Zwischen jetzt und immer
sie wollte die Leute davon überzeugen, dass
sie
die Richtige war, die das Traumhaus bauen und gestalten konnte. Und die beste Methode, um das zu erreichen, bestand ihrer Ansicht nach darin, ihr eigenes Haus vorzuführen und ein bisschen damit anzugeben. Tatsächlich war das ein guter Verkaufstrick, auch wenn es bedeutete, dass häufig wildfremde Menschen durch unser Haus stiefelten, zumindest im unteren Stockwerk.
»Kannst du bitte nachschauen, ob der Caterer alles hat, was er braucht?«, sagte sie. »Das wäre nett. Und falls du den Eindruck hast, uns gehen die Broschüren aus, hole doch bitte noch einen Karton aus der Garage.« Sie unterbrach sich für einen Moment, um ein Paar anzulächeln, das gerade den breiten Flur durchquerte. »Ach ja, und wenn irgendwer so aussieht, als würde er die Toilette suchen . . .«
». . . zeige ich ihm, wo sie ist, und zwar so freundlich und unauffällig wie möglich«, ergänzte ich ihren Satz. Diskrete Toilettenwegbeschreibungen waren meine Spezialität.
»Danke, lieb von dir«, meinte sie. Eine Frau in Sweatshirt und Sweatpants näherte sich über den Gartenweg. »Willkommen!«, rief meine Mutter und hielt die Haustür weit offen. »Mein Name ist Deborah Queen. Bitte kommen Sie herein, ich freue mich, dass Sie es einrichten konnten, vorbeizukommen.«
Natürlich hatte meine Mutter die Dame noch nie zuvor gesehen. Doch auch das gehörte zur Verkaufsstrategie: jeden so zu behandeln, als würde man sie oder ihn kennen.
»Ich liebe diese Gegend.« Die Frau trat ins Haus. »Und als ich sah, dass Sie in der Nähe ein paar neue Häuser bauen lassen, dachte ich, ich –«
»Darf ich Ihnen einen Grundriss zeigen? Ist Ihnen schon aufgefallen, dass zu jeder Wohneinheit zwei Garagen gehören? Viele Menschen machen sich überhaupt nicht bewusst, was für einen gewaltigen Unterschied eine beheizbare Garage bedeutet.«
Und mit diesen Worten hob meine Mutter ab. Jetzt war sie nicht mehr aufzuhalten. Schwer zu glauben, dass sie sich vor diesem liebenswürdigen Geplaudere mal gefürchtet hatte wie vor einer Wurzelbehandlung. Aber wenn man etwas tun musste, tat man es eben. Und wenn man Glück hatte, machte man es sogar gut.
Als meine Eltern sich kennen lernten, war mein Vater mit seiner Immobilienfirma,
Queen Homes
, schon ziemlich erfolgreich; dabei hatte er (gleich nach dem College) zunächst einmal als Einmannbetrieb angefangen und Teppichböden verlegt. Meine Mutter stellte er ein, als sie auch gerade frisch vom College kam. Sie hatte ihren Abschluss als Finanzbuchhalterin gemacht – der Bereich, in dem bei ihm totales Chaos herrschte. Bis
sie
auftauchte. Sie wühlte sich durch Rechnungen, Quittungen und anderen Papierkram (vieles existierte nur auf Servietten oder Streichholzbriefchen), löste eine brenzlige Situation mit dem Finanzamt (ein paar Jahre vorher hatte er mal »vergessen« seine Steuern zu bezahlen) und sorgte dafür, dass er wieder schwarze Zahlen schrieb. Zwischendurch und mittendrin verliebten sie sich ineinander. Als Geschäftspartner waren sie das perfekteTeam. Er: charmant, witzig, beliebt, ein Kumpel, mit dem man Pferde stehlen und Bier trinken konnte. Sie: vollkommen zufrieden damit, im Hintergrund Akten zu ordnen und den Gesamtüberblick zu behalten. Zusammen waren sie nicht mehr zu bremsen.
Das Viertel, in dem wir wohnen – Wildflower Ridge –, entstand aus einer Vision meiner Mutter heraus. Meine Eltern hatten vorher zwar durchaus schon Erfahrung als Bauunternehmer gesammelt, in Neubaugebieten ganze Straßenzüge geplant oder Reihenhäuser auf eigene Rechnung gebaut, bevor sie konkrete Käufer hatten. Doch Wildflower Ridge war viel umfassender, denn es beinhaltete die Planung eines ganzen Wohnviertels mit Reihenhäusern, Villen, Apartments, Geschäften, so dass ein in sich geschlossener, um eine Grünanlage gruppierter Komplex entstand. Rückkehr zum Wohnen in der Gemeinschaft hatte meine Mutter es genannt. Der Trend für die Zukunft.
Erst stieg mein Vater überhaupt nicht auf die Idee ein. Aber er wurde älter, sein Körper machte nicht mehr so mit, wie er wollte. Beim Wildflower-Ridge-Projekt konnte er Verantwortung übernehmen, sich zurücklehnen und andere den Hammer schwingen lassen. Deshalb sagte er schließlich Ja. Zwei Monate später wurde das Grundstück für das erste Haus planiert: unseres.
Meine Eltern arbeiteten Hand in Hand und ergänzten sich dabei großartig. Wenn sie sich mit potenziellen Kunden im Musterhaus trafen, zog
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