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Zwischen Licht und Dunkel

Titel: Zwischen Licht und Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Spitzbart
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Rundfunk-Sendeanstalt Islands Ríkisútvarpið (RÚV) den Kopf herhalten: Eigenproduktionen werden gekürzt oder sogar ganz gestrichen. Außerdem soll weniger Filmmaterial aus dem Ausland eingekauft werden. Vor einer dicken Entlassungswelle blieben auch altgediente Fernsehgesichter nicht verschont. Zum 1. Mai 2010 wird die Ära der Fernsehansagerinnen zu Ende gehen. Seit dem allerersten Tag der Ausstrahlung 1966 hatten solche tagtäglich den Fernsehzuschauern die bevorstehenden Sendungen lächelnd angekündigt.
    Für den Normalbürger sind es viele Kleinigkeiten, die dazu beitragen sollen, die Staatskasse wieder zu füllen. So stellt zum Beispiel das Nationalkrankenhaus – beziehnungsweise der Staat – nicht länger die Windeln für Neugeborene. Sie müssen statt dessen von den frischgebackenen Eltern selbst mitgebracht werden. Kindergartenplätze wurden teurer. Die Zuckersteuer ließ die Preise für Luxuslebensmittel wie Softgetränke und Süßwaren weiter ansteigen. Kürzungen im Erziehungsgeld müssen hingenommen werden. Und zum 1. Januar 2010 wurde die ohnehin bereits rekordverdächtig hohe Mehrwertsteuer um 1 % auf saftige 25,5 % erhöht. Eine Stufensteuer verspricht dem Geringverdiener allerdings auch eine etwas verminderte Steuerlast.
    Doch seltsam … mitunter hat es wenigstens für den flüchtigen Beobachter den Anschein, dass alles genauso weiterläuft wie vor dem Tag „Null“. Es lässt sich nicht verleugnen, dass Cafes und Restaurants voll sind. Es wird geschlemmt und gelacht, auch auf das Glas Wein zum guten Essen verzichtet man nicht. Und das berühmt-berüchtigte Wochenend-Partyleben 3 geht offensichtlich ungebremst weiter. „Also, ich merke von der kreppa eigentlich fast nichts“, äußerte mein Stefan vor nicht allzulanger Zeit. Stimmt, wir drei kommen immer noch recht gut zurecht, ohne dass wir uns jedesmal Gedanken darüber machen müssen, wie wir den kommenden Monat finanziell überstehen. Aber wie gesagt, bei weitem nicht jeder Inselbewohner ist in dieser glücklichen Lage.
    Fest steht jedenfalls, dass das Leben weiter geht, wenn auch für viele auf deutlich bescheidenerem Niveau. Auch an der eingangs beschriebenen Konzert- und Kongresshalle wird wieder gebaut. Sogar getauft ist sie inzwischen: Als „ Harpa – Harfe“ wird sie hoffentlich ab 2011 dafür sorgen, dass aus Island irgendwann wieder fröhlichere Töne in die Welt hinaus klingen.
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    1     Halldór Gudmundsson: „Wir sind alle Isländer. Von Lust und Frust, in der Krise zu sein.“ btb-Verlag 2009.
    2     Siehe Kapitel „Arbeitswut“.
    3     Siehe Kapitel „Die Flaniermeile“.

Arbeitswut
    Ich lernte meine Isländer als echte Arbeitstiere kennen. Den wenigsten wird ein einziger Arbeitgeber genug sein. Hauptanstellung plus Nebenjob(s) ist die gängige Devise. Zum Beispiel tagsüber im Büro arbeiten und abends in einer Kneipe Bier zapfen. Oder von Montag bis Freitag Universitätsassistent sein und am Wochenende Reiseleiter. Eine andere Variante heißt Überstunden im Hauptjob. Nach Feierabend länger bleiben oder ganze Sonderschichten schieben. Ich wage sogar den Verdacht auszusprechen, dass viele Arbeitgeber bei der Personalplanung die Überstundenwilligkeit ihrer Arbeitnehmer geradezu einkalkulieren. Beide Seiten wissen nämlich ganz genau, dass es finanziell erst richtig interessant wird, wenn die Pflichtstunden bereits absolviert sind. Denn oft bringen Extras bessere Stundenlöhne als die reguläre Arbeitszeit. Und gleichzeitig spart der Arbeitgeber an fixen Personalkosten.
    Die Frauen der Nation machen dabei keine Ausnahme. Sie mischen auf dem Arbeitsmarkt fast genauso kräftig mit wie die Herren der Insel, viele von ihnen in Vollzeit. Familienarbeit freilich noch nicht mitgerechnet. Islands Weiblichkeit sei ohnehin ein Kapitel für sich, was Selbstbewusstsein, Eigenständigkeit und eigenen Kopf angeht, kam mir zu Ohren. Hineinreden ließen sie sich jedenfalls nicht so leicht. Kamen sie doch seit jeher alleine zurecht, während ihre Gatten zum Beispiel auf hoher See waren, wochen- oder gar monatelang. Da verwundert es nicht, dass es auch für die Islandfrau von heute eine Selbstverständlichkeit ist, auf eigenen Füßen zu stehen, auch finanziell. Der berufliche Erfolg beweist, dass sie davon etwas versteht. Mehr als eine Dame steht auch außerhalb der eigenen Familie an der Führungsspitze.
    Ein Beispiel für die isländische Arbeitswut gefällig? Mein Stefán – mit dem Hauptwirkungskreis

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