Zwischen Olivenhainen (German Edition)
vor einem fünf Sterne Hotel, das sich prunkvoll mit glitzernden Lampen in den Nachthimmel erhob, und öffnete ihr die Tür. Zögernd setzte Leslie einen Fuß auf den Boden.
„Willst du mich unbedingt umbringen?“, knurrte sie zu ihm hoch. Er hob erstaunt die Brauen.
„Warum sollte ich?“, fragte er. Sie wackelte mit beiden Füßen. Er schien zu begreifen – und lachte amüsiert auf.
„Bist du nicht schon mal auf solchen Schuhen gelaufen?“, fragte er sie, während er sie am Arm nahm, um ihr zu helfen.
„Nein. Noch nie “, murrte sie, als sie endlich neben ihm stand. Raffaello seufzte.
„Dann werde ich dir helfen müssen“, sagte er, grinste – und im nächsten Augenblick hatte er ihr einen Arm um die Taille gelegt.
Na toll. Ihr Herz machte einen entsetzten Hüpfer, aber sie wehrte sich nicht gegen die Berührung, was ihn sichtlich erstaunte. Aber dann lächelte er selbstgefällig. Sie wollte gar nicht wissen, was er dachte. Es ging tatsächlich besser, so neben ihm herzulaufen. Er hielt sie fest, wann immer sie ins Wanken geriet und allmählich wurde sie immer sicherer. Schließlich streifte sie seinen Arm ab und lief alleine neben ihm her auf eine breite, weit geöffnete Tür zu, vor der zwei Männer standen, die auch als Bodyguards hätten durchgehen können. Die beiden ließen sie durch, ohne etwas zu sagen. Alle anderen Leute, die vor ihnen in der Schlange standen, mussten ihre Ausweise vorzeigen. Doch Raffaello machte gar nicht erst Anstalten, sich ordentlich am Ende der Wartenden einzureihen, sondern ging einfach schnurstracks an ihnen vorbei. Aus irgendeinem Grund beunruhigte Leslie das sehr.
„ Signor Ruggiero “, sagte einer der Türsteher, fast schon ehrfürchtig, doch Raffaello nickte ihm nur knapp zu, ergriff dann Leslies Hand und zog sie hinter sich her in einen langen Flur, an dessen Wänden Lampen angebracht waren, die düsteres, bläuliches Licht verströmten. Der Flur mündete in den Hauptraum.
Ohrenbetäubende Musik quoll daraus hervor, tanzende Paare tummelten sich auf dem Parkett, weitere Besucher, Frauen in pikfeinen Cocktailkleidern und Männer in Anzügen, wie Leslie sie nur aus ‚ James Bond ‘ kannte, saßen an kleinen runden Tischen um die Tanzfläche herum, unterhielten sich, tranken Sekt und manche standen auch einfach nur in der Gegend und plauderten mit einem Bekannten, den sie gesichtet hatten. Das gedämpfte, warme Licht flackerte unregelmäßig und Leslie befürchtete, dass sie im Laufe des Abends Kopfschmerzen bekommen würde. Wenn nicht von der lauten Musik, dann von den edlen Kronleuchtern, die bunt schillernd von der hohen Decke herab hingen und glitzernde Punkte in alle Richtungen reflektierten.
Alles in allem fand Leslie es hier drinnen grauenhaft voll. Und viel zu laut. Und doch irgendwie verlockend interessant. Und dieses Mal fühlte sie sich nicht fehl am Platz, nicht unpassend gekleidet, was sie wahrscheinlich Raffaello zu verdanken hatte.
„Und?“, rief er gegen die Musik an. „Schick, oder?“ Sie nickte, zu überwältigt, um etwas sagen zu können. Sie schaute sich einfach nur um, wich nervös den Blicken aus, die ihnen einige Leute an den nächstliegenden Tischen zuwarfen.
„Wo ist Mario?“, fragte sie. Raffaello zuckte die Achseln.
„Keine Ahnung“, sagte er, dann zückte er sein Handy, wie es auch schon Mario auf Raffaellos Feier getan hatte, hielt sich mit einem Finger das freie Ohr zu und brüllte einige Worte auf Italienisch in den Hörer.
„Er kommt gleich“, verkündete er schließlich und ließ das teure Gerät wieder in seiner Hosentasche verschwinden. „Ich schätze, er brauchte ein wenig Ruhe.“ Er grinste. „Mario ist kein Fan von solchen Partys.“
„Aber du sagtest doch, er wollte es?“ Raffaello zwinkerte ihr zu.
„ Ich wollte“, sagte er, dann wandte er sich Mario Andolini zu, der soeben auf dem Flur erschienen war.
„Entschuldigt“, sagte Mario zur Begrüßung und warf seinem besten Freund einen finsteren Blick zu. Er wirkte gehetzt. „Ich habe mir etwas Ruhe gegönnt.“ Er wollte Raffaello umarmen und schnell ließ Leslie dessen Hand los, an die sie sich, wie sie beschämt feststellte, die ganze Zeit über regelrecht geklammert hatte. Raffaello schien das nicht gestört zu haben. Als Mario auch sie umarmte, nuschelte sie ihm ein: „Alles Gute zum Geburtstag“ ins Ohr und er bedankte sich lachend.
„Einunddreißig“, seufzte er mit gespielter Verzweiflung und raufte sich die wirren Locken.
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