Zwischen Rom und Mekka
altbekannter Regie aufbereitet worden. Von muslimischer Seite wurde gleichsam ein Dialog der Empörung geführt. Im September 2005 waren in der dänischen Zeitung »Jyllands-Posten« Karikaturen über das »Gesicht des Propheten« erschienen, respektlos, sottisenhaft, wie man es in Europa von aufgeklärten Religionskritikern gewohnt ist, wie es dem Islam jedoch gleich doppelt zuwider ist, als bildliche Darstellung und als Blasphemie. Im Oktober 2005 wurden diese Karikaturen in Ägypten nachgedruckt. Verschärft wurde die aufflackernde Entrüstung, als dänische Imame darüber ein Dossier anlegten und noch etwas hinzufügten - ein betender Muslim, der von einem Hund bestiegen wird: eine doppelte sexuelle Perversion und Beleidigung -, auf dass Muslime in aller Welt sich auch wirklich verhöhnt fühlen mussten.
Erzbischof Fitzgerald verurteilte die Karikaturen:
»Ich denke, wir müssen verstehen, wie stark religiöses Empfinden ist und wie sehr Muslime auf der ganzen Welt sich beleidigt fühlen von diesen Karikaturen, die keinen Respekt zeigen für das, was sie für heilig halten. Wir dürfen den Respekt, den die Muslime für ihren Propheten Mohammed haben, nicht herabsetzen. Es gibt eine Tendenz, diese Art von Publikation unter Berufung auf die Religions- und die Meinungsfreiheit zu rechtfertigen. Doch Religions- und Meinungsfreiheit haben ihre Grenzen. Das muss mit Vorsicht ausgeübt werden. Es ist nicht richtig, andere zu provozieren. Wir müssen in erster Linie versuchen, Muslimen zuzuhören. Uns klar darüber werden, was es ist, was sie an dieser Form der Meinungsäußerung beleidigt. Und dann müssen wir in aller Ruhe miteinander darüber reden, was wir tun können. Und mit ihnen auch über das Recht der freien Meinungsäußerung sprechen - und über die Grenzen dieses Rechtes.
Es wäre gut, wenn wir darüber ruhig reden könnten. Das ist eine Aufgabe für Religionsführer, aber auch für Medien.«
Erzbischof Fitzgerald verurteilte auch die gewaltsamen Proteste in der islamischen Welt. Doch er meinte eben, man müsse das auch verstehen. Das war den Kirchenpolitikern im Vatikan, allen voran Kardinalstaatssekretär Bertone, wohl zu viel des Verständnisses. Mit so viel Verstehen komme man schwerlich zu einem ernsthaften, klaren Dialog, hieß es. Der erfahrene französische Kardinal Paul Poupard, der sich als leutseliger und geschickter Präsident des Päpstlichen Kultur-Rats erwiesen hatte, wurde im März 2006 gebeten, die Leitung des Dialog-Rats vorläufig mit zu übernehmen. Der war jedoch auch keine sehr große Hilfe in der päpstlichen Mohammed-Krise nach dem 12. September 2006, sollte auch gar nicht eine Hauptrolle bei ihrer Bewältigung spielen. Denn die Hauptakteure waren andere. Kardinalstaatssekretär Bertone, just zum 15. September 2006, drei Tage nach Regensburg, ernannt, hatte die Richtlinienkompetenz in der Vatikanpolitik an sich gezogen. Der Papst ist für das große Ganze zuständig.
Tarcisio Bertone war schon im Juni 2006 als Kardinal-Erzbischof von Genua von Benedikt XVI. zum »zweiten Mann« im Vatikan vorbestimmt worden. Er stammt allerdings, am 2. Dezember 1934 in Romano Canavese im Bistum Ivrea geboren, aus dem Piemont. Aber auch dort kennt man sich aus in der Geschichte mit dem Islam als Bedrohung. Erst recht in der ehemaligen Seerepublik Genua, die einerseits gegen muslimische Mächte Krieg führte, andererseits mit ihnen friedlich und einträglich Handel trieb. Fest sein und flexibel ist daher Kardinal Bertones Devise, alles zu seiner Zeit, und vor allem nichts verschenken, nichts von seinen Prinzipien und nichts von seinen Rechten. Das mag nicht besonders christlich erscheinen. Aber Kardinal Bertone ist von Haus aus Kirchenjurist, aus dem Salesianerorden, der sich durch die Erziehung der Jugend nach den Vorgaben des Don Bosco Verdienste erworben hat, und schließlich ein römischer Kurienkardinal alter Schule, machtbewusst, dies aber durch joviale Freundlichkeit gemildert.
Als »Premierminister« des Papstes hat der Norditaliener in der Schlüsselstellung der Römischen Kurie dafür zu sorgen, dass die Zentralverwaltung der katholischen Kirche nach innen und nach außen funktioniert. Die Fähigkeiten dazu hat der meist gut gelaunte, gern zu einem Scherzwort aufgelegte Piemontese. Benedikt selbst hat ihm bescheinigt, dass er »seelsorgliches Gespür mit Kenntnis der Glaubenslehre verbinde«. Er muss es wissen. Denn mehr als sieben Jahre lang, von Juni 1995 bis Dezember 2002, war Bertone
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