Zwischen Olivenhainen (German Edition)
und gab es irgendwann auf, dagegen anzukämpfen, entgegen aller Vernunft in ihn verliebt zu sein. Sie nahm es einfach hin. Ändern konnte sie daran sowieso nichts. Erneut wählte sie seine Nummer. Vorher hatte sie sorgsam die Badezimmertür abgeschlossen, um zu verhindern, dass Anne ungewollt hereinplatzte und aus allen Wolken fiel, wenn sie begriff, mit wem sie telefonierte.
„ Sì ?“, hörte sie Raffaellos Stimme.
„Hi“, machte sie nur aufgeregt. Einige Sekunden schwieg er.
„Ich hab’ mich schon gefragt, wann du wieder anrufst“, sagte er dann und es klang, als lächle er dabei. „Was gibt’s?“ Sie rückte einfach damit heraus.
„Können wir uns treffen?“
„Klar“, sagte er erfreut. „Wann?“
„Weiß nicht. Heute?“
„Das ist schlecht. Ich habe nachher eine wichtige Besprechung, wenn du verstehst.“ Sie verstand es nicht. Wahrscheinlich war es etwas Mafiöses. Wer verstand das schon?
„Wie wär’s mit morgen?“, schlug er vor.
„Ok“, sagte sie.
„Möchtest du, dass ich dich abhole?“
„Traust du dich? Anne ist in letzter Zeit immer zu Hause.“ Sie hörte ihn etwas auf Italienisch grummeln.
„Ich habe keine Angst vor ihr“, sagte er dann. „Sie soll aufpassen, mit wem sie sich anlegt. Richte ihr das aus.“
„Äh, mach ich.“ Aber das würde sie ganz sicher nicht tun.
„ Arrivederci , Leslie“, sagte Raffaello. „Bis morgen.“ Dann legte er auf.
Sie ließ ihr Handy sinken und dachte über die ‚wichtige Besprechung‘ nach, zu der er musste. Um was es da wohl ging? Ganz sicher nicht um legale Geschäfte. Ach, Unsinn, jetzt fing sie ja schon an, wie Anne. Dreimal verflucht aber auch. Schlechter Einfluss. Es wurde Zeit, dass sie aus dem Haus kam.
30
Am nächsten Morgen saß sie schweigend Anne gegenüber beim Frühstück. Löffelte widerwillig ihre Cornflakes und stocherte schließlich nur noch in ihnen herum. Sollte sie es Anne vorsichtshalber sagen? Sie vorwarnen, dass Raffaello sie abholen kam? Schließlich war sie ihre beste Freundin.
„Er kommt nachher“, sagte sie leise – und hoffte, dass Anne es vielleicht gar nicht gehört hatte. Doch Anne sah sie grimmig an.
„Dein Mafioso?“ Na toll. Wenigstens hatte sie aufgehört, ihn ‚Romeo‘ zu nennen. Wobei ihr das dann doch lieber gewesen wäre. Sie nickte.
„Dann verabrede ich mich mit Antonio, damit ich nicht in Versuchung komme, den Typen zu killen“, knurrte Anne.
Leslie fragte sich, ob sie dazu überhaupt die Gelegenheit haben würde. Immerhin hatte Raffaello eine Waffe. Sie schauderte und verwarf diesen Gedanken.
„Aber wehe, wenn er hier bleibt, klar?“, grummelte Anne, und nach einer Weile: „Es wäre mir viel lieber, wenn du mit Antonio zusammen wärst, als mit diesem sauber geleckten, kokosbeklebten Raffaello. Und ich wette, er isst diese Pralinen auch noch gerne. Du kannst ihm ja mal welche schenken. Er wird entzückt sein – wenn der mal nicht selbstverliebt ist! Echt, ich könnte den Kerl –“.
„Anne! Hör schon auf!“, rief Leslie wütend.
„Im Ernst! Wer weiß, wie viele Leichen der im Keller liegen hat! Bestimmt hat er eine ganze Weinkellerei zur Tarnung und im Keller stehen Fässer voll Säure!“
„ANNE!“
„ Sorry . Ich muss Dampf ablassen.“ Sie schwiegen. Leslie hatte nun endgültig keinen Hunger mehr. Sie stellte ihre Cornflakes auf die Anrichte und setzte sich wieder zu Anne, die noch immer auf ihrem Schinkenbrötchen kaute.
„Wann kommt er denn?“, fragte sie. Leslie zuckte die Achseln. Sie hatte keine bestimmte Uhrzeit vorgeschlagen. Raffaello würde ohnehin kommen, wann es ihm in den Kram passte. Genau in dem Moment klopfte es an der Tür. Anne verzog das Gesicht und stürzte zum Telefon. Wahrscheinlich, um Antonio anzurufen. Leslie ging zur Tür, um Raffaello zu öffnen. Sie blieb kurz stehen, um sich die Hände, die mit einem Mal ganz schwitzig geworden waren, an ihrem Rock abzuwischen, dann drückte sie die Türklinke herunter.
„ Buon giorno , Leslie“, sagte Mr. Gosetti. Beinahe hätte sie ihm die Tür wieder vor der Nase zugeknallt.
„Was verschafft mir die Ehre?“, knurrte sie. Die Fotos hatte sie noch nicht vergessen. „Überwachen Sie jetzt auch schon mein Handy?“ Mr. Gosetti lächelte amüsiert und sie befürchtete fast, dass er nicken würde.
„Nein, keine Sorge“, sagte er beschwichtigend. Sie glaubte ihm nicht.
„Darf ich reinkommen?“, fragte er. Sie zog eine Schnute.
„Ich hab’ nicht viel Zeit“, sagte sie
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