Zwischen Mond und Versprechen
seiner Ex wiedervereinte, hatte gemerkt, dass ich den neuen Jungen mochte, dass ich ihn aber nicht haben konnte, weil Sarah in ihn verliebt war, war von meinem Schwarm geküsst und von seiner Freundin beinahe umgebracht worden…
Ich seufzte, legte die Hand auf den Türknauf und steckte den Schlüssel in das Schloss. Musste ich mir wirklich auch noch mitansehen, wie sich die anderen auf dem Ball amüsierten?
Ächzend drehte ich am Knauf und stieß die Haustür auf. Aus der Küche schallte Musik.
» Dad? « , rief ich.
» C’est moi « , antwortete Annabelle Lee.
Ich ging zu ihr in die Frühstücksecke. » Was hörst du da? « , fragte ich und angelte mir die CD -Hülle, die auf dem Tisch lag. Sie hatte sich Dads sogenannte » Wummerbox « geholt. Einmal hatte ich aus Spaß gesagt, die Box würde höchstens wummern, wenn sie in die Luft ginge. Er hatte das gar nicht witzig gefunden. Aber Mom hatte schrecklich gelacht.
» Achtzigerjahre-Rock « , sagte Annabelle Lee, ohne von ihrer zerlesenen Ausgabe von Stolz und Vorurteil aufzusehen. » Dad stellt eine CD für deinen Homecoming-Ball zusammen… «
» Was? « , rief ich alarmiert.
» Anscheinend ist der DJ krank geworden oder verschwunden oder so « , erklärte sie gleichgültig.
» Aber warum Dad? « Ich rümpfte meine Nase bei dieser Frage.
» Unser Vater hat die größte Sammlung von Achtzigerjahre-Platten in der ganzen Stadt. «
» Na toll, dafür ist er also berühmt. « Ich klopfte auf die CD -Hülle. Queen. Ich überflog die Titelliste. » Who wants to live forever « und » It’s a Kind of Magic « . Das sollten Songtitel sein? » Wollen sie die Leute etwa mit einem Achtzigerjahre-Motto zum Ball locken? «
» Das ist nicht irgendein Ball. Das ist der Homecoming-Ball. So ähnlich wie der Abschlussball– wenn ich das richtig verstanden habe. Es kommt nicht auf das Thema an, sondern auf den Anlass « , erörterte mir Annabelle Lee geduldig.
Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke. » Oh Gott… Dad wird doch hoffentlich nicht zum Ball kommen? «
Sie klappte ihr Buch zu und legte es zwischen uns auf den Tisch. » Sollte er? «
Ich kniff die Lippen zusammen und sah meine Schwester finster an. » Er wird dort nicht gebraucht, Annabelle Lee « , sagte ich und legte möglichst viel Drohung in meine Stimme.
» Wenn du Lee sagst, klingt das viel zu streng « , erwiderte sie patzig. » Wenn du aufhörst, Lee zu sagsen, dann verrate ich Dad auch nicht, dass heute Abend ein Junge nach dir gefragt hat. «
» Was? Annabelle L… « Ich unterbrach mich und schaltete in einen anderen Gang. » Bitte erzähl mir, wer heute Abend da war. «
Sie zog einen zusammengefalteten Zettel zwischen den Seiten ihres Buchs hervor. » Er hat gesagt, er heißt Pietr. Ich musste Hunter und Maggie in der Waschküche einschließen, weil sie sich total verrückt aufgeführt haben, während er da war. « Sie zögerte. » Jedenfalls hat er dir eine Hausaufgabe vorbeigebracht, die du heute anscheinend verpasst hast. « Sie schob mir den Zettel über den Tisch.
Mist.
» Wieso eigentlich? « , fragte sie. » Also, du warst in der Schule und hast trotzdem eine Stunde verpasst? «
» Was hat Pietr gesagt? «
» Er war sehr freundlich « , gestand sie. » Russe, oder? « Sie wartete die Antwort nicht ab. » Hoffentlich hat er nichts mit der russischen Mafia zu tun. Die Zeitungen sind voll davon. «
» Die Zeitungen? Seit wann…? « Zeitung lesen war nicht Annabelle Lees Ding. Sie betonte immer, dass es kein Zufall sein könnte, dass Zeitungen die am schnellsten entsorgte Form der Literatur seien.
» Ab und zu gibt es auch gute Artikel. Jedenfalls ist dieser Pietr echt süß « , sagte sie anerkennend. » Er hat so etwas Ungezähmtes, wie dieser Heathcliff. «
» Heathcliff– du meinst den Kater aus Dads alten Comics? «
Sie verdrehte ihre Augen. » Manchmal kannst du ganz schön blöd sein. « Sie seufzte.
» Hm. Das habe ich neulich schon mal gehört « , gab ich zu.
» Heathcliff aus Sturmhöhe « , erklärte sie.
» Ist das hier in der Nähe? « Manchmal machte es mir Spaß, die Dumme zu spielen. Annabelle Lee zu veräppeln, war eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Und, so schlau sie auch sein mochte, meistens fiel sie darauf herein.
» Argh! « Sie hob Stolz und Vorurteil hoch und schlug damit auf die Tischplatte. » Sturmhöhe, der Roman– von Emily Brontë. « Sie raufte sich verzweifelt die Haare. » Lest ihr in der Oberstufe keine Bücher? «
» Ach so,
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