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Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
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Gegengewicht zu den Utensilien an ihrem Gürtel. Deine Mutter muss das Herz eines Kriegers gehabt haben. « Er hielt meinen Blick wie mit einem Anker fest.
    Ich nickte. » Sie war ganz schön stark. « Viel stärker als mein erbärmliches Lächeln. » Mom meinte immer, es sei total die verrückte Geschichte gewesen, wie sie zu der Kette gekommen ist. Sie war mit ihren Eltern auf Coney Island im Urlaub. Einmal spazierte sie in einen winzigen Laden am Kai und sah die Kette. Sie fragte die Ladenbesitzerin– eine seltsame alte Dame– nach der Kette, merkte aber, dass sie ihr Geld im Hotel vergessen hatte. Doch die alte Frau bestand darauf, dass sie den Hasen mitnahm. « Ich erinnerte mich daran, wie verwirrt meine Mutter über die heftige Reaktion der Frau gewesen war, selbst noch Jahre danach. » Sie behauptete, die Kette gehöre zu Moms Familie und sie solle sie einfach mitnehmen. « Meine Mutter hatte diese Geschichte immer so liebevoll und mit viel Geduld erzählt, wenn ich sie gefragt hatte.
    » Mom nahm sie schließlich und ging schnell zurück, um ihre Eltern zu suchen. Sie wollte sich von ihnen Geld leihen, um die Frau zu bezahlen. Im Hotel wollte sie ihren Eltern das Geld dann zurückgeben. Aber als sie die Eltern schließlich gefunden hatte, war der Laden schon geschlossen. Und am nächsten Morgen fuhren sie zurück nach Hause, bevor er aufmachte. Mom schrieb sich die Adresse auf und schickte der Frau das Geld, aber der Brief kam mit dem Vermerk ›Empfänger unbekannt‹ zurück. Komisch, oder? « Ich lächelte und hoffte, dass niemand die Tränen bemerkte, die sich bei der Erinnerung an Mom und ihre Geschichten in meine Augen geschlichen hatten.
    Amy hakte sich bei mir unter. » Wie wär’s, wenn ihr uns einen Punsch besorgt? « , schlug sie Pietr und Sarah vor. Sie steuerte mich in eine ruhige Ecke des Saals, während die beiden den Wink verstanden und sich zurückzogen.
    » Hör mal « , sie packte mich an den Schultern und schüttelte mich, » es wird Zeit, dass du dich wieder in den Griff bekommst. Ich weiß, dass du die Hölle durchmachst. Kapiert. Du hast deine Mom verloren und dein Dad ist eigentlich nie da. Und dieses verrückte Huhn von Schwester… « Sie schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. » Wie ich sagte, die Hölle. Aber… «
    » Aber « , wiederholte ich.
    » Aber das bist nicht du– dieses weinerliche Mädchen. Kaum drehe ich dir den Rücken zu, machst du einen auf Märtyrerin. «
    » Wow– Märtyrerin? «
    » Ja. Ein ziemlich krasses Wort, mit dem ich hier um mich werfe. Danke Sarah « , spöttelte sie. » Aber es passt genau auf dich. Du siehst etwas, was du möchtest– Pietr–, und gibst es der Person, die dein Leben zerstört hat. «
    » Was meinst du… «
    » Nein, kein Was-meinst-du-damit! Sarah saß an diesem verdammten Abend am Steuer. Sie hat keinen Führerschein und hatte damals erst recht keinen. « Sie sah mich eindringlich an. » Ihre Vergnügungsfahrt hat deiner Mutter das Leben gekostet. «
    » Hör auf « , krächzte ich.
    » Was? Du willst das nicht hören? Nicht jetzt? Nicht hier? Scheiße, Jessie! Wach auf! Sie hat deine Mom getötet und was machst du? Du sitzt bei ihr im Krankenhaus und fütterst sie. Du bist so versessen darauf, ihr zu verzeihen, dass du vergisst, dir selbst zu verzeihen. «
    Ich hielt mir die Ohren zu. Amy drückte mich in die Ecke und zog meine Hände herunter.
    » Sie hatte niemanden außer mir « , wehrte ich mich. » Ihre Eltern hatten doch keine Ahnung, und ihre sogenannten Freundinnen waren die Ersten, die sie abserviert haben. Als ich damals ins Krankenhaus kam, wollte ich ihr keinesfalls helfen, das kannst du mir glauben. Aber es war die einmalige Gelegenheit… ihr eine neue Chance zu geben… «
    » Gelegenheit? Scheiße! Du willst es immer noch nicht wahrhaben! Sarah hat deine Mutter getötet, und du hast ihr geholfen, wieder gehen zu lernen. Sie hat deine Mutter getötet, und du hast ihr vorgelesen, damit sie den Anschluss in der Schule nicht verpasst. Sie hat deine Mutter getötet… «
    » Verdammt! « , fuhr ich sie an, froh, dass die Musik meinen plötzlichen Ausbruch übertönte. » Denkst du, das weiß ich nicht? « Tränen strömten über meine Wangen und das Kinn. » Ich war dabei, hast du das schon vergessen? Mom wollte mich abholen und… und… « Meine Füße gaben plötzlich nach und ich sackte in der Ecke zusammen. Amy ging sofort in die Hocke, um mich vor den neugierigen Blicken der Partygäste zu schützen.

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