Zwischen Liebe und Intrige
verschwende ich meine Zeit damit, mir Gedanken
über die unmöglichste, nervenaufreibendste Frau zu machen,
die mir je begegnet ist?
Erneut
griff er zum Handy. Raoul beantwortete seine Anrufe vermutlich
deshalb nicht, weil er Angst hatte, den Vorschuss zurückzahlen
zu müssen, den er ihm bereits überwiesen hatte. Er wusste,
dass er Francine jetzt kaufen musste oder – dank Kevin –
damit rechnen konnte, dass ihm der Vorstand das Vertrauen entzog. Es
war also dringend notwendig, mit Raoul zu sprechen. Und mit Sadie!
Stirnrunzelnd
ließ er das Handy sinken. Wenn er Raoul auf diesem Weg nicht
erreichte, dann konnte er nur noch eins tun. Entschlossenen Schrittes
ging er zum Schreibtisch und setzte sich mit seiner Sekretärin
in Verbindung.
"Buchen
Sie mir bitte einen Flug nach Nizza."
"Und
ein Hotelzimmer? Möchten Sie wieder in Mougins wohnen, oder …"
Mougins!
Leon zögerte. Dort hatten er und Sadie …
Ungläubig
las Sadie die E-Mail, die sie soeben erhalten hatte. Es war eine
Bitte – nein, keine Bitte, eine äußerst kühl
formulierte Aufforderung –, sie möge sich "zu einem
Gespräch zur Klärung bestehender Differenzen" in
Grasse einfinden.
Allein
der Gedanke, dass Leon diese Mail geschickt hatte, ließ ihr
Herz höher schlagen. Wenn schon eine E-Mail von ihm solche
Wirkung auf sie hatte, was stand ihr dann erst bei der Begegnung mit
ihm bevor?
Aus
Ängstlichkeit hätte sie die Nachricht am liebsten
ignoriert, doch ihr war klar, dass sie das nicht tun konnte. Während
sie noch unschlüssig auf den Bildschirm blickte, klingelte ihr
Telefon.
Als
sie abnahm, hörte sie Raouls aufgeregte Stimme. "Sadie, ich
muss dich unbedingt sprechen!"
"Ich
habe Leons E-Mail bekommen, Raoul, und falls du mich dazu überreden
willst, ihn zu treffen …"
Raoul
fiel ihr ins Wort. "Du musst mir helfen! Sonst verklagt mich
Leon und fordert den Vorschuss zurück, den ich von ihm bekommen
habe. Wenn er das tut, bin ich wirklich in Schwierigkeiten."
Also
hatte Raoul sie betrogen und die Unwahrheit über sie gesagt, wie
Sadie verbittert feststellte. Doch er war immer noch ihr Cousin, und
aus irgendeinem Grund fiel es ihr leichter, ihm zu vergeben als Leon.
Vielleicht, weil Leon sie tiefer verletzt hatte? Oder weil sie ihn so
viel mehr liebte?
Denk
nicht darüber nach, sagte sie sich.
"Raoul,
ich bleibe bei meiner Meinung", warnte sie ihren Cousin. "Ich
werde die Rechte an Myrrh nicht an Leon abtreten und auch kein
synthetisches Parfüm für ihn kreieren."
"Sadie,
er will nur über den Verkauf der Firma verhandeln, nichts
weiter", beruhigte Raoul sie. "Und wenn du dem Verkauf
nicht zustimmst, bringst du mich in echte Bedrängnis."
"Wenn
du mich noch einmal anlügst, Raoul …", begann Sadie
warnend, aber sie wusste, sie würde schwach werden, und ihr war
klar, dass Raoul es auch wusste.
Als
sie schließlich den Hörer auflegte, hatte sie zugestimmt,
nach Frankreich zu kommen.
"Was
fehlt dir?" erkundigte sich Mary mitfühlend, während
sich ihre Nichte Caroline, die bei ihr zu Besuch war, in Sadies
Werkstatt umsah. "Denkst du immer noch an Leon? Du bist noch
nicht darüber hinweggekommen, was zwischen euch passiert ist,
oder? Auch wenn du das Gegenteil behauptest."
Natürlich
hatte Sadie ihrer Freundin alles über Leon erzählt. Nahezu
alles jedenfalls! Sie war so aufgewühlt nach Pembroke
zurückgekehrt, dass sie nicht anders gekonnt hatte, als Mary ihr
Herz auszuschütten. Anschließend hatte sie sich fest
vorgenommen, so zu tun, als hätte sie Leon nie kennen gelernt.
Geschweige denn, sich in ihn verliebt! Doch wie Mary ganz richtig
bemerkt hatte, gelang es ihr einfach nicht, Leon zu vergessen.
"Es
spielt keine Rolle, wie ich mich fühle, Mary. Du weißt
doch, was er zu mir gesagt hat. Ihm geht es nur darum, dass ich
diesen künstlichen Duft für ihn mixe, und das werde ich
ganz bestimmt nicht tun! Niemals!" sagte sie nachdrücklich.
"Ich habe zugesagt, nach Frankreich zu kommen, aber nur Raoul
zuliebe. Wenn Leon glaubt, er könnte mich umstimmen …"
Mary
musterte sie nachdenklich.
"Versteh
mich nicht falsch, Sadie. Du bist meine Freundin, und ich möchte
dich weder verletzen noch beleidigen, aber nach allem, was du mir
über Leon erzählt hast, scheint ihr beide das perfekte Paar
zu sein. Und ihr seid beide gleich stur!"
Während
Sadie die Aussage ihrer Freundin schmollend zur Kenntnis nahm, fuhr
Mary unnachgiebig fort: "Liebe allein reicht nicht, weißt
du. Man muss auch bereit sein, die Meinung des
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