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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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innersten Überzeugungen angesehen. Eine Vernunft, die dem Göttlichen gegenüber taub ist und Religion in den Bereich der Subkulturen abdrängt, ist unfähig zum Dialog der Kulturen.«
    Von dem theologischen Etikett der »Enthellenisierungswelle« - weg von der (göttlichen) Vernunft - blieben weder die Reformation des 16. Jahrhunderts mit der Ausrichtung des Einzelnen auf die Heilige Schrift allein (»Sola Scriptura«) noch eine gefühlige Verehrung für den Übermenschen Jesus noch die moderne Selbstbeschränkung der »westlichen« Vernunft auf »Wissenschaftlichkeit« verschont. Das schienen zunächst nur die binnenwestlichen Aspekte von Glaube und Vernunft zu sein, innerhalb
der Universität im Abendland; sie sollten sich jedoch für die Zukunft als Markierungspunkte für den Dialog, gerade auch für die islamische Offenbarungsreligion erweisen.
    Eigentlich sollte der byzantinische Kaiser den Konflikt zwischen dem christlichen Gott und Mohammeds Allah entschärfen. Sonst hätte Benedikt ihm nicht das Schlusswort überlassen:
    »›Nicht vernunftgemäß, nicht mit dem Logos handeln ist dem Wesen Gottes zuwider‹, hat Manuel II. von seinem christlichen Gottesbild her zu seinem persischen Gesprächspartner gesagt. In diesen großen Logos, in diese Weite der Vernunft laden wir beim Dialog der Kulturen unsere Gesprächspartner ein. Sie selber immer wieder zu finden, ist die große Aufgabe der Universität.«
    Schluss. Langer Beifall.
    Damit beendete Benedikt seine Rede. Scheinbar in aller Ruhe. Dennoch war ich mir nicht ganz sicher, ob es die gleiche ungestörte Ruhe war, mit der er sie begonnen hatte. Er hatte - wie zuweilen auch Journalisten es mit einem gewagten Artikel versuchen - einen Stein, einen Felsbrocken ins Wasser geworfen und war vielleicht neugierig, welche Wellen oder gar Flutwellen entstehen würden. Eine folgenlose Sonntagspredigt hatte er nicht gehalten.

Kapitel 20
    Ansprache von Benedikt XVI. am 12. September 2006 in der Universität zu Regensburg - Wortlaut
    Aula Magna der Universität Regensburg,
Dienstag, 12. September 2006
(Wortlaut in der vom Presseamt des Heiligen Stuhls
veröffentlichten autorisierten Fassung)

Glaube, Vernunft und Universität. Erinnerungen und Reflexionen
    Eminenzen, Magnifizenzen, Exzellenzen, verehrte Damen und Herren!
     
    Es ist für mich ein bewegender Augenblick, noch einmal in der Universität zu sein und noch einmal eine Vorlesung halten zu dürfen. Meine Gedanken gehen dabei zurück in die Jahre, in denen ich an der Universität Bonn nach einer schönen Periode an der Freisinger Hochschule meine Tätigkeit als akademischer Lehrer aufgenommen habe. Es war - 1959 - noch die Zeit der alten Ordinarien-Universität. Für die einzelnen Lehrstühle gab es weder Assistenten noch Schreibkräfte, dafür aber gab es eine sehr unmittelbare Begegnung mit den Studenten und vor allem auch der Professoren untereinander. In den Dozentenräumen traf man sich vor und nach den Vorlesungen. Die Kontakte mit den Historikern, den Philosophen, den Philologen und natürlich auch zwischen beiden Theologischen Fakultäten waren sehr lebendig. Es gab jedes Semester einen sogenannten Dies academicus,
an dem sich Professoren aller Fakultäten den Studenten der gesamten Universität vorstellten und so ein Erleben von Universitas möglich wurde - auf das Sie, Magnifizenz, auch gerade hingewiesen haben - die Erfahrung nämlich, dass wir in allen Spezialisierungen, die uns manchmal sprachlos füreinander machen, doch ein Ganzes bilden und im Ganzen der einen Vernunft mit all ihren Dimensionen arbeiten und so auch in einer gemeinschaftlichen Verantwortung für den rechten Gebrauch der Vernunft stehen - das wurde erlebbar. Die Universität war auch durchaus stolz auf ihre beiden Theologischen Fakultäten. Es war klar, dass auch sie, indem sie nach der Vernunft des Glaubens fragen, eine Arbeit tun, die notwendig zum Ganzen der Universitas scientiarum gehört, auch wenn nicht alle den Glauben teilen konnten, um dessen Zuordnung zur gemeinsamen Vernunft sich die Theologen mühen. Dieser innere Zusammenhalt im Kosmos der Vernunft wurde auch nicht gestört, als einmal verlautete, einer der Kollegen habe geäußert, an unserer Universität gebe es etwas Merkwürdiges: zwei Fakultäten, die sich mit etwas befassten, was es gar nicht gebe - mit Gott. Dass es auch solch radikaler Skepsis gegenüber notwendig und vernünftig bleibt, mit der Vernunft nach Gott zu fragen und es im Zusammenhang der

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