Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
sie ins katholische Mädchenheim St. Eusebia in Omaha. Sie weiß das noch nicht, aber dorthin kommt sie. Sallie hat davon gesprochen, sie nach Deland zu schicken - Sals Schwester lebt dort - oder zu meiner Tante und meinem Onkel in Lyme Biska. Aber weder traue ich einem von denen zu, das zu Ende zu führen, was wir beschlossen haben, noch hat ein Mädchen, das solche Probleme verursacht, es verdient, zu Leuten zu kommen, die es kennt und liebt.«
    »Was habt ihr also beschlossen, Harl? Außer dass ihr eure Tochter in eine Art … ich weiß nicht … Waisenhaus schicken wollt?«
    Er reagierte ungehalten. »Das ist kein Waisenhaus, sondern eine saubere, erbauliche, tüchtige Einrichtung. Das habe ich mir erzählen lassen. Ich habe mit dem Fernsprecher herumgefragt und überall nur Gutes gehört. Sie bekommt dort Aufgaben, sie bekommt ihren Unterricht, und in weiteren vier Monaten bekommt sie ihr Baby. Gleich danach wird das Kleine zur Adoption freigegeben. Dafür sorgen
die Schwestern in St. Eusebia. Dann kann sie heimkommen, und in weiteren eineinhalb Jahren kann sie aufs College gehen, um Lehrerin zu werden, genau wie Sallie es will. Und ich, versteht sich. Sallie und ich.«
    »Und welche Rolle spiele ich dabei? Ich habe eine, sonst wärst du wohl nicht hier.«
    »Verscheißerst du mich, Wilf? Ich weiß, dass du ein schwieriges Jahr hinter dir hast, aber ich lasse mich trotzdem nicht von dir verscheißern.«
    »Ich verscheißere dich nicht, aber du musst erkennen, dass du nicht als Einziger aufgebracht und beschämt bist. Sag mir einfach, was du willst, dann können wir vielleicht Freunde bleiben.«
    Das einzigartig kalte Lächeln, mit dem er darauf reagierte - nur ein Zucken der Lippen und flüchtig auftauchende Grübchen in den Mundwinkeln -, sagte sehr viel darüber aus, wie wenig Hoffnung er darauf hatte.
    »Ich weiß, dass du nicht reich bist, aber du musst trotzdem vortreten und deinen Teil der Verantwortung übernehmen. Ihre Zeit im Heim - die Schwestern nennen sie Geburtsvorbereitung - wird mich 300 Dollar kosten. Schwester Camilla hat am Telephon von einer Spende gesprochen, aber ich erkenne eine Gebühr, wenn ich von einer höre.«
    »Wenn du vorschlagen willst, halbe-halbe zu machen…«
    »Ich weiß, dass du keine 150 Dollar aufbringen kannst, aber du wirst hoffentlich die 75 aufbringen können, die eine Privatlehrerin kostet. So eine soll Shan helfen, schulisch auf dem Laufenden zu bleiben.«
    »Das kann ich nicht. Arlette hat jeden Cent mitgenommen, als sie abgehauen ist.« Aber ich fragte mich erstmals, ob sie nicht vielleicht irgendwo ein paar Scheine versteckt hatte. Diese Sache mit den 200 Dollar, mit denen sie durchgebrannt sein sollte, war eine reine Lüge gewesen, aber sogar etwas Nadelgeld wäre in dieser Situation hilfreich gewesen.
Ich nahm mir vor, in allen Schränken und Behältern in der Küche nachzusehen.
    »Nimm wieder einen Kurzkredit bei der Bank auf«, sagte er. »Wie ich höre, hast du den letzten bereits ganz zurückgezahlt.«
    Natürlich hatte er das gehört. An sich fallen solche Dinge zwar unters Bankgeheimnis, aber Männer wie Harlan Cotterie haben lange Ohren. Ich fühlte eine Woge des Widerwillens gegen ihn. Er hatte mir für die Maisernte seinen Mähdrescher geliehen und nur 20 Dollar dafür genommen? Na und? Er verlangte diesen Betrag und noch mehr, als hätte seine kostbare Tochter nie die Beine breit gemacht und gesagt: Komm rein und streich die Wände an.
    »Ich hatte Erntegeld, um ihn zurückzuzahlen«, sagte ich. »Das habe ich jetzt nicht mehr. Ich habe mein Land und mein Haus, aber das ist so ziemlich alles.«
    »Lass dir was einfallen«, sagte er. »Nimm eine Hypothek auf das Haus auf, wenn’s sein muss. 75 Dollar sind dein Anteil, und wenn dein Junge dafür nicht mit fünfzehn Windeln wechseln muss, kommst du billig davon, finde ich.«
    Er stand auf. Ich ebenfalls. »Und wenn mir nichts einfällt? Was dann, Harl? Schickst du dann den Sheriff her?«
    Er verzog die Lippen zu einem verächtlichen Ausdruck, der meinen Widerwillen gegen ihn in Hass verwandelte. Das Ganze geschah sekundenschnell, und ich spüre diesen Hass noch heute, wo so viele andere Gefühle aus meinem Herzen ausgebrannt worden sind. »Wegen einer Sache wie dieser würde ich nie zur Justiz gehen. Aber wenn du dich davor drückst, deinen Teil der Verantwortung zu übernehmen, sind wir geschiedene Leute.« Er blinzelte ins abnehmende Tageslicht. »Ich fahre jetzt. Das sollte ich auch, wenn ich noch vor

Weitere Kostenlose Bücher