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Zwischen Ewig und Jetzt

Zwischen Ewig und Jetzt

Titel: Zwischen Ewig und Jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lucas
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entschlossen gegen Barack Obama und reißt dann die Tür auf. »Bist du angezogen? Gut. Hier ist ein Besuch für dich. Julia.« Nikis Vater lächelt mich breit an und schiebt mich dann ins Zimmer. »Nur zu, nur zu. Er ist wach.«
    Wach ist übertrieben. Niki hat sich zwar aufgesetzt in seinem Bett, sieht aber völlig verschlafen aus. Das Haar hängt ihm in die Augen, und er blinzelt. »Ju... Julia?«, krächzt er. Er räuspert sich. »Wie spät ist es?«
    »Keine Ahnung.«
    »Keine Ahnung? Aha.« Niki sieht sich im Zimmer um, als müsse er sich erst daran erinnern, wo er ist. »Naja, wenigstens ist es schon hell.«
    Ich schmeiße ein paar Klamotten vom Schreibtischstuhl, um mich zu setzen.
    »Ist etwas passiert?« Niki beobachtet mich.
    »Was? Warum? Was soll denn passiert sein?«
    »Keine Ahnung. Du tauchst hier mitten in der Nacht auf …«
    »Wir waren verabredet.«
    »… mitten in der Nacht und siehst irgendwie, keine Ahnung, durch den Wind aus.«
    »Du siehst selber durch den Wind aus«, sage ich kindisch. Meine Unterlippe bebt, ich spüre Tränen aufsteigen. Deswegen stehe ich auf, streife die Schuhe ab und gehe rüber zu ihm. Hebe die Bettdecke hoch und schlüpfe darunter. Ohne Worte. Ohne darüber nachzudenken.
    Niki macht mir Platz.
    Ich schließe die Augen. Lasse mich solange einhüllen von Nikis Nähe und seinem Geruch, bis das Brennen hinter meinen Lidern nachlässt. Erst dann öffne ich sie wieder.
    Niki liegt neben mir, aufgestützt auf einen Arm, und beobachtet mich.
    Ich ertrinke ein bisschen in seinen blauen Augen, dann strecke ich die Hand aus und berühre seine Unterlippe. Den Ring drum herum. »Stört das nicht?«
    »Man gewöhnt sich dran.«
    »Beim Küssen, meine ich. Stört das?«
    Als Antwort beugt sich Niki über mich und gibt mir einen Kuss. Ganz zart, eher wie ein Hauch auf meinen Lippen. Ich kann den Ring kaum spüren.
    »Nikolaos. Ein schöner Name«, sage ich, als er sich wieder aufrichtet.
    »Nicht wirklich.« Niki verzieht das Gesicht. »Glaub mir, du möchtest in der Grundschule nicht nach dem Nikolaus heißen. Nur mein Vater nennt mich so.«
    »Und deine Mutter?«
    »Die nicht.« Etwas in seiner Stimme lässt mich aufhorchen. Niki bemerkt es sofort. »Nein, nein, nicht, was du denkst. Sie ist weggegangen, hat sich scheiden lassen. Das Übliche.«
    Das Übliche?
    »Hat jemanden kennengelernt, lebt mit ihm inzwischen unten in Süddeutschland. War natürlich hart für mich als Kind, aber die ganze griechische Sippschaft hat sich um mich gekümmert. Ich hatte jede Menge Ferien in Griechenland.«
    »Kannst du denn Griechisch?«
    »Ich verstehe das meiste. Meine Verwandtschaft redet griechisch mit mir. Sprechen kann ich es nicht. Und lesen erst recht nicht.«
    »Hast du viele Verwandte?«
    »Julia. Was ist los?«
    Ich bin so neugierig auf ihn. Ich will gerade jetzt, sofort, alles über ihn wissen. Weil ich dann nicht nachdenken muss. »Nichts, es ist nichts los, wirklich. Morgen ist die Beerdigung.« Ich stocke. Diese Beerdigung musste schon für so vieles herhalten. Ich bin es leid. »Und Justin kommt.«
    »Justin?« Niki runzelt die Stirn. »Das ist dein Stiefbruder, nicht wahr?«
    »Ja, mein Stiefbruder. Die mieseste Ratte unter der Sonne.« Ich richte mich auf, setze mich auf die Bettkante, damit ich ihn nicht ansehen muss. Stattdessen starre ich auf den Stuhl, Nikis Klamotten auf der Erde. »Justin hat sich an mich rangeschmissen, damals. Er war älter, sah gut aus, und ich dachte, ich wäre verliebt. Ich war vierzehn. Vierzehn.« Mir wird schlecht. »Nach einem Kinobesuch, der Nachmittagsvorstellung, hat er mich geküsst, und danach hat er mir erzählt, dass er mein Stiefbruder ist.« Ich spüre, dass auch Niki sich hingesetzt hat. Er sagt nichts, und dafür bin ich dankbar. »Als ich ihm nicht geglaubt habe, hat er mich gepackt, ins Auto gesetzt und ist zu sich nach Hause gefahren. Den Rest kennst du.« Ich wollte das nie jemandem erzählen, niemandem, habe so lange nicht mehr daran gedacht. Aber seit gestern ist es anders. Seit gestern, seit der Sache mit Felix ist es wieder da. Als hätte es nur darauf gelauert, freigelassen zu werden.
    Eine Weile lang bleibt es ruhig zwischen uns.
    »Dann brauchen wir einen Plan«, sagt Niki in meinem Rücken.
    »Was?« Ich drehe mich zu ihm um.
    Er sieht so wütend aus, so wütend. Es tut unheimlich gut, wenn jemand für einen selbst das empfinden kann. »Wir brauchen einen Plan«, wiederholt er langsamer. »Um dich zu schützen. Wir

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