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Zwischen Ewig und Jetzt

Zwischen Ewig und Jetzt

Titel: Zwischen Ewig und Jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lucas
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ist oben, ganzen Tag schon. Ihr müsst mal rausgehen, ihr beiden. Mehr unternehmen. Die Sonne scheint so schön.«
    Mit dem Versprechen, mein Bestes zu tun, nehme ich zwei Stufen auf einmal, klopfe kurz Obama auf die Brust und will eintreten, doch die Tür ist verschlossen.
    »Niki?« Ich klopfe noch einmal.
    Es dauert eine kleine Weile, bis die Tür geöffnet wird. Und wüsste ich es nicht besser, würde ich denken, Niki sei bekifft. Seine Augen sind rot, er sieht nervös aus. Aufgekratzt »Julia, sorry, komm rein.« Er macht die Tür hinter mir zu und schließt ab. »Ich war beschäftigt. Hab nicht mit dir gerechnet.«
    Nein, das glaube ich gern. Sein Zimmer sieht nicht viel besser aus als das Wohnzimmer, das ich hinterlassen habe. Seine Klamotten sind auf dem Boden verstreut, die Gardinen halb zugezogen.
    »Das musst du dir ansehen. Das glaubst du mir nie. Allerdings …«, er zögert. »Ich weiß nicht, ob es klappt, wenn du dabei bist.«
    »Was klappt?«
    »Setz dich da rüber. Da auf den Stuhl.« Er hat ihn bis rüber an die Wand geschoben. Während ich über seine Sachen steige, baut er Bücher auf seinem Schreibtisch auf. Er stellt sie nebeneinander, dreht sich dann um und fährt sich durchs Haar. »Ich hab die ganze Zeit darüber nachgedacht. Darüber, was du mir erzählt hast. Darüber, was bei Alice angeblich passiert ist.«
    »Nicht nur angeblich.«
    Er winkt ab. »Was passiert ist. Ich hab davon nichts mitgekriegt, ehrlich. Musste mich viel zu sehr auf das konzentrieren, was ich Alice ausrichten sollte.«
    Ich nicke. Von diesen Geisterübergriffen kriegt er nie viel mit.
    Er grinst. »Aber jetzt kommt’s. Pass mal auf.« Er stellt sich in die andere Ecke des Zimmers, weg von meinem Stuhl. Und starrt auf den Schreibtisch.
    Ich weiß nicht genau, wo ich hingucken soll, also beobachte ich erst Niki. Bis es wieder passiert, und der Raumnebel kommt: Inzwischen nenne ich ihn so. Wieder steigt der Druck spürbar an, meine Ohren gehen zu, alles wird gedämpfter. Niki schließt die Augen, ich sehe zum Schreibtisch – und kriege gerade noch mit, wie die Bücher umfallen. Doch sie fallen nicht einfach, sie explodieren förmlich. Knallen gegeneinander wie aufgescheuchte Hühner und fallen flatternd vom Tisch.
    »Ha!«, macht Niki und wendet sich mit glühenden Augen mir zu. »Ist das nicht irre?«
     
    Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so außer mir war. Noch nie, glaube ich. Nicht mal bei meinem Streit mit Felix. Ich bin so wütend, dass ich kaum atmen kann, während ich Niki anschreie. Klar steckt auch ein mordsmäßiger Schreck dahinter, und in erster Linie ist es wohl Angst. Aber Wut hilft, und so greife ich einfach nach dem Erstbesten, einem der Bücher, das vor mir auf dem Boden liegt, und werfe es mit voller Wucht an die Wand. Ich weiß nicht mal mehr, was ich genau zu ihm gesagt habe. Wie ich aus dem Zimmer gekommen bin. Weiß nur noch, dass ich über den dämlichen Sherlock springe und an Herrn Galanis vorbei zur Tür laufe.
    Und heule. Draußen heule ich erst recht, und die Leute glotzen, aber mir ist es egal. Ich zittere am ganzen Körper, jetzt, wo der Schock die Wut ablöst. Stolpere, ohne etwas zu sehen, in Richtung Kanal, weg von all den Menschen. Dorthin, wo es ein wenig ruhiger ist.
    Es dauert nicht lange, bis ich Schritte hinter mir höre. Bis Niki mich eingeholt hat. Er sagt nichts, läuft nur neben mir her, was mich dann auch wieder nervt.
    »Was?«, schreie ich schließlich und bleibe stehen.
    Er auch, wie erstarrt. Am ausgetreckten Arm hält er meine Jacke. »Deine Jacke«, sagt er sinnigerweise.
    Ich reiße sie ihm aus der Hand, drehe mich um und gehe weiter.
    Niki folgt mir.
    Ich weiß nicht, wie lange wir so gehen. Vom Kanal biege ich ins Naturschutzgebiet ab, laufe immer weiter, bis kein Mensch mehr zu sehen ist. Die Sonne scheint, es ist noch warm, Vögel singen. Ich bin immer noch viel zu fassungslos, um stehen zu bleiben.
    »Julia, bitte. Können wir reden?«
    Nein, können wir nicht. Ich stampfe entschlossen weiter, auch wenn ich so langsam Muskelkater bekomme.
    »Es war ein Experiment. Mehr nicht.«
    »Mehr nicht?« Ich fahre herum wie von der Tarantel gestochen. »Für diesen Auftritt kriegst du auf jedem Fernsehkanal ’ne Sondersendung. Und wer weiß: Vielleicht hat ja die CIA Verwendung für dich, nachdem sie mit ihren medizinischen Experimenten an dir fertig sind.«
    »Es ist nicht so, wie du denkst.«
    »Du weißt doch gar nicht, was ich denke.«
    »Doch, klar. Du

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