Zwischen jetzt und immer
perfekte Party wird.« Sie tupfte sich mit einem Tempo die Augen ab.
»Perfekt gibt’s nicht«, erwiderte ich.
Mit einem kläglichen Lächeln warf sie das Taschentuch in den Papierkorb. »Das Ganze ist eine Katastrophe.« Sie seufzte.
Ein paar Sekunden lang schwiegen wir beide.
»Ist doch gar nicht so schlecht«, meinte ich schließlich, weil mir wieder einfiel, was Delia vor vielen Wochen (als
Wish Catering
das erste Mal einen Empfang meiner Mutter mit Essen beliefert hatte) zu mir gesagt hatte. »Wenigstens wissen wir, woran wir sind. Ab jetzt kann es nur noch bergauf gehen.«
Meine Mutter wirkte nicht sonderlich überzeugt. Auch okay. Noch hatte sie dieses Prinzip nicht wirklich begriffen. Aber ich war zuversichtlich, dass ihr über kurz oder lang klar werden würde, was es bedeutete. Und falls nicht, hatte ich alle Zeit der Welt, um es ihr zu erklären – jetzt, da der Prozess zumindest begonnen hatte. Endlich.
Als wir ein paar Minuten später in die Küche traten, breitete Delia Krabbenpastetchen auf Backblechen aus. Nach einem einzigen Blick auf meine Mutter schickte sie sie nach oben, um zu duschen und tief durchzuatmen. Zumeiner Überraschung verschwand meine Mutter widerspruchslos, und zwar für volle zwanzig Minuten. Als sie mit noch leicht feuchten Haaren und frischen Klamotten wieder herunterkam, wirkte sie entspannter als seit langer, langer Zeit. Wenn sich die Dinge so zuspitzen, dass tatsächlich alles zusammenbricht, entsteht auch so etwas wie ein Gefühl von Erleichterung. Und diesen positiven Aspekt an der ganzen verfahrenen Situation schien meine Mutter tatsächlich langsam zu erkennen.
Caroline und ich sahen ihr entgegen, während sie die Treppe herunter auf uns zu kam. »Was hast du bloß zu ihr gesagt?«, fragte meine Schwester.
»Eigentlich nichts«, antwortete ich. Caroline warf mir einen leicht schrägen Seitenblick zu, aber in gewisser Weise entsprach meine Antwort exakt den Tatsachen: Ich hatte wirklich nicht viel gesagt. Zumindest fühlte es sich so an.
Als meine Mutter an ihr vorbeilief, hielt Kristy ihr das Tablett mit den Weingläsern hin. »Möchten Sie ein Glas?«
Meine Mutter hielt inne und setzte schon an, höflich abzulehnen, sog jedoch stattdessen tief die Luft ein und fragte: »Wonach riecht es hier so gut?«
»Fleischklopse«, antwortete ich. »Möchtest du vielleicht einen?«
Wieder erwartete ich, dass sie Nein sagen würde. Doch was tat sie? Nahm sich ein Glas, trank einen Schluck Wein und nickte mir zu. »Ja, ich hätte gern einen Fleischklops.«
Nun stand sie mit uns allen zusammen an dem großen Fenster nach vorn raus und beobachtete das Geschehen in den Autos vor unserem Haus. Eine Frage blieb für mich allerdings nach wie vor offen. Ich hatte sie mir so lange, wie ich es irgend aushielt, verkniffen, weil ich hoffte, dass sie sich von selbst auflösen oder irgendwer mir eher zufällig dieAntwort geben würde. Aber am Ende blieb mir nichts anderes übrig als mich direkt zu erkundigen. »Wo steckt eigentlich Wes?«, fragte ich niemanden im Besonderen und blickte dabei durchs Fenster auf die Wagen.
Ich spürte, dass Monica und Kristy einen Blick wechselten. Dann antwortete Kristy: »Er musste heute früh zur Küste fahren, um ein paar Skulpturen abzuliefern. Aber er meinte, er würde auf dem Rückweg vorbeischauen und einspringen, falls wir ihn brauchen.«
»Ach so«, sagte ich. »Alles klar.«
Ziemlich verlegene Pause. Wir blickten immer noch schweigend hinaus in den Regen. Doch dann begann jemand vor sich hin zu seufzen. Zunehmend lauter. Und sich zu räuspern. Mehrfach.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte Bert sich bei Kristy.
Sie nickte, stieß jedoch ein weiteres, sehr vernehmliches Räuspern aus. Als ich zu ihr hinüberblickte, merkte ich, dass sie mich unverwandt anstarrte.
»Was ist?«, fragte ich.
»Was ist?«, äffte sie mich nach. Sie war ganz offensichtlich einigermaßen sauer. »Was meinst du mit ›Was ist‹?«
»Ich weiß auch nicht . . . wo liegt das Problem?« Ich blickte sie verwirrt an.
Kristy verdrehte die Augen. Monica, die neben ihr stand, sagte: »Hör bloß auf.«
Auch Delia schüttelte warnend den Kopf. »Lass gut sein, Kristy, das ist weder der passende Zeitpunkt noch der richtige Ort.«
»Der passende Zeitpunkt für was?«, fragte Caroline.
»Für die wahre, große Liebe gibt es weder einen bestimmten, passenden Zeitpunkt noch einen richtigen Ort«, verkündete Kristy melodramatisch. »Sie passiert einfach,
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