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Zwischen Ewig und Jetzt

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Titel: Zwischen Ewig und Jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lucas
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der Beweis. Trotzdem versuche ich, gerade zu gehen. Mir keine Blöße zu geben. Mein Schuhzimmer ist so weit weg, es könnte sich auch auf dem Mond befinden.
    Lächelnd richtet Justin sich auf, als wir auf ihn zugehen. Kurz muss ich an Anni denken (»kannst du ihn mir nicht vorstellen«), und nein, das würde ich meiner größten Feindin nicht antun. Das dürfte sich eigentlich niemand antun müssen.
    Wir sind fast bei ihm, als ich noch jemanden aus dem Augenwinkel wahrnehme, und eine Welle der Erleichterung durchströmt mich: Da ist er, da ist Niki!
    Er stürzt sich fast auf mich, zieht mich einen Schritt zurück. »Ihr seid ja früh dran.« Dann umarmt er mich, flüstert mir »tapfer bleiben« ins Ohr. Er lässt mich los und wendet sich strahlend an meine Mutter, Klaus und Justin, die ihn verblüfft anstarren. »Morgen«, sagt er. Niki trägt ein schwarzes Jackett zu schwarzen Jeans, dazu ein dunkles T-Shirt, von dem allerdings noch das oberste Drittel einer weißen Schrift zu sehen ist. In dem ganzen Schwarz funkelt das Blau seiner Augen um die Wette mit dem Ring an seinem Mund. Alles in allem ist er atemberaubend.
    Das findet wohl auch meine Mutter. »Sind Sie … ich meine … Ist das dein Freund, Julia?«
    Ich kann nur schwach nicken.
    »Oh, schön. Ich bin Julias Mutter.« Sie schüttelt ihm die Hand. »Das ist Klaus Richter, ein Freund, und das ist … ist …«
    »Justin. Ihr Halbbruder«, sagt Justin und lächelt haifischartig.
    Niki ignoriert seine ausgestreckte Hand. »Ja, ich weiß«, sagt er. Er legt seinen Arm um mich.
    Die beiden starren sich so lange an, dass meine Mutter es nicht mehr aushält. »Schön, dass wir uns endlich einmal kennenlernen. Ich habe ja schon viel von Ihnen gehört. Und nett, dass Sie extra die Schule schwänzen. Für so was. Naja, zum Schuleschwänzen gibt es wahrscheinlich bessere Gründe, meine ich. Nett also, dass Sie gekommen sind«, plappert sie drauflos.
    »Sie können ruhig du sagen«, sagt Niki ruhig.
    »O ja, das ist nett, Felix.«
    Erst jetzt wird mir das Missverständnis klar. Ich will gerade den Mund aufmachen, um zu widersprechen, als Justin mit schneidender Stimme sagt: »Sie sind also Julias Freund.«
    Mein Mund klappt zu. Ja, er ist mein Freund, aber nein, er ist nicht Felix? Das kann ich wohl kaum auf die Schnelle erklären. Und wahrscheinlich nicht einmal, wenn ich mir eine Woche Zeit dafür nehmen würde.
    Niki sagt auch nichts, um mir vor Justin keine Blöße zu geben. Er nickt nur.
    »Felix. Soso«, sagt Justin. Erst dann wendet er sich mir zu. »Guten Morgen, Julia. Schön, dich wiederzusehen.«
    Ich nicke blass.
    Es wird eine Weile lang ruhig.
    »Wollen wir dann zur Kapelle gehen?«, fragt meine Mutter betont tapfer.
    Justin macht eine einladende Geste und geht als Erster. Klaus bietet meiner Mutter den Arm an, doch sie schüttelt fast unmerklich den Kopf. Mit etwas Abstand zwischen sich folgen sie Justin. Niki und ich kommen zuletzt. Er hat immer noch seinen Arm um mich gelegt. Der Kies unter unseren Schritten knirscht.
    »Tut mir leid«, flüstere ich Niki zu, »das mit dem Namen. Ich werde es ihr später erklären.«
    »Schon gut«, flüstert Niki zurück und verstärkt seinen Griff. Plötzlich bleibt er stehen. »Oh nein. Mist.«
    »Was denn?«
    Auch Justin, meine Mutter und Klaus haben inzwischen angehalten und sehen uns neugierig an.
    »Ich müsste noch kurz mit Julia reden«, sagt Niki mit seinem charmantesten Lächeln. »Wir kommen gleich nach.« Ohne eine Antwort abzuwarten, zieht er mich mit sich in den nächsten Gang und hinter einen Baum. Er sieht kurz nach, ob uns jemand gefolgt ist, dann wispert er: »Dein Opa.«
    »Opa? Jetzt?« Meine Augen werden groß.
    »Ja. Das Timing ist nicht das Beste.« Niki lauscht, so wie ich das schon einmal erlebt habe. Dann nickt er. »Dein Opa will dir Lebewohl sagen. Und dir sagen, dass ich ganz in Ordnung bin.« Niki lächelt. »Ja«, sagt er, und zwar nicht zu mir, »inzwischen glaubt sie es wahrscheinlich auch. Meistens, zumindest.«
    Ich starre ihn an, warte weiter ab.
    »Dein Opa hat nichts über den ›wahren Anwalt‹ herausgefunden, jetzt ist es also wieder der wahre, okay. Ja, schon gut, ich höre zu. Dein Opa weiß jetzt aber sicher, dass dein Vater vor seinem Tod vorhatte, sich von Justins Mutter zu trennen, weil er zu euch gehört.«
    Ich bin viel zu gebannt, um jetzt zu heulen, obwohl mir ein dicker Kloß im Hals sitzt. »Wie kann er das so genau wissen?«
    »Dafür ist jetzt keine Zeit, sagt

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