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Zwischen sieben und zwölf Uhr

Titel: Zwischen sieben und zwölf Uhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katherine Green
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endlich seinen Hut aufsetzte und das Haus verließ.
    Ein vollendeter Schauspieler, dachte ich und eilte an das Fenster, durch das ich ziemlich unvorsichtighinausschaute. Er schritt eben die Stufen hinab, noch langsam, aber doch mit mehr Entschiedenheit, als er innerhalb des Hauses gezeigt hatte. Im nächsten Augenblick befand er sich auf dem Gehweg und wieder einen Augenblick später schritt er rasch die Straße hinab. Ich eilte vom Fenster an die Haustür und öffnete sie. Eben setzte sich ein Mann vom Nebenhause aus in Bewegung, und ehe ich mich wieder ins Haus hineinbegab, nahm ich mit Befriedigung wahr, wie der fähigste und verschwiegenste Beamte in unserem ganzen Korps sich dicht an die hochgewachsene Figur Herrn Suttons heftete.
    Jetzt einige Stunden trübseliger Geduldsprobe, murmelte ich und ließ mich dabei in einen bequemen Stuhl vor einem Tisch fallen, der mit Büchern von einladendem Aeußern bedeckt war. Doch kaum hatte ich diesem Gedanken Ausdruck verliehen, als ich infolge einer neuen Erregung aufsprang. Wieder ging ein Schritt über die Treppe, wieder trat jemand ins Zimmer. Als ich in voller Erwartung, Fräulein Irwin zu sehen, mich umwandte, begegnete ich dem Blick einer alten schwächlichen Dame. Ueberrascht machte ich eine achtungsvolle Verbeugung, worauf sie sofort sagte:
    Ich höre, daß Herr Winchester eineDurchsuchung des ganzen Hauses nach den abhanden gekommenen Diamanten seiner Frau angeordnet habe.

    Soll diese heute abend vorgenommen werden? Wenn überhaupt, so wird sie heute abend stattfinden, erwiderte ich mit einer verzeihlichen Verletzung des Dienstgeheimnisses. Sie würde wenig Zweck haben, wollte man sie vornehmen, nachdem irgend welcher Verkehr zwischen den Hausbewohnern und der Außenwelt stattgefunden.
    Dann, sagte sie, den Schluß meiner Erwiderung wenig oder gar nicht beachtend, darf ich wohl um die Gefälligkeit bitten, mein Zimmer zuerst vorzunehmen? Ich bin Herrn Winchesters Tante, und ich bin überzeugt, Sie werden mich nicht langer vom Schlafengehen abhalten wollen, als es durchaus nötig ist. Mein Zimmer ist klein und –
    Armes Mütterchen! Es war wirklich grausam. Ich beeilte mich, sie zu beruhigen.
    Es kann gar keine Notwendigkeit vorliegen, Ihr Zimmer Zu durchsuchen, begann ich.
    Sie unterbrach mich jedoch sofort mit aller Entschiedenheit.
    Sie sind im Irrtum, sagte sie. Wenn ein Zimmer im Hause besichtigt werden muß, so ist es das meine. Gerade aus dem Grund, weil es das letzte ist, von dem man annehmen könnte, daß die Polizei es einer Durchsuchung unterwerfen würde, liegt die Möglichkeit nahe, daß es der Dieb zum Versteck ausersehen haben könnte. Es wäre mir doch lieber, Sie würden durch mein Zimmer gehen.
    Ich war verblüfft und in nicht geringer Verlegenheit. Die alte Dame sah so entschieden aus; man sah deutlich, daß nicht mit ihr zu spaßen war. Aber ich hatte doch keine Lust, ihr zu sagen, daß die angedrohte Durchsuchung nur eine Kriegslistgewesen, die bereits zu dem gewünschten Erfolg geführt hatte; und doch, wenn ich es nicht tat, was sollte ich zur Rechtfertigung eines Aufschubs vorschützen, der sie so empfindlich belästigen würde? Ich vermochte nur einen Ausweg aus der Schwierigkeit zu entdecken, und dieser bestand darin, ihr Zimmer und ihre Habe einer oberflächlichen Besichtigung zu unterziehen, mit der ich mich dann für befriedigt erklären wollte in der Hoffnung, daß dies ihrerseits ebenso der Fall sein werde. Ich antwortete ihr deshalb, ich wisse ihr Vorbringen vollkommen zu würdigen, und wenn es ihr recht sei, wolle ich sofort nach ihrem Zimmer gehen.
    Sie bedeutete mir, dies würde ihr äußerst erwünscht sein, worauf ich sofort die Treppe hinaus voranschritt. Sie folgte mir die zwei Absätze weit und zeigte mit wichtiger Miene auf die Tür zu ihrem Zimmer. Allein während ich darauf zuschritt, vernahm ich ein verdächtiges Geräusch vom untern Stock her, und als ich über das Geländer schaute, sah ich Philippas geschmeidige, behende Erscheinung die Treppe hinabschlüpfen auf die Haustür zu. Sie trug Straßenkleidung und hatte sich offenbar meine Lage zunutze gemacht, um aus dem Hause zu entkommen. In diesem Augenblick schossen mir eineganze Legion von Zweifeln und Verdachtsgründen durch den Sinn. Ich war das Opfer eines Komplotts, und die alte Dame weder so unschuldig noch so uneigennützig, als es den Anschein hatte. Als sie mich überredete, mich in den oberen Stock zu verfügen, geschah es geradezu in der Absicht, Philippa

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