Zwischen Pflicht und Sehnsucht
Ihnen verraten.“
Sophie hielt den Atem an. Die Viscountess wirkte gefesselt. Charles schien nach einer Hintertür zu suchen, um sich wegzuschleichen. Aber Emily ließ sich nicht beirren.
„Als kleines Mädchen“, begann sie verträumt, „war ich fasziniert von Geistern und Elfen. Oft ging ich durch den Wald, sprach geheime Wünsche aus und träumte mich ins Reich der Feen.“ Sie schwieg einen Moment, dann fuhr sie fort: „Als wir also mit diesem Zimmer begannen, versuchte ich meine … Künstlerin zu überzeugen, eine Tapete mit Feenmuster zu verwenden, die ich in einem Geschäft gesehen hatte. Sie war allerdings recht grell und bunt und nicht annähernd so geschmackvoll wie das, was wir jetzt hier haben. Die Künstlerin brachte mich davon ab, fand aber trotzdem einen Weg, meine albernen, nostalgischen Kinderfantasien zu berücksichtigen.“
„Spannen Sie uns nicht auf die Folter, Liebes“, sagte Lady Dayle. „Wo sind sie?“
„Überall um uns herum“, antwortete Emily, „und keiner von Ihnen hat es bemerkt! Aber wenn Sie genau hinschauen, werden Sie hier und da eine kleine Fee hervorlugen sehen.“
Sofort erhob sich die Viscountess und begann zu suchen. Charles blickte auf Sophies grün befleckte Hände, dann auf die Stelle, wo sie sich befunden hatte, als er den Raum betrat. Und da war sie, eine winzige grüne Elfe mit goldenem Haar, die sie von oberhalb der Vitrine aus anguckte.
Er sah wieder zu Sophie, die lächelte und ein Schulterzucken andeutete.
„Also Charles“, sagte seine Mutter mit einem Anflug von Sarkasmus, während sie zu ihrem Sitzplatz zurückkehrte, „was machst du denn für ein sauertöpfisches Gesicht! Hast du zu viel Zitrone in deinem Tee, oder hast du Schmerzen?“
„Nein, nein.“ Er lachte kurz auf. „Nicht mehr als jeder Gentleman, der gezwungen wird, Damen zuzuhören, die wegen Inneneinrichtung außer sich geraten.“
Das versetzte Sophie einen Stich. Wieso war er vorsätzlich grausam?
„Nun, dann reiß dich zusammen, mein Lieber“, entgegnete seine Mutter, „denn ich werde gleich mehr als nur ein bisschen außer mich geraten.“
„Genau, denn wir haben die besten Überraschungen bis zuletzt aufgehoben“, fiel Emily ein.
„Ich glaube, die hat er schon erkannt“, bemerkte die Viscountess wissend. „Und du hast recht, mein Sohn, es war tatsächlich Sophie, die diesen Raum entworfen hat. Sie hat hervorragende Arbeit geleistet, sowohl hier als auch im Haus von Mrs. Lowder in Dorsetshire.“
„Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ausgezeichneten Leistung, Miss Westby“, sagte er kühl und förmlich. „Ich wünsche Ihnen denselben Erfolg bei Ihrer Einführung in die Gesellschaft.“
Sophie wurde Charles’ wechselnder Launen überdrüssig. Was, in aller Welt, stimmte nicht mit diesem Mann? Das alles lief nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. „Ich bin Künstlerin, Mylord, keine Debütantin“, erwiderte sie bestimmt.
Er legte den Kopf schief, als hätte er nicht richtig gehört. „Unsinn. Sie sind die Nichte eines Earls. Sie sind von edler Abstammung und haben gute Verbindungen. Warum sonst sollten Sie zu Beginn der Saison nach London kommen?“
„Sie ist auf meine Einladung hier, Charles“, schaltete sich seine Mutter ein. „Sowohl, um in die Gesellschaft eingeführt zu werden, als auch, um mir bei deinem Geburtstagsgeschenk zu helfen.“
Er sah seine Mutter so kalt an, dass es Sophie nicht überrascht hätte, wenn der Viscountess Eiszapfen gewachsen wären. „Verzeihung, wie bitte?“
Lady Dayle war eine warmherzige, großzügige Frau. Doch sie war auch immer noch Charles’ Mutter. „Komm mir nicht mit dieser selbstherrlichen Art, junger Mann!“ Sie senkte die Stimme etwas und fuhr fort: „Das Haus in Sevenoaks. Ein Politiker braucht einen Rückzugsort, um seine Parteifreunde einzuladen und Strategien zu planen, um Gesellschaften zu geben. Das Haus ist ziemlich schäbig. Deshalb würde ich Miss Westby gerne bitten, mir bei der Renovierung, die dein Geburtstagsgeschenk sein soll, zur Hand zu gehen.“
Sophie hätte vor Freude Lady Dayle am liebsten die Hände geküsst. Ein Haus. Das Haus eines Adligen. Das war genau das, worauf sie gehofft hatte.
„Ich weiß Ihre Fürsorge zu schätzen, Mutter, aber ein so großes Unterfangen ist nicht nötig. Ich wünsche nicht, dass Sie sich so strapazieren. Noch möchte ich dafür verantwortlich sein, dass Miss Westby zu wenig Zeit für ihre Debütsaison zur Verfügung hat.“
Sophie hätte ihm am
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