Zwischen Rom und Mekka
glauben ist, direkten Offenbarung Allahs an seinen Propheten Mohammed - mit der historisch-kritischen Methode nähert, mit Textvergleichen und geschichtlicher Quellenforschung!
Noch sind Allah, Mohammed und der Koran mit dem Schutzzaun des uneingeschränkt Unnahbaren umgeben, der für den christlichen Gott und die Bibel längst gefallen ist.
Was aber, wenn die Aufgeklärten in den muslimischen Ländern begehren, dass in den Theatern ihrer Städte Voltaires »Der Fanatismus oder Mohammed der Prophet« (von 1742) - der Titel ist Programm - aufgeführt wird? Das Stück - kein sehr geniales von Voltaire - wurde verboten, weil die christliche Geistlichkeit sich angegriffen fühlte. Wie der Islam, wie Muslime auf Spott und Ratio reagieren, erfuhr auch der Papst zur Genüge.
Aber gerade darin können sich Christen und Muslime begegnen, und besonders die engagiert Gläubigen unter ihnen. Denn, so der Papst noch einmal:
»Es geht um die Stellung der Gemeinschaft der Glaubenden angesichts der Einsichten und Forderungen, die in der Aufklärung gewachsen sind. Einerseits gilt es, einer Diktatur der positivistischen Vernunft zu widersprechen, die Gott aus dem Leben der Gemeinschaft und aus den öffentlichen Ordnungen ausschließt und dabei den Menschen seiner Maßstäbe beraubt. Andererseits müssen die wahren Errungenschaften der Aufklärung, die Menschenrechte und dabei besonders die Freiheit des Glaubens und seiner Ausübung als wesentliche Elemente gerade auch für die Authentizität der Religion aufgenommen werden.«
Benedikt sprach aus der historischen Erfahrung der Kirche und des Christentums, als er dem Islam prophezeite:
»Wie es in der christlichen Gemeinschaft ein langes Ringen um den rechten Standort des Glaubens diesen Einsichten gegenüber gab, das freilich nie ganz zu Ende ist, so steht auch die islamische Welt mit ihrer eigenen Überlieferung vor der großen Aufgabe, hier die angemessenen Lösungen zu finden. Inhalt des Dialogs von Christen und Muslimen wird es in diesem Augenblick vor allem sein müssen, sich in diesem Mühen zu begegnen und die rechten Lösungen zu finden. Die Gottvergessenheit des Westens dient heute gewissen Kräften in der islamischen Welt
als Vorwand, Gewalt als Teil der Religion zu propagieren. Wir Christen wissen uns solidarisch mit all denen, die gerade von ihrer religiösen Überzeugung als Muslime her gegen die Gewalt und für das Miteinander von Glaube und Vernunft, von Religion und Freiheit eintreten.«
Es wäre ein ganz neues Miteinander.
Kapitel 25
Die Hauptakteure des Vatikans im Islam-Dialog
Für Personalentscheidungen im Vatikan gibt es immer viele Gründe. Die guten, die spekulativen, die plausiblen, die wirklichen und die des Papstes.
Für den Erzbischof Michael Fitzgerald gilt das in besonderem Maße. Der Engländer, Jahrgang 1937, trat in die Ordensgesellschaft der »Afrika-Missionare« ein, jener Priester und Laien, die als »Weiße Väter« (nach ihrem der Landessitte angepassten langen weißen Gewand) bekannt wurden. Das Ziel dieser 1868 in Algerien gegründeten, von Europa und Nordamerika aus operierenden Gemeinschaft ist die Verkündigung der christlichen Botschaft in Afrika, die Missionierung. Dabei sollten die Mitglieder durch ihr Auftreten in besonderer Weise auf die Einheimischen zugehen, ihre Kultur respektieren und auf eine eigenständige Kirche hinwirken. So wurden diese »Weißen Väter« im Lauf der Jahrzehnte zu großen Kennern des Islam - und zu Konkurrenten. Ihr wissensreiches und einfühlsames Bemühen um den Dialog mit den Muslimen wurde nicht immer geschätzt, sondern auch als Gefahr empfunden und bestraft, bis hin zum Tod.
Michael Fitzgerald kam in den diplomatischen Dienst des Vatikans, wurde im Dezember 1991 zum Bischof ernannt und zum Sekretär des Päpstlichen Rats für den Interreligiösen Dialog bestellt, an der Seite des nigerianischen Kardinals Francis Arinze. Da schien er an der richtigen Stelle, und es ist nur folgerichtig, dass er - nach Arinzes Wechsel an die Spitze der Gottesdienst-Kongregation - am 1. Oktober 2002 zum Präsidenten dieses Rats befördert wurde. Doch am 15. Februar 2006 ernannte
ihn Papst Benedikt XVI. zum Apostolischen Nuntius in Ägypten. Nach manchen Interpretationen eine Herabstufung und Strafversetzung.
Zehn Tage zuvor hatte der Erzbischof-Präsident noch mit Radio Vatikan ein Interview geführt. Da schwelte noch der Streit um die Mohammed-Karikaturen aus Dänemark. Dieser Zündstoff war monatelang nach
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