Zwischen Liebe und Intrige
nun schon,
Raoul zu erreichen – seit seiner Ankunft in Sydney, genauer
gesagt –, doch sowohl seine Anrufe als auch seine E-Mails
blieben unbeantwortet.
Von
den modernen Büros der Firma Stapinopolous aus konnte man den
ganzen Hafen überblicken, doch die faszinierende Aussicht ließ
Leon heute kalt.
"Haben
Sie einen Moment Zeit für mich, Leon?"
Er
vergaß, woran er gerade gedacht hatte, und musterte Kevin
Linton irritiert.
"Nicht,
wenn Sie alles noch einmal durchkauen wollen, was wir bereits zur
Genüge diskutiert haben, Kevin."
"Verdammt,
Leon! Sie verhalten sich mir gegenüber, als wären wir
Gegenspieler. Keinem liegt das Wohlergehen der Firma mehr am Herzen
als mir, das wissen Sie doch."
"Ich
weiß auch, dass Sie nahezu jede geplante Erweiterung zu
blockieren versuchen."
"Leon,
wir sind ein australischer Konzern, und ich finde, das sollten wir
auch bleiben. Was soll dieser Unsinn, uns nach Europa auszudehnen?
Ich verstehe das nicht."
"Die
Welt rückt zusammen, Kevin. Tausende von Produkten werden durchs
Fernsehen weltweit bekannt gemacht und entsprechend vermarktet, das
muss ich Ihnen nicht erst erklären. Wir sind am Markt etabliert,
aber wenn wir expandieren wollen …"
"Ich
weiß, was Sie meinen, aber ein heruntergewirtschaftetes
Parfümhaus zu übernehmen …" Kevin schüttelte
den Kopf. "Eine gravierende Fehleinschätzung, wenn Sie mich
fragen. Zumal das Geschäft immer noch nicht unter Dach und Fach
ist, und alles nur wegen dieser Frau."
"Das
Geschäft wird zu Stande kommen", sagte Leon angespannt.
"Und diese Frau, wie Sie sie nennen, ist …"
Leon verstummte. Diese Frau war seine Frau. Sie hatte sich so
tief in seine Gedanken und in sein Herz eingegraben, dass er ohne sie
nicht mehr existieren konnte.
"Nun, Sie riskieren Ihren guten Ruf, nicht ich. Aber ich bin auf
jeden Fall dagegen, dass wir viel Geld für eine Ablösesumme
ausgeben, wenn wir genauso gut für einen Bruchteil der Kosten
einen Chemiker anstellen könnten."
Irgendwie
gelang es Leon, ruhig zu bleiben. Er hatte Kevin erklärt, warum
sie Francine übernehmen würden, und war nicht in der
Stimmung, sich auf dessen Machtkämpfe einzulassen.
"Und
diese Frau, die uns so viel Ärger macht … Sie scheint ein
richtiges Biest zu sein, oder?"
"Sadie
ist kein Biest!" brauste Leon auf, der sich sofort berufen
fühlte, sie zu verteidigen.
Er
selbst war darüber nicht weniger überrascht als sein
Co-Direktor. Warum nahm er eine Frau in Schutz, die ihm so viel Ärger
machte? Weil er ein Narr war, deshalb! Oder weil er in seinem
tiefsten Innern wusste, dass sie keine zweite Miranda war? Wie auch
immer, alle Fakten sprachen gegen sie.
Nachdem
Kevin gegangen war, fragte sich Leon ärgerlich, warum er ständig
an Sadie drüben in Europa dachte, während es hier in Sydney
so viel Wichtigeres für ihn zu tun gab.
Weil
sie ihm einfach nicht aus dem Kopf ging. Anstatt sich auf die vor ihm
liegende Besprechung mit Mario Testare, dem neuen Modedesigner, und
die Konferenz in einer dem Unternehmen angeschlossenen
Lederwarenfirma vorzubereiten, kreisten seine Gedanken immer nur um
Sadie.
Früher
hätte er es nicht für möglich gehalten, dass er einmal
in eine solche Situation geraten könnte. Heirat, Kinder –
ja, beides wollte er, irgendwann einmal. Immerhin war er halber
Grieche. Doch sich zu verlieben und so intensive Gefühle zu
entwickeln wie jetzt bei Sadie, das hatte er nie vorgehabt.
Sadie!
Jetzt dachte er schon wieder an sie … Doch nur, weil sie ihm
mit ihrer Weigerung, den Vertrag zu unterschreiben, solche Probleme
bereitete, versuchte er sich einzureden.
Nein,
ihm fehlte nicht nur ihre Unterschrift auf dem Vertrag. Ihm fehlten
ihre warmen Lippen, ihr schöner Körper, ihre zärtlich
geflüsterten Worte …
Reiß
dich zusammen, befahl er sich. Was er unter allen Umständen
brauchte, war ihre Einwilligung, ein neues Parfüm zu kreieren.
Ein preiswertes, gut verkäufliches Parfüm. Und das musste
synthetisch hergestellt sein. Oder? Sadie hatte in ihrer hitzigen
Debatte angedeutet, sie würde den Kompromiss einer Mischung aus
synthetischen und naturreinen Duftstoffen akzeptieren.
Mit
einem so hohen Anteil teurer natürlicher Inhaltsstoffe, dass das
Parfüm für den Massenmarkt untauglich wäre, vermutete
Leon grimmig.
Oder
gab es eine Möglichkeit, so etwas zu einem vernünftigen
Preis herzustellen? Was, wenn er sich selbst und seinen Vorstand
davon überzeugen könnte? Vielleicht würde Sadie …
Warum,
dachte er ungeduldig,
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