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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt Altmann , Berthold F. Bauer
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privat als geschlossene Gesellschaft bei erlesenen edlen französischen Weinen unten im Bierkeller. Denn der Wirt des alten Gasthofs, den es damals noch unten im Dorf gab, ein gewisser Herr Weinstein weigerte sich konsequent, ihnen dazu sein Nebenzimmer vermieten.
    Bei diesen abgeschotteten Treffen im alten Bierkeller konnten von dieser exklusiven Herrenrunde dann intensive politische oder auch militärische Diskussionen, und seien die Themen dabei auch aus heutiger Sicht noch so abwegig, ausgiebig und ungestört geführt werden. Einige von ihnen zogen dazu an ganz bestimmten Tagen (beispielsweise immer am 20. April oder am 30. Juni eines jeden Jahres) gar ihre penibel gepflegten alten schwarzen Uniformen mit dem Totenkopfemblem an. Und das ist kein Witz. Bis zum Abriss des alten Oberstufenkonvents hing von einem dieser Treffen sogar noch jahrelang so ein Foto an der Wand.
    Heute hingegen hingen hier im neuen Partykeller neben der Schülerbar nur noch eine schwarz-rot-goldene Deutschlandfahne mit Adler und einige FDP Papierfähnchen vom letzten Wahlkampf. Daneben ein signiertes schönes farbiges Poster von Jürgen W. Möllemann, dem bekannten Politiker, ehemaligen Bundesminister und früheren Vizekanzler. Der prominente Gast hatte es bei einem Besuch im vergangenen Jahr hier in der Oberstufe eigens mit einer etwas längeren handschriftlichen Widmung versehen.
     
    Wenig später trudelnden nach und nach die restlichen Elfer ein und waren höchst verwundert, mich hier anzutreffen. Sebastian, den sein Mentor aus der Dreizehnten heute mit der Durchführung dieser diesjährigen Klosternacht beauftragt hatte, klärte diejenigen, die nicht in meiner Gruppe wohnten, noch kurz auf: »Herr Bauer ist hier nur für zwei Wochen Praktikant. Also ist er unser Gast heute. Er wird nichts von alledem, was hier gleich passieren wird, weitergeben. Und wenn einer von euch was sagt, dann wird es ihm sehr, sehr leid tun, denkt immer daran. Nur damit das mal klar ist.«
    Dann traten die Elfer vom letzten Jahr vor und zogen alle gemeinsam ihre Trainingsanzugsjacken aus. Keiner von ihnen hatte ein T-Shirt darunter. Als sie damit fertig waren, folgte Sebastian nach einer kurzen Pause ihrem Beispiel.
    »Wir sind nun ab sofort also alle Tutoren.«
     
    Sebastian ging auf die Gruppe zu und küsste einen jeden der neuen Tutoren aus der Zwölften links und rechts auf die Wange und drückte jeden einzelnen der halbnackten Jugendlichen fest an sich ran.
    Bei manch einem der nun gerade neu ernannten Tutoren schien sich die nächtliche Situation mehr oder auch weniger ungewollt zu verselbstständigen. Das konnte man ganz deutlich vorne in ihren Trainingsanzugshosen erkennen ... Und Sebastian ging es dabei ganz ähnlich, auch wenn er sich vorsorglich extra eine eigentlich etwas zu weite Hose für heute Nacht angezogen hatte.
    Aber das alles hatte natürlich nicht wirklich etwas zu bedeuten. Schließlich war heute die Klosternacht, der unbestrittene Höhepunkt der ganzen so genannten Klosterwoche. Die Jugendlichen hatten sich ja schon die ganze Woche über heftig ausprobiert und dabei zu Zweit oder in Gruppen und oft auch recht ungestüm mit den neuen Elfern herumexperimentiert .
     
    Meine Augen aber gingen jetzt auf die Suche nach Florian. Auch für ihn als Neuzwölfer war diese Klosternacht hier nun bestimmt eine ganz besonders heikle Situation. Es war nur sehr schwer abzuschätzen, was passieren würde, wenn er seine inneren privaten Gefühle irgendwann einmal einfach nicht mehr so perfekt kontrolliert wie bisher verbergen konnte. Das Ganze hier würde dann wohl sehr schnell kippen und er würde dann auch für den verbleibenden Rest seiner Schulzeit hier ziemlich wahrscheinlich nicht mehr viel zu lachen haben. Mit dem vermeintlichen Schwulsein potentiell und dabei rein hypothetisch ein bisschen während der Klosterwoche herum zu spielen und dabei durchaus den einen oder auch anderen unter den neuen frischen Elfern, den man dann später vielleicht eventuell auch ganz gerne als Untergebenen gehabt hätte, zu vernaschen, das war die eine Seite. Aber wie Florian wirklich schwul zu sein und daran mehr und mehr zu verzweifeln, auch eben gerade daran es hier unbedingt verbergen zu müssen, das war eine vollständig andere Sache.
    Doch Florian war hier in der Gruppe absolut nichts anzumerken. Souverän drückte er Sebastian an seine wärmende Haut, als er an die Reihe kam. Auch er war damit ab sofort also jetzt Tutor.
    Die neuen Elfer wurden allmählich

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