den Sternen

Titel: Zwischen den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Dickory auch nach der Offenbarung ihres Plans weiterhin bereit waren, sie und John zu töten. Meine Eltern zu töten.
    »Falls Sie sich für die Vernichtung der Kolonie entscheiden, ja«, sagte Hickory.
    Tatsächlich spürte ich so etwas wie ein Klicken, als mein Geist wieder in meinem Gehirn einrastete, und zu meiner Zufriedenheit wusste ich im nächsten Moment, wie ich auf diese Erklärung reagieren sollte: mit unbändiger Wut.
    »Wie könnt ihr es wagen!«, platzte es aus mir heraus. »Das werdet ihr unter gar keinen Umständen tun!« Überrascht stellte ich fest, dass ich stand, während ich es sagte, denn ich
konnte mich nicht erinnern, aufgesprungen zu sein. Meine Wut ließ mich so heftig zittern, dass ich mir gar nicht sicher war, ob ich tatsächlich auf beiden Beinen stand.
    Hickory und Dickory zuckten zusammen und litten sichtlich unter meinem Zorn. »Das wäre das Einzige, was wir dir verweigern müssten«, sagte Hickory. »Du bist von viel zu großer Bedeutung. Für uns. Für alle Obin.«
    Für alle Obin.
    Wäre ich dazu in der Lage gewesen, hätte ich ausgespuckt.
    Da war es schon wieder. Mein ganzes Leben war unauflöslich mit den Obin verwoben. Es ging nie darum, wer ich war, sondern immer nur, was ich war. Um das, was ich für sie bedeutete . Dabei spielte mein eigenes Leben überhaupt keine Rolle, außer als Unterhaltungsfaktor, wenn sich Milliarden von Obin die Aufzeichnungen meiner Erlebnisse wie ein Comedyprogramm zu Gemüte führten. Wenn irgendein anderes Mädchen die Tochter von Charles Boutin gewesen wäre, hätten sie sich genauso intensiv für ihr Leben interessiert. Wenn die Adoptiveltern irgendeines anderen Mädchens den Plänen der Obin in die Quere gekommen wären, hätten sie genauso wenig Bedenken gehabt, sie umzubringen. Wer ich eigentlich war, interessierte niemanden. Es ging nur darum, dass ich zufällig die Tochter eines bestimmten Mannes war. Eines Mannes, von dem die Obin geglaubt hatten, dass er ihnen etwas Wichtiges geben konnte. Eines Mannes, dessen Tochter sie als Geisel benutzt hatten, um diese Sache von ihm zu bekommen. Eines Mannes, der am Ende wegen der Arbeit, die er für sie geleistet hatte, gestorben war. Und nun wollten sie noch mehr Opfer.
    Also ließ ich Hickory und Dickory wissen, was ich empfand:
»Ich habe bereits einen Vater durch die Obin verloren!« Und ich legte meinen gesamten Frust in das vorletzte Wort. All meine Wut und Abscheu, mein Entsetzen und meinen Zorn, wenn ich mir vorstellte, dass sie beiläufig entschieden, mir die einzigen beiden Menschen zu nehmen, die mir jemals Liebe, Zuneigung und Achtung entgegengebracht hatten, um sie wegzuschnippen, als wären sie nicht mehr als lästiges Ungeziefer.
    In diesem Moment hasste ich Hickory und Dickory. Ich hasste sie so, wie man jemanden hasst, den man liebt und der diese Liebe missbraucht und verrät. Ich hasste sie, weil sie mich verraten würden, weil sie glaubten, dass sie mich liebten.
    Ich hasste sie.
    »Jetzt beruhigen sich alle wieder«, sagte John. »Niemand tötet hier irgendjemanden. Verstanden? Wir diskutieren hier über einen rein hypothetischen Fall. Zoë, deine Obin-Freunde werden uns nicht töten, weil wir nicht zulassen werden, dass diese Kolonie vernichtet wird. Ganz einfach. Und auf gar keinen Fall würde ich zulassen, dass dir etwas zustößt, Zoë. Hickory und Dickory und ich sind alle der Meinung, dass du dazu viel zu bedeutend bist.«
    Ich öffnete den Mund, um etwas darauf zu erwidern, doch stattdessen fing ich an zu schluchzen. Ich hatte das Gefühl, dass meine Beine taub geworden waren. Plötzlich war Jane bei mir, hielt mich und führte mich zurück zur Couch. Ich weinte an ihrer Schulter, wie ich es vor so vielen Jahren vor dem Spielzeugladen getan hatte, und versuchte das Chaos meiner Gedanken zu ordnen.
    Ich hörte, wie Vater die beiden Obin schwören ließ, mein Leben zu schützen, jederzeit und unter allen Umständen.
Sie taten es. Aber ich wollte keine Hilfe und keinen Schutz mehr von ihnen, nie wieder. Trotzdem wusste ich, dass diese Empfindung nicht von Dauer sein würde. Ich wusste es noch im selben Moment, auch wenn es nichts daran änderte, was ich in diesem Moment empfand. Von nun an würde ich damit leben müssen.
    Vater unterhielt sich weiter mit Hickory über die Konklave und fragte, ob er die Dateien der Obin über die Auflösungen der anderen Kolonien sehen durfte. Hickory sagte, dass sie dazu das Informationszentrum aufsuchen mussten. Obwohl es bereits so spät

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