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Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
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als mir klar wurde, dass ich nicht nur meine, sondern auch Pietrs Unschuld beteuerte– und ihnen sagte, dass es völlig in Ordnung sei, wenn er mit ihrer Tochter ginge.
    Ich hätte sagen können: » Ich habe so einen Verdacht. « Auch wenn sich der Verdacht nicht auf Drogen bezog. Außerdem beschrieb Verdacht nicht die merkwürdigen Dinge, die ich bei Pietr beobachtet hatte. Das Wort Verdacht klang zu negativ. Ich vertraute Pietr wirklich, aber selbst das verstand ich nicht ganz.
    Wegen des Stadtfests hatten wir früher Schulschluss und ich keine Ahnung, wie es ablaufen würde. Tatsächlich geschah etwas, womit ich am wenigsten gerechnet hatte. Dad verkündete, es sei für Annabelle Lees soziale Entwicklung wichtig, an dem Fest teilzunehmen. Nur musste er leider Überstunden machen. Weshalb Annabelle Lees angemessene soziale Entwicklung mir aufgebürdet wurde. Ich wusste genau, warum Dad das wollte… sie sollte ihn als Anstandsdame vertreten.
    Beim Hinausgehen passte Annabelle Lee mich ab, um mit mir auf den Festplatz zu gehen. Ab und zu blieb sie stehen, um ein paar Sätze in ihrer Taschenbuchausgabe von Krieg und Frieden zu lesen, deshalb kamen wir nur sehr langsam voran. Als wir endlich zum Festplatz kamen, standen meine Freundinnen alle schon um den Stand der Abschlussklasse herum. Bunte Palmen, senfgelber Strand und ein türkis schimmernder Ozean mit Glitzerkleber zierten den altersschwachen Imbissstand. Das Strand-Motto stand in krassem Widerspruch zu der übrigen Stadtfestdeko, die der Jahreszeit entsprechend zurückhaltend war. Ein Herbstwind kam auf, und ich dachte, dass die Senior-Schüler nicht nur übertrieben optimistisch waren, sondern auch ziemlich gelangweilt wirkten.
    » Hey « , begrüßte ich die anderen.
    » Hey « , plapperte Annabelle Lee mir nach. Fast perfekt. Sie schielte wieder in ihr Buch.
    Sarah reichte mir einen Becher heißen Früchtepunsch– die erste nette Geste von ihr, seitdem Pietr mir seinen Pulli geliehen hatte.
    » Danke. « Ich nahm einen Schluck und drehte mich langsam um, um einen Blick auf das Fest und die brodelnde Menschenmenge zu werfen. Der Geruch von frisch gebratenen Pommes und Essig vermischte sich mit dem Geruch von Hamburgern und Hot Dogs. Am Fuß des Abhangs, hinter der Hauptbühne, befanden sich die Fahrgeschäfte mit ihren blinkenden, bunten Lichterketten. Dann und wann drangen die schrillen Schreie der Fahrer zu uns herüber. Zwischen den einzelnen Fahrgeschäften schlängelten sich Kabel und Verlängerungsschnüre. Ja, unser Stand wirkte selbst im Vergleich zu den Fahrgeschäften billig.
    » Was geht so? « , fragte ich.
    Sarah lächelte Pietr an und stopfte energisch ihre neueste Lektüre in die Handtasche. Huch. Der Fänger im Roggen. » Wie wär’s mit dem Riesenrad? « , schlug sie vor. » Von dort aus können wir den ganzen Rummel überblicken und dann entscheiden, was wir danach machen wollen. «
    Amy stand hinter den beiden. Sie sah erst Sarah und dann mich an und verdrehte die Augen.
    Annabelle Lee unterdrückte ein Kichern.
    Wir kauften unsere Tickets und gingen den Kiesweg entlang, an der Ausstellung für Inneneinrichtungen und der John Deere -Traktoren-Schau vorbei. Als wir uns den Fahrgeschäften näherten, wurden die Essensgerüche von Tier- und Mistgerüchen überdeckt. Ja, was gab es Schöneres als ein Kleinstadtfest?
    Sarah packte Pietr am Arm, hüpfte die Rampe zum Riesenrad hinauf und verfrachtete ihn neben sich auf einen Sitz. Kaum hatten sie sich gesetzt, quetschte sich Annabelle Lee zwischen sie, hielt sich ihr Buch vor die Nase und sah aus wie eine waschechte Anstandsdame.
    Ich übersah beinahe, dass sie grinste. » Annabelle Lee… « , schimpfte ich, aber Pietr lachte nur, zog ihr das schief sitzende Hütchen vom Kopf, wuschelte ihr über die Haare und setzte ihr das Hütchen wieder auf. Als der Sicherheitsbügel vor dem Trio einrastete, sahen die beiden Mädchen nicht sehr zufrieden aus.
    Pietr zwinkerte mir zu.
    Ich fuhr mit Amy. Sie fragte: » Ist Sarah jetzt völlig auf hundertachtzig? «
    » Was? «
    » Sarah « , flüsterte sie und sah argwöhnisch zur anderen Gondel hinüber. » Ist sie durchgedreht? Übergeschnappt? Geplatzt vor Wut? Ist bei ihr eine Sicherung durchgeknallt? Ist sie verrückt geworden? Aus der Anstalt entsprungen? Hat sie noch alle Tassen im Schrank? Also, ist sie verrückt geworden? «
    » Amy! « Ich hätte über ihr Wortgewitter beinahe lachen müssen, wenn das Thema nicht so ernst gewesen wäre.
    » Nein.

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