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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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widerborstige Schlampe?«, fragte ich sie. »Wo hast du es versteckt?«
    Ich bemühte mich, möglichst an gar nichts zu denken, so wie es mir mein Vater immer geraten hatte, wenn ich ein Werkzeug oder eines meiner wenigen kostbaren Bücher verlegt hatte. Kurze Zeit später ging ich zurück ins Haus, zurück ins Schlafzimmer, zurück an den Kleiderschrank. Im oberen Fach standen zwei Hutschachteln. In der ersten fand ich nur einen Hut - den weißen, den sie in der Kirche getragen hatte (wenn sie sich die Mühe machte, zum Gottesdienst zu gehen, was ungefähr einmal im Monat vorkam). Der Hut in der zweiten Schachtel war rot, und ich hatte sie nie damit gesehen. Mir kam er wie ein Nuttenhut vor. Unter dem Innenband aus Satin steckten zwei zu winzigen Quadraten in Pillengröße zusammengefaltete 20-Dollar-Scheine. Während ich hier in diesem schäbigen Hotelzimmer
sitze und auf die Ratten horche, die scharrend und kratzend in den Wänden hin und her huschen (ja, meine alten Freunde sind hier), versichere ich Ihnen, dass diese beiden 20-Dollar-Scheine mein Verderben waren.
     
    Weil sie nicht reichten. Das begreifen Sie doch wohl. Natürlich tun Sie das. Man braucht nichts von Triggerometrie zu verstehen, um zu wissen, dass man auf 40 noch 35 drauflegen muss, um 75 zu haben. Das klingt nicht nach viel, stimmt’s? Aber damals bekam man für 35 Dollar Lebensmittel für 2 Monate oder in Lars Olsens Schmiede ein gutes gebrauchtes Halfter. Oder man konnte eine Fahrkarte bis nach Sacramento hinaus lösen … was ich mir oft wünsche, dass ich es getan hätte.
    35.
    Und wenn ich nachts im Bett liege, kann ich diese Zahl manchmal wirklich sehen . Sie blinkt so rot wie eine Warnleuchte, die einen Bahnübergang sperrt, weil ein Zug kommt. Ich wollte die Gleise trotzdem überqueren und bin vom Zug überfahren worden. Wenn jeder von uns einen Hinterhältigen in sich hat, steckt in jedem von uns auch ein Verrückter. Und in diesen Nächten, in denen ich nicht schlafen kann, weil die blinkende Zahl mich nicht schlafen lässt , behauptet mein Verrückter, alles sei eine Verschwörung gewesen: Cotterie, Stoppenhauser und der Rechtsverdreher von Farrington hätten sich gegen mich zusammengetan. Ich weiß es natürlich besser (wenigstens bei Tageslicht). Cotterie und Mr. Anwalt Lester können später mit Stoppenhauser gesprochen haben - nachdem ich getan hatte, was ich getan habe -, aber anfangs war die Sache bestimmt harmlos; Stoppenhauser wollte mir wohl wirklich helfen … und für die Home Bank & Trust einen kleinen Gewinn herausschlagen, versteht sich. Aber als Harlan oder Lester - oder beide zusammen - eine Möglichkeit sahen, ergriffen sie sie.

    Der Hinterhältige ausgetrickst … wie gefällt Ihnen das? Inzwischen war mir das fast egal, weil ich damals schon meinen Sohn verloren hatte, aber wissen Sie, wem ich wirklich die Schuld gebe?
    Arlette.
    Ja.
    Weil sie es war, die diese beiden Scheine in ihrem roten Nuttenhut versteckt hatte, wo ich sie finden musste. Und begreifen Sie auch, wie diabolisch clever sie war? Es waren nämlich nicht die 40, die mein Verderben waren; es war der Betrag, der noch zu der Summe fehlte, die Cotterie für die Privatlehrerin seiner schwangeren Tochter verlangte; das Geld, das er wollte, damit sie Latein lernen und weiter Triggerometrie üben konnte.
    35, 35, 35.
     
    Über das Geld, das er für die Privatlehrerin haben wollte, dachte ich die ganze restliche Woche und auch übers Wochenende nach. Manchmal holte ich die beiden Scheine hervor - ich hatte sie glattgestrichen, aber die Kniffe blieben - und studierte sie. Am Sonntagabend stand mein Entschluss fest. Ich sagte Henry, er müsse am Montag mit dem Model T in die Schule fahren; ich müsse nach Hemingford Home fahren und mit Mr. Stoppenhauser in der Bank über einen Kurzkredit reden. Über einen Kleinkredit. Nur 35 Dollar.
    »Wofür?« Henry saß am Fenster und starrte missmutig aufs Westfeld hinaus.
    Ich sagte es ihm. Ich dachte, das würde zu einem weiteren Streit wegen Shannon führen, den ich mir in gewisser Weise sogar wünschte. Er hatte die ganze Woche nicht von ihr gesprochen, obwohl ich wusste, dass Shan fort war. Mert Donovan hatte es mir erzählt, als er vorbeikam, um eine Ladung Saatmais abzuholen. »Ist jetzt in irgendeinem
teuren Internat drüben in Omaha«, sagte er. »Na ja, ich wünsche ihr viel Erfolg. Wenn sie wählen wollen, sollen sie lieber was lernen. Allerdings«, fügte er nach kurzem Nachdenken hinzu, »tut meine, was

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