Zwischen Mond und Versprechen
« Und er sagte. » Um acht. « Ich drückte auf die Düse und wurde prompt Opfer einer Ketchup-Fontäne.
Pietr reichte mir lächelnd eine Papierserviette.
Da fiel mir etwas ein. » Schlechte Idee. Sieht aus wie ein Date. Dad würde misstrauisch werden « , gab ich zu bedenken. Nein, Dad würde wahrscheinlich zum Killer mutieren, bei dem Verdacht, dass sich meine Freundschaft mit Pietr seit der Nacht, die ich in seinem Bett verbracht hatte, noch weiter intensiviert hatte.
Pietr schüttelte den Kopf. » Du kannst nicht alles haben, Jess. «
Unser nächster Austausch war beim Essigspender. » Es muss nachts sein und es könnte auch eine Weile dauern « , bekräftigte er.
Ich sah ihn mit gespieltem Entsetzen an. » Ich wusste, dass du ein Vampir bist. «
Er schnaubte. » Wenn das so einfach wäre. «
» Also eine Pyjamaparty « , tippte ich.
Nun war er an der Reihe, Entsetzen zu zeigen. » Kissenschlachten sind nicht mein Ding « , sagte er und zog ein Gesicht, als wollte er seine moralischen Grenzen festlegen.
Und so sponnen wir unser Lügennetz zusammen. An öffentlichen Gewürzspendern. Es war ganz einfach. Ich würde Dad erzählen, dass ich zu einer Lerngruppe bei Pietr gehen und direkt im Anschluss bei Sarah übernachten würde. Alexi und Pietr würden mich zu Hause abholen und wir würden gar nicht erst bei Sarah vorbeifahren. Und dann würden Pietr und ich die ganze Nacht zusammen sein– im Wald. Bei diesem Gedanken hämmerte mein Herz wie verrückt.
Es würde nicht einfach werden, von Dad die Erlaubnis zu bekommen, die ganze Nacht wegzubleiben, vor allem so kurz nachdem er mich erwischt hatte. Aber es musste funktionieren. Ich musste endlich wissen, welche absonderliche Wahrheit sich hinter Pietrs unheimlichen Fähigkeiten verbarg.
Bis dahin blieb mir nur zu hoffen, dass unser simples Lügengespinst so einfach war, dass man es uns abnahm.
Am Abend rief Pietr an. Erst half er mir, endlich ein Skype-Konto einzurichten, dann sprach er mit mir noch einmal die Verabredung für seinen Geburtstag durch. Doch mittendrin stürmte Alexi in sein Zimmer.
» Was hast du vor, Pietr Andreiovich Rusakova? « hörte ich ihn schimpfen.
» Ich muss Schluss machen « , sagte Pietr.
» Pietr, warte– haben wir alles… «
Das Handy war stumm. Pietr hatte aufgelegt.
Ich hielt es trotzdem noch eine Weile an mein Ohr. Alexi hatte sich so wütend angehört. Obwohl Pietrs Eltern gestorben waren und die Auswahl an Vormündern äußerst eingeschränkt war, fand ich, dass Alexi kaum besser war als gewöhnliche Pflegeeltern.
Ich drückte die Wahlwiederholung.
Besetzt.
Verdammt. Was war da los? Da fiel mir die Skype-Verbindung ein. Mein Computer war in den Bildschirmschonermodus gefallen, während wir miteinander telefoniert und es uns in unseren jeweiligen Zimmern gemütlich gemacht hatten. Aber wenn Skype noch an war, konnte ich vielleicht etwas durch Pietrs Webcam sehen und hören. Ich musste nur aufpassen, dass er mich nicht sah.
Ich hechtete also zu meinem PC und stöpselte den Kopfhörer ein. Die Verbindung war noch intakt. Ich drückte ein paar Tasten und setzte mich so hin, dass ich etwas sehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Pietr und Alexi stritten sich immer noch. Pietr saß auf seinem Bett, während Alexi vor ihm auf und ab tigerte.
Ich presste mir die Hand an den Mund. Auf keinen Fall durfte ich mich einmischen, ich war nur Zuschauerin…
» Das geht dich überhaupt nichts an, Sasha. « Pietr klang beleidigt, aber hinter seinem mürrischen Gesichtsausdruck verbargen sich überkochende Gefühle.
» Alles, was hier geschieht, geht mich an, Welpe « , erwiderte Alexi höhnisch grinsend und beugte sich über Pietr. » Die Familie ist alles, was wir haben. Dieses Mädchen « – er zeigte auf das abgelegte Telefon– » weiß bereits viel zu viel. «
» Dieses Mädchen « , konterte Pietr, » ist sehr wichtig für mich. Für uns alle. Frag Catherine. «
Alexi schnaubte. » Nur weil Tsarina Ekaterina etwas in ein paar Teeblättern gelesen hat, soll diese Fremde uns alle in Gefahr bringen? «
» Ich würde dafür sorgen, dass diese Fremde– für dich immer noch Jessie– mich versteht. «
» Scheiße, Pietr! « , zischte Alexi. » So geht das nicht. Hast du vergessen, wer wir sind? «
» Was wir sind « , berichtigte Pietr mit stechenden Augen.
» Egal! « Alexi warf seine Arme hoch, sein Gesicht wurde mindestens drei Schattierungen dunkler. » Sie weiß zu viel! Sie kommt dir zu nahe. « Er
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