Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars
Psyche glitzernd auftauchten: dass ein Sodbrennen der Vorbote eines Herzanfalls war, Kopfschmerzen einen Tumor bedeuteten und Petras Sonntagnachmittagsanruf deshalb ausgeblieben war, weil sie einen Verkehrsunfall gehabt hatte und in irgendeinem Krankenhaus im Koma lag. Aber solche Wahnvorstellungen kamen gewöhnlich um vier Uhr morgens,
wenn man sich schlaflos im Bett wälzte. Nicht um acht Uhr abends … und wo war dieses verdammte Gummiband?
Sie fand es schließlich hinter dem Karton mit den Katalogen, die sie sich nie mehr ansehen wollte. Darcy steckte es ein, wollte aufstehen, um ein anderes zu suchen, hatte vergessen, wo sie war, und schlug sich den Kopf an der Unterseite der Werkbank an. Sie begann zu weinen.
In keiner der Werkbankschubladen fanden sich Gummibänder, und das ließ sie noch heftiger weinen. Sie hastete mit den schrecklichen, unerklärlichen Ausweiskarten in der Tasche ihres Hausmantels durch den Verbindungsgang zurück und holte ein Gummiband aus der Küchenschublade, in der sie allen möglichen halb nützlichen Scheiß aufbewahrte: Büroklammern, Bindedraht, Kühlschrankmagnete, die den größten Teil ihrer Magnetkraft verloren hatten: Einer davon, auf dem DARCY IST DER CHEF stand, war einmal eine zusätzliche Kleinigkeit von Bob zu Weihnachten gewesen.
Das Signallämpchen des Telefons auf der Arbeitsplatte blinkte stetig, um Nachricht, Nachricht, Nachricht zu melden.
Sie lief in die Garage zurück, ohne diesmal die Aufschläge des Hausmantels zuzuhalten. Die äußere Kälte spürte sie nicht mehr, weil die innere größer war. Dazu kam die Bleikugel, die ihre Eingeweide nach unten zog. Sie in die Länge zog. Darcy war sich vage bewusst, dass sie auf die Toilette musste, sogar dringend.
Nicht jetzt! Reiß dich zusammen. Stell dir vor, du wärst auf der Turnpike und hättest noch zwanzig Meilen bis zur nächsten Raststätte. Sieh zu, dass du fertig wirst. Lass alles so zurück, wie es war. Dann kannst du …
Dann konnte sie was? Alles vergessen?
Nicht sehr wahrscheinlich.
Sie schlang das Gummiband um die Ausweiskarten, merkte, dass der Führerschein irgendwie wieder obenauf gelangt war, und schalt sich eine blöde Schlampe … ein beleidigender Ausdruck, für den sie Bob geohrfeigt hätte, wenn er jemals versucht hätte, ihn ihr anzuhängen. Aber das hatte er natürlich nie getan.
»Eine blöde Schlampe, aber keine Bondage-Schlampe«, murmelte sie, und dann durchzuckte ein Krampf ihren Bauch. Sie sank auf die Knie und erstarrte in dieser Haltung, während sie darauf wartete, dass er abklang. Hätte es hier eine Toilette gegeben, wäre sie hingeflitzt, aber es gab keine. Als der Krampf nachließ - widerstrebend -, ordnete sie die Karten in der wahrscheinlich richtigen Reihenfolge an (Blutspender, Bibliothek, Führerschein) und legte sie dann in das Kästchen für MANSCHETTENKNÖPFE zurück. Kassette wieder in das Versteck. Drehbarer Fußleistenabschnitt fest angedrückt. Karton mit Katalogen dorthin zurück, wo sie über ihn gestolpert war: ein bisschen unter der Werkbank hervorstehend. Bob würde nie etwas merken.
Aber konnte sie sich dessen sicher sein? Wenn er war, was sie dachte - ungeheuerlich, dass sie an so etwas überhaupt denken konnte, wenn sie vor kaum einer halben Stunde nur ein paar Batterien für die verflixte Fernbedienung hatte holen wollen -, wenn er das war , dann war er seit langer Zeit sehr vorsichtig gewesen. Und er war umsichtig, er war pedantisch, er war der originale Mr. Saubermann, aber wenn er das war, worauf diese verflixten (nein, gottverdammten ) Plastikkarten schließen ließen, musste er übernatürlich vorsichtig sein. Übernatürlich wachsam. Verschlagen.
Das war ein Wort, das sie bis zum heutigen Abend niemals mit Bob in Verbindung gebracht hatte.
»Nein«, erklärte sie der Garage. Sie schwitzte, ihr Haar klebte in unschönen Strähnen an ihrem Gesicht, sie litt
unter Krämpfen, und ihre Hände zitterten wie die einer Parkinson-Kranken, aber ihre Stimme war seltsam ruhig, merkwürdig heiter. »Nein, das ist er nicht. Mein Mann ist nicht Beadie. «
Sie ging ins Haus zurück.
5
Sie beschloss, sich einen Tee zu machen. Tee war beruhigend. Als sie den Teekessel füllte, begann das Telefon wieder zu klingeln. Sie ließ den Kessel in den Ausguss fallen - sein Scheppern war so laut, dass sie einen kleinen Schrei ausstieß -, ging dann ans Telefon und wischte sich die nassen Hände am Hausmantel ab.
Ruhig, ruhig, ermahnte sie sich. Wenn er ein Geheimnis
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