Zwischen Mond und Versprechen
wissen sie, wie man ein ordentliches Drama inszeniert, vor allem, wenn es um den Preis einer gebrochenen Nase geht. Es gibt also folgende Optionen… «
Sie sah mir gerade ins Gesicht, musterte meine Augen. » Du bist nicht besonders groß– sie hätten sich leicht wehren können. « Sie tippte sich an ihr Kinn. » Ich schätze, du willst nicht auf unzurechnungsfähig plädieren… «
Ich kaute auf meiner Unterlippe.
» Nein, das würde ich mir auch für etwas richtig Gutes aufsparen « , stimmte sie zu. » Hast du etwas dagegen, gemeinnützige Arbeit zu leisten? «
» Nein « , flüsterte ich.
» Gut. Mal sehen, wie wir das hinkriegen. Aber wenn ich schon zu deiner Rettung einspringe, will ich eine handfeste Lösung bieten können. « Sie tätschelte wieder mein Knie. » Keine Sorge, Jessie. Du bist in guten Händen. «
Sie beugte sich näher zu mir. » Ich freue mich nämlich riesig, dass ich hier bin « , gestand sie flüsternd. In ihren braunen Augen glitzerten goldene Pünktchen. » Ich habe nur darauf gewartet, dass die beiden Schätzchen eine ordentliche Abreibung bekommen. « Dann setzte sie sich kerzengerade hin, die Hände im Schoß gefaltet, als hätte sie nie etwas gesagt.
Dann richtete sie ihren Blick wieder fest auf mich. » Nur der Ordnung halber… «
Ich seufzte. » Ja? «
» Du kommst dir im Moment nicht zufällig ein bisschen– überspannt vor?! «
Ich sah sie unverwandt an und wartete.
» Ich meine, du hast etwas wirklich Dramatisches getan. Hast du– sonst irgendwann– den Wunsch verspürt, jemandem wehzutun? «
» Was? Nein! Ich wollte ihnen gar nicht wehtun. Ich wollte nur meinen Zettel wiederhaben. «
» Hm. «
» Hm was? «
» Einfach hm. Hast du in letzter Zeit angefangen, deine Besitztümer zu verschenken? CD s, Lieblingsklamotten, Bücher… «
» Nein. «
» Dich von deinen Freunden zurückgezogen? «
» Nein. «
» Das Bedürfnis verspürt, dich selbst zu verletzen? « , fragte sie so beiläufig, als ob sie mich fragen würde, ob ich lieber Cola oder Pepsi mag.
» Nein! Ich bin keine Selbstmordkandidatin « , presste ich hervor.
» Okay, okay. « Sie hob beschwichtigend die Hände. » Ich muss diese Fragen stellen. «
» Schon gut. «
» Nebenbei bemerkt… «
» Was? «
» Du solltest auf Nummer sicher gehen, dass Maloy dir das auch glaubt. « Sie klappte die oberste Akte wieder auf.
8
M ein Schulfoto starrte mir entgegen, eingerahmt von meinen persönlichen Daten. » Aha? «
» Rote Büroklammer. «
» Aha? « , fragte ich noch einmal.
» Ich habe mit Maloy vor Jahren zusammengearbeitet. « Harnek verdrehte die Augen. » Er benutzt eine Art Code, damit er auf einen Blick weiß, worum es geht « , sie klappte den Ordner zu und drehte ihn so, dass ich ihn von oben betrachten konnte, » ohne alles im Einzelnen aufschreiben zu müssen. «
» Und da er nicht alles aufgeschrieben hat, was während seines Dienstes passiert, muss er nur die Büroklammer entfernen und behaupten, er wisse von nichts « , mutmaßte ich.
» Nein! Natürlich nicht « , entgegnete sie empört. » Man mag von Maloy halten, was man will, aber er richtet sich immer nach seinem Gefühl. Auch wenn es noch so verrückt erscheint. «
» Ich weiß. «
Die Stimme des Konrektors knatterte durch die Sprechanlage. » Bitte schicken Sie Mrs Harnek und Miss Gillmansen herein. «
Ich ließ sie vorangehen, ganz darauf bedacht, ein gefasstes Gesicht zu machen. Ich hoffte inständig, dass man meinen Dad noch nicht angerufen hatte. Der Troststein lief unter meiner hektischen Berührung warm an.
Perlson setzte sich, als wir eintraten. Coach Mac nickte uns von seinem Platz aus zu. Er blätterte in einer alten Sportzeitschrift, die Füße gegen Perlsons Schreibtisch gestützt.
» Hallo, Coach « , grüßte Harnek und lachte, als dieser seine Füße schnell auf den Boden stellte und die Zeitschrift fallen ließ.
» Nancy! Musstest den Sumpf der Mittelstufe verlassen, um uns zu helfen? «
Perlson verfolgte das Wortgeplänkel mit skeptischen Blicken.
» Nur ein Gastspiel, Coach « , erwiderte Harnek gut gelaunt. » Setz dich, Jessie. « Sie warf Perlson ein strahlendes Lächeln zu, das er mit einem breiten Grinsen erwiderte.
» Ihr Ruf eilt Ihnen voraus, Mrs Harnek « , sagte Perlson freundlich.
» Das ist aber eine reizende Art, Ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen, Mr Perlson « , erwiderte sie lachend und setzte sich neben mich. » Wollen wir auf den Punkt kommen, meine Herren? «
» Mit
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