Zwischen uns (German Edition)
stieß einen Seufzer aus. „Danke. Ich schwöre, ich war vorher richtig fit. Jetzt bin ich schon von dem Weg bis hierher k.o.! Und meine Füße tun höllisch weh.“
„Mach dir keinen Kopf.“ Während sie zu einem Tisch watschelte, der von der Sonne, die durch das große Frontfenster schien, erhellt wurde, begann ich, den Bagel zu toasten, die Milch aufzuschäumen und Schokoladensirup hinzuzufügen.
„Die Königin hält Hof“, sagte Darek, als er hinter mich trat, um seinen Mantel aufzuhängen und sich die Schürze umzubinden.
Ich sah auf. Merediths Lachen hallte durch den ganzen Coffeeshop. „Tut sie das nicht immer?“
Ich kannte sie erst wenige Monate und war nicht sicher, wann sie von einer Stammkundin zu einer Lieblingskundin und dann zu einer Freundin geworden war. Vielleicht an dem Tag, als Joy mal wieder einen Tobsuchtsanfall bekommen hatte. Meredith war ruhig und gelassen geblieben und hatte zu ihr gesagt: „Der Kunde hat immer recht … ansonsten geht der Kunde nämlich woanders hin, um vier fünfzig für einen Mokka Latte zu bezahlen.“
Seitdem hatte Meredith bei Kaffee und Sandwiches fast alles über mein Leben erfahren. Ich glaube, ich war aber schon vorher in sie verknallt, eigentlich seit dem Moment, als sie das erste Mal das Mocha betreten hatte, mit ihrer überdimensionalen Handtasche, der tiefschwarzen Sonnenbrille, den farblich zum Gürtel passenden Pumps und ihrem perfekt gestylten blonden Haar. Meredith verkörperte all das, was ich gerne wäre - nur dass ich letztlich akzeptieren musste, dass es dafür mehr Geld, Einsatz und Willenskraft bedurfte, als ich aufbringen konnte. Sie wurde Teil unserer kleinen Community, obwohl sie nicht in der Gegend wohnte. Mehr als das: Sie wurde Teil meines Lebens. Und, ja, sie dachte, ich wäre verrückt … wild.
Sie kannte mich wirklich kein Stück.
Der Andrang an Gästen, die auf Kaffee und Essen warteten, nahm ab, auch wenn die meisten Tische besetzt blieben. Das Mocha war jeden Tag gut besucht.
Sadie war schon gegangen. Ebenso Johnny und Carlos. Ein paar von Dareks Stammkunden kamen rein, aber um die kümmerte er sich. Da Joy für den Rest des Tages weg war, hatte ich Zeit für eine Pause und trug meine Jumbotasse Chai zu Merediths Tisch.
Als ich mich setzte, sah sie von ihrem Laptop auf. „Du hast heute einige richtig gute Geschichten verpasst. Und deine hast du mir auch immer noch nicht erzählt.“
„Hab ich dir nicht schon genug Geheimnisse anvertraut?“ Ich hatte ihr schon so viele Geschichten erzählt, die meisten handelten von der Kommune, in der ich mal einen Sommer lang gelebt hatte. „War dir das ‚Compound‘ etwa nicht abgedreht genug?“
„Da ging es um einen Ort, an dem du warst, nicht um das, was du dort getan hast. Das ist ein Unterschied.“
Ich schlürfte meinen Chai und musterte sie. „Sehe ich etwa aus wie jemand, der verrückte Sachen gemacht hat?“
„Hast du etwa nicht?“
Ich zuckte die Schultern. „Ich hab noch nicht mal Tattoos.“
Meredith machte eine wegwerfende Handbewegung. „Jede brave Studentin hat heutzutage Tattoos. Und Piercings am ganzen Körper. Sie tragen Nippelringe, als wäre es etwas Besonderes.“ Sie sah mich an. „Als ich gesagt habe, du bist ein Wildfang, hat sich das nicht auf deine Klamotten oder dein Make-up bezogen.“
„Worauf dann?“ Die Tasse wärmte meine Hände besser als die Sonne, die durch die Fenster schien. Anfang Oktober kann es in Pennsylvania wunderbar sein, wenn die Luft noch warm war und nach Herbstlaub duftete. Dieses Jahr war es allerdings schon früh kalt geworden.
Meredith zuckte die Schultern auf so anmutige, leichte Weise, dass ich Neid in mir aufsteigen fühlte. Selbst wenn ich es jahrelang üben würde, sähe es bei mir nie so elegant aus. „Sagen wir mal, du hast so eine bestimmte Art.“
„Jeder hat eine bestimmte Art, oder?“ Ich zeigte unauffällig zu Eric hinüber, der allein am Tisch saß, mit seinen gelben Notizblöcken und Listen. „Guck dir nur Dr. McSexy dort an. Was macht der nur mit all dem Zeug? Jedes Mal, wenn er hierher kommt, kritzelt er auf seinen Notizblöcken rum. Warum fragst du ihn nicht mal nach einer Geschichte?“
Meredith lachte, ein tiefes, heiseres Lachen, nicht wie das, das zuvor den Laden erfüllt hatte. Dieses war nur für mich. „Weil er sie niemandem erzählen wird. Stille Wasser sind tief und all dieser Scheiß.“
„Vielleicht bin ich auch ein stilles Wasser.“
Sie schüttelte amüsiert den Kopf. Es sah
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