Zwischen Olivenhainen (German Edition)
Blick auf das Display warf und dann eine Schnute zog, weil sie keine SMS bekommen hatte.
27
Es war bereits spät am Abend, als sie mit ihrer leeren Picknicktasche und den sandigen Handtüchern über den Armen den schmalen Weg zum Haus hinaufkletterten. Es war so stockdunkel, dass Leslie das Auto erst auf den zweiten Blick sah, das direkt vor ihrer Haustür stand. Ein schwarzer Maserati. Das Dach war geschlossen.
Und dann bemerkte sie Raffaello, der in seinem schwarzen Anzug fast mit der Nacht verschmolz und lässig an seinem Auto lehnte, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Ihr blieb fast das Herz stehen und auch Anne entfuhr ein leises: „Oh! Was will der denn schon wieder?!“, doch Leslie ging schon auf Raffaello zu. Nur im Bikini und beladen mit ihrem Handtuch. Er schien sie schon längst bemerkt zu haben, aber er hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Auch jetzt nicht.
„Hi“, krächzte Leslie, „was machst du denn hier?“ Er lächelte, zumindest soweit, wie sie es in der Dunkelheit erkennen konnte.
„Ich hatte vor, dich mitzunehmen“, sagte er.
„Mitnehmen? Wohin?!“ Er zog nur seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und öffnete die Tür am Beifahrersitz.
„Leslie geht heute nicht mit dir!“, sagte Anne, die sich neben ihre Freundin gestellt hatte. „Wir wollen DVDs schauen. Wenn du mich fragst, hat sie ein Recht darauf, mal etwas mit mir zu unternehmen!“ Trotzig verschränkte Anne die Arme vor der Brust. Raffaello hatte im Inneren des Wagens herumgekramt, jetzt tauchte er daraus auf und musterte Anne ausdruckslos.
„ Mamma mia “, murmelte er dann. „Eifersüchtig?“
„Nicht die Bohne, du aufgeblasener –“
„Anne, halt die Klappe!“, fuhr Leslie sie erschrocken an, dann lächelte sie entschuldigend in Raffaellos Richtung. Der murmelte nur irgendetwas auf Italienisch und kam dann hinter seinem Auto hervor, warf Anne einen finsteren Blick zu, die daraufhin ein wenig in sich zusammenschrumpfte, obwohl sie sich mit Sicherheit vorgenommen hatte, sich nicht einschüchtern zu lassen. Raffaello hielt Leslie etwas entgegen und im ersten Augenblick dachte sie, es sei eine Decke, aber dann merkte sie, dass es ein Kleid war. Verpackt in eine durchsichtige Tüte.
„Ich schätze, es passt“, sagte Raffaello und musterte sie von oben bis unten, dann drückte er ihr einen Karton und eine kleine Schachtel in die Arme. Sie nahm alles verdattert entgegen.
„Was …?“, stotterte sie. „Wozu …?!“ Er warf einen Blick auf seine goldene Armbanduhr und verzog das Gesicht.
„Wir sind spät dran, ich denke, du solltest dich umziehen. Und beeil dich.“
„Wieso?“, fragte sie ihn. „Wo gehen wir hin?“
„Erklär ich dir nachher“, sagte er und nickte ihr zu. Verwirrt klemmte sie sich die beiden Schachteln unter den Arm, nahm das Kleid entgegen und eilte ins Haus. Anne blieb im Türrahmen stehen, ganz offensichtlich wollte sie Raffaello klar machen, keinen Schritt näher zu kommen.
Leslie fiel aus allen Wolken, als sie das Kleid aus der Tüte zog und feststellen musste, dass es von irgendeiner italienischen, sauteuren Modemarke war. Es war ein dunkelblaues Tubekleid, und als sie hineinschlüpfte, ganz vorsichtig, als habe sie Angst, es könne kaputt gehen, und sich im Spiegel betrachtete, fand sie, dass es viel zu kurz war. Es reichte gerademal bis zur Mitte ihrer Oberschenkel. Das war äußerst unvorteilhaft, dachte sie, da man so allzu deutlich ihre dünnen Beine sehen konnte. Aber irgendwie war es todschick. Hastig packte sie einen der Kartons auf – es waren Schuhe darin. Silbern glänzende High Heels. Ach du Schreck! Sie war noch nie auf High Heels gelaufen. Was zur Hölle hatte sich Raffaello dabei gedacht?! Trotzdem zog sie sie an, stand wackelig und unsicher vor dem Spiegel und betrachtete sich eine Weile, nicht sicher, ob sie unglücklich sein sollte oder nicht. Zum Schluss öffnete sie die kleinste Schachtel. Darin lagen Ohrringe, passend zu ihrer Olivenzweigkette. Und ein Armband. Echtes Silber, echtes Gold. Oh je! OH JE! Sie stellte sich vor, wieviel das alles gekostet haben musste. Herrgott, wozu war das gut?! Einerseits fand sie die Sachen toll, andererseits fühlte sie sich schrecklich elend und benommen, angesichts so teurer Geschenke. Wenn es Geschenke waren und er ihr die Sachen nicht nur geliehen hatte. Sie hoffte inständig auf Letzteres. So schnell sie konnte, zauberte sie sich etwas Schminke ins Gesicht, dann zog sie die Ohrringe und das Armband
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