Zwischen Liebe und Begierde: Im Königreich der Oyesen (German Edition)
Bevor sie Nesean auf dem Triumphzug gesehen hatte, war Jasurea über seine Gefangennahme begeistert gewesen, so wie alle Oyesen. Doch dann, als sich ihre Blicke getroffen hatte, als seine blauen Augen ihr Herz höher schlagen ließen, war diese Begeisterung schnell verflogen und war nun Betrübnis gewichen.
Jasurea ließ ihre Armbrust sinken. Nichts zu machen, sie war nicht bei der Sache, sie schoss so schlecht, dass sie es auch gleich bleiben lassen konnte. Sie seufzte tief. Es war doch nicht möglich, oder? Es war doch nicht möglich, dass ihr Herz ausgerechnet dem einen Mann in diesem Land zugflogen war, der ihr verboten war. Jasurea schloss ergeben die Augen. Ihre Tante hatte bestimmt über fünfzig Männer zum Abendessen eingeladen, die sie als passable zukünftige Ehemänner für ihre Nichte erachtete. Jasurea hatte sie allesamt abgewiesen. Keiner der Männer, die bei ihr zu Hause zu Gast gewesen waren, hatte ihr Herz höher schlagen lassen. Keinem von ihnen war es gelungen, ihre Haut prickeln zu lassen oder gar ein sanftes Ziehen in ihrem Unterleib hervorzurufen. Warum gelang es ausgerechnet Nesean Iku, ein eigenartiges Flattern in ihrem Unterleib auszulösen? Nesean Iku, der ihr größter Feind sein müsste!
Jasurea war so in Gedanken versunken, dass sie das Hufgetrampel erst hörte, als es beinahe zu spät war. Hastig packte sie ihre Armbrust und sprang hinter den nächstbesten Busch.
Die Chance war groß, dass wer immer da angeritten kam, ihre Tante kannte, die sich in der Stadt einen Namen als Zahnärztin gemacht hatte. Jasurea wollte nicht, dass der Reiter ihre Tante auf das „ungewöhnliche Hobby“ ihrer Nichte ansprechen würde. Das würde nur Ärger geben.
Mit klopfendem Herzen duckte sich Jasurea in ihrem Versteck. Zwei Pferde tauchten in ihrem Blickfeld auf. Jasurea wartete darauf, dass die Pferde vorüberzogen, doch stattdessen kamen die beiden Tiere auf der Waldlichtung vor ihr zum Stehen. Oh, nein, bitte, nicht, flehte Jasurea im Stillen. Was wollten die Reiter hier? Jasurea blinzelte angestrengt durch die Büsche, doch alles was sie sehen konnte, waren zwei Pferde und vier Reitstiefel. Eine männliche Stimme erklang, dann weibliches Lachen. Kleider raschelten, als die beiden Reiter von ihren Pferden stiegen. Sie traten von den Tieren weg, direkt auf Jasurea zu.
Jasurea hielt den Atem an. Die beiden blieben direkt vor dem Busch stehen, hinter dem sie Zuflucht gesucht hatte. Der Busch war nicht sehr dicht. Jetzt, da die Reiter genau vor ihr standen, bot er ein optimales Guckloch. Jasurea blickte durch die kleinen Zweige und erstarrte, als sie erkannte, wer da vor ihr stand. Es war niemand anderes als die Königin! Die Königin höchstpersönlich. Ihren Begleiter kannte Jasurea nicht, doch eines stand fest: Es handelte sich nicht um den König. Den hätte sie sofort erkannt.
Was hatte die Königin an einem Tag wie heute im Wald verloren? Wieso nahm sie nicht an der Feier teil, die in der Stadt anlässlich der Gefangennahme des Prinzen gegeben wurde?
Pjuka, die Königin, legte die Arme um ihren Begleiter.
„Bist du sicher?“, hörte Jasurea den Mann fragen.
Die Königin lachte perlend auf. „Medesh. Wir haben gerade den Prinzen unserer Kriegsgegner gefangen genommen. Heute ist so etwas wie ein Nationalfeiertag. Niemand, der halbwegs bei Verstand ist, wird sich heute in den verdammten Wald verirren.“
Mit einer Ausnahme, dachte Jasurea zerknirscht.
Die Königin beugte sich vor, um Medesh zu küssen. Er schloss die Arme um sie, erwiderte ihren Kuss.
Steigt wieder auf eure Pferde und reitet weiter, flehte Jasurea stumm, doch weder die Königin noch Medesh konnten Jasureas Gedanken hören.
Statt Jasureas stummer Forderung nachzukommen, begannen die beiden, sich hastig auszuziehen. Jasurea schoss die Hitze ins Gesicht. Das durfte doch nicht wahr sein! Sie wollten doch nicht hier und jetzt…
Jasurea presste eine Hand vor den Mund, um ein gequältes Aufstöhnen zu unterdrücken. Pjuka und Medesh schienen genau das vorzuhaben, was sie befürchtet hatte. Jasurea versuchte, den Blick abzuwenden. Versuchte, sich zu zwingen, die Augen zu schließen. Doch es wollte ihr nicht gelingen. Ihre Neugier siegte. Sie hatte noch nie einen nackten Mann gesehen, geschweige denn, das Liebesspiel zwischen Mann und Frau beobachtet.
Pjuka und Medesh standen im Handumdrehen nackt auf der Waldlichtung. Jasureas Herz klopfte laut und erwartungsvoll. Sie konnte die Augen nicht von den beiden abwenden.
Die
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